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Geklont

Geklont

Titel: Geklont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Scheibe trockenen Toast zum Abend, weil er befürchtete, daß er es erbrechen müsse, wenn etwas in seinem Magen wäre. Jetzt fühlte er sich weich in den Knien und schwindlig im Kopf und bereute diesen Fehler.
    »Die Sera empfängt in diesem Teil des Apartments keine Gäste«, erklärte Catlin und führte ihn in einen weiteren Flur. »Er dient nur dem Empfang. Gehen Sie vorsichtig, Ser, auf dem Steinboden sind diese Teppiche ziemlich rutschig. Ich sag's der Sera immer wieder. - Haben Sie überhaupt schon was von Grant gehört?«
    »Nein.« Sein Magen zog sich zusammen. Es war ein rücksichtsvoll geführter Angriff von der Seite. »Ich rechne auch nicht damit.«
    »Ich bin froh, daß er in Sicherheit ist«, sagte Catlin so vertraulich, als hätte sie festgestellt, wie schön das Wetter sei, dieselbe einschmeichelnde Stimme, die ihm nie einen Anhaltspunkt dafür gegeben hatte, ob Catlin überhaupt über etwas froh war oder sich um jemanden Gedanken machte. Sie war kalt und schön wie die Musik, wie der Flur, durch den sie ihn führte; und ihr Gegenstück trafen sie am Ende des Flurs in einer großen vertieften Höhle, getäfelt mit lasiertem Wollholz, ganz graublau und gewebeartig unter einem glänzenden Kunststoffüberzug, ausgelegt mit langzottiger weißer Wolle und möbliert mit graugrünen Stühlen und einem großen beigefarbenen Sofa. Florian kam aus dem Flur dahinter, ebenso in Uniform, dunkel und schmächtig im Vergleich zu Catlins athletischer Schönheit. Er legte Justin leutselig eine Hand auf die Schulter. »Sag der Sera, daß ihr Gast hier ist«, forderte er Catlin auf. »Möchten Sie einen Drink, Ser?«
    »Ja«, antwortete er. »Wodka und Pechi, wenn Sie's dahaben.« Pechi wurde importiert, etwas reichlich Extravagantes; und er war noch immer schockiert von dem Reichtum, über den Ari innerhalb von Reseune verfügte. Er blickte sich um zu den Downer-Plastiken in der gegenüberliegenden Ecke hinter der Bar, rituelle Gestalten mit weit aufgerissenen Augen; auf eine Stahlskulptur und ein paar Gemälden an den Wollholzwänden, mein Gott, das waren Klassiker von den unterlichtschnellen Schiffen, wie er sie auf Bändern gesehen hatte. Hier versteckt, wo nur Ari und ihre Gäste sie sehen konnten.
    Es war ein Denkmal der Selbstgefälligkeit.
    Und er dachte an den neunjährigen Azi, den sein Vater erwähnt hatte.
    Florian brachte ihm seinen Drink. »Setzen Sie sich«, sagte Florian, aber Justin ging die erhobene Galerie entlang, betrachtete die Gemälde an den Wänden, eins nach dem anderen, nippte an einem Drink, den er nur einmal in seinem Leben getrunken hatte, und versuchte, seine Nerven zu beruhigen.
    Er hörte einen Schritt hinter sich und drehte sich um, als Ari zu ihm heraufkam. Sie trug ein geometrisch bedrucktes, an der Hüfte umwickeltes Abendkleid, das im Licht glitzerte, ganz sicher keine geeignete Aufmachung, um Geschäftspartner zu treffen. Er starrte sie an, sein Herz hämmerte in ihm los in der mit Panik verbundenen Einsicht, daß Ari etwas sehr Wirkliches war, daß er sich in einer Situation befand, deren Grenzen er nicht abschätzen konnte, und daß es keinen Ausweg von hier gab.
    »Gefällt dir meine Sammlung?« Sie deutete auf das Gemälde, das er angesehen hatte. »Das ist von meinem Onkel. Ein echter Künstler.«
    »Er war gut.« Er hielt einen Moment lang in seinem Umhergehen inne. Am allerwenigsten erwartete er, daß Ari mit Erinnerungen anfing.
    »Er war in vielen Dingen gut. Du hast ihn nie kennengelernt, was? Natürlich nicht. Er ist '45 gestorben.«
    »Bevor ich auf die Welt kam.«
    »Verdammt, es ist schwierig, mit den Dingen Schritt zu halten.« Sie nahm beiläufig seinen Arm und führte ihn zum nächsten Gemälde. »Das ist eine echte Kostbarkeit. Ein Fausberg. Ein naiver Künstler, aber ein erster Blick auf Alpha Centauri. Wo heute kein Mensch mehr ist. Ich mag das Stück.«
    »Es hat etwas.« Er starrte es mit einem seltsamen Gefühl für Zeit und hohes Alter an und spürte, daß es echt war, aus der Hand von jemandem stammte, der dortgewesen war, auf einem Stern, den die Menschheit verloren hatte.
    »Es gab eine Zeit, da wußte niemand, was das wert ist«, sagte Ari. »Ich schon. Es gab eine Menge primitiver Künstler auf den ersten Schiffen. Unterlichtschnelle Reisen gaben ihnen genug Zeit, schöpferisch tätig zu sein. Fausberg arbeitete mit Kartenfedern und Acryllacken, und stell dir vor, oben in der Station mußten sie völlig neue Konservierungstechniken erfinden - ich habe

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