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Geklont

Geklont

Titel: Geklont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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wußte, wie gefährlich es war, wenn Ari es hörte, danach handelte, darauf aufbaute. Es war eine Drohung, die sie gerade ausgesprochen hatte. Zumindest glaubte er das. Ihr Tonfall war neutral, frei von Andeutungen. Ihre Stimme zerrte an seinen Nerven und ließ ihn einige Sekunden vergessen, daß er mit Grant oben am Fluß über eine Gegendrohung verfügte. »Es würde nicht funktionieren.«
    »Nicht?« Ari rückte ihr Haar zurecht. Sie sah elegant aus in ihrem beigefarbenen Kostüm. Sie drehte sich um und lächelte ihn an. »Komm vorbei, wenn du willst. Du kannst heute abend nach Hause gehen. Vielleicht machen wir's noch mal, wer weiß? Vielleicht kannst du's deinem Vater erzählen, und er sorgt dafür, daß es vorbeigeht, hmmm? Erzähl ihm, was du willst. Natürlich hatte ich einen Recorder laufen. Es gibt eine Menge Beweismittel, wenn er zum Amt gehen will.«
    Er fühlte sich durch und durch kalt. Er versuchte es nicht zu zeigen. Er starrte sie mit zusammengebissenen Zähnen an, während sie lächelte und zur Tür hinausging. Und für lange Zeit lag er dort, kalt wie ein Stück Eis, Übelkeit im Magen und Pfeile von Kopfschmerzen, die seine Schädeldecke bis zu seinem Genick durchschlugen. Seine Haut fühlte sich überempfindlich an, an manchen Stellen auch wund. Er hatte blaue Flecken am Arm, die Abdrücke von Fingern.
    Florian...
    Ein Flashback schoß ihm durch den Kopf, eine Empfindung und ein Bild aus dem Dunkeln, und er barg sein Gesicht in beide Hände und versuchte sie herauszureißen. Ein Band-Flashback. Von einem Tiefenband. Mehr und mehr davon würde ihm wieder ins Bewußtsein dringen. Er wußte nicht, was zurückkommen konnte. Aber sie würden kommen, Partikel der Erinnerung, die an die Oberfläche trieben und sich für einen Moment zeigten, ein Aufflackern von Worten, Gefühlen und Visionen, bevor sie sich überschlugen und wieder im Dunkeln versanken, nichts Vollständiges - nur immer mehr von ihnen. Und er konnte nichts dagegen tun.
    Er warf die Decken zurück und stieg aus dem Bett, ohne seinen Blick zu schärfen, wenn er seinen eigenen Körper traf. Er wankte ins Bad, drehte die Dusche auf und wusch sich, seifte sich immer wieder ein, rieb sich ab, ohne sich anzusehen, versuchte, nichts zu fühlen, sich an nichts zu erinnern, über nichts nachzudenken. Er rieb sich das Gesicht und das Haar und selbst das Innere seines Mundes mit der parfümierten Seife ab, weil er nicht wußte, ob es sonst etwas gab, was er benutzen konnte; und spuckte und spuckte und würgte von dem scharfen, seifigen Geschmack, aber es machte ihn nicht sauber. Es war ein Geruch, den er als ihren im Gedächtnis hatte. Nun roch er danach und schmeckte ihn tief in seinem Rachen.
    Und als er sich im warmen Luftstrom des Gebläses in der Duschkabine getrocknet hatte und dann in die kühle Luft hinausgetreten war, kam Florian mit einem gefalteten Stoß seiner Kleider herein.
    »Da drin ist Kaffee, Ser, wenn Sie mögen.«
    So unbeteiligt, als sei nichts geschehen. Als habe sich nichts davon wirklich ereignet. »Ist hier irgendwo ein Rasierapparat?« fragte er.
    »Auf dem Tischchen, Ser.« Florian ging zum verspiegelten Ende des Bades. »Zahnbürste, Kamm, Rasierwasser. Brauchen Sie noch etwas?«
    »Nein.« Er hielt seine Stimme gleichmäßig. Er dachte daran, nach Hause zu gehen. Er dachte daran, sich umzubringen. An Messer in der Küche. An Tabletten im Badezimmerschrank. Aber die Untersuchungen danach würden das alles zu einem Politikum machen, und die Politik würde seinen Vater verschlingen. Im selben Moment dachte er an unterbewußte Impulse, die in der letzten Nacht vielleicht in seinem Geist versenkt worden waren, Selbstmordgedanken und Gott weiß was. Jeder irrationale Gedanke war verdächtig. Er konnte ihnen nicht trauen. Eine Reihe von Band-Flashbacks rasten an seinem geistigen Auge vorbei, Empfindungen, erotische Visionen, Landschaften und uralte Kunstwerke ...
    Dann wirkliche Dinge, die in der Zukunft angesiedelt waren. Bilder von Jordans Gewalttat. Er selbst tot auf dem Boden seiner Küche. Er schuf das Bild neu und versuchte etwas Exotisches daraus zu machen: er selbst, wie er einfach draußen zwischen den Niederschlagstürmen umherging, ein Körper, der einige Stunden später wie ein weißer Fetzen Stoff von einer Luftsuchmannschaft entdeckt wurde... »Tut mir leid, Ser, sieht so aus, als hätten wir ihn gefunden...«
    Aber das war kein hinreichender Test für irgendeinen vermuteten unterbewußten Impuls, den Ari auf das

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