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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Söhne britischer Offiziere gegeben haben, oder nicht?«
»Er war der Meinung, da würde ich jedenfalls ein anständiges Deutsch lernen.«
»Na, das hast du ja auch«, gab Dicky zu. »Aber du musst der einzige Engländer an dieser Schule gewesen sein. Und damit bist du ein Einzelgänger geworden, Bernard.«
»Kann schon sein.«
»Und darauf bist du auch noch stolz, wie ich sehr wohl weiß.
Aber ein Einzelgänger ist immer ein Außenseiter, Bernard. Ich wünschte, ich könnte dir das begreiflich machen.«
»Ich brauche deine Notizen.«
»Welche Notizen?«
»Für den Bericht an den D.G.«
»Diesmal habe ich so gut wie keine Notizen gemacht, Bernard«, sagte er stolz. »Ich kriege allmählich Übung in diesen Dienstagvormittagsansprachen. Ich improvisiere das meiste.«
Himmel hilf! dachte ich. Ich hätte doch lieber zuhören sollen. »Ein paar Stichworte wären schon etwas«, sagte ich.
»Schreib einfach, was ich gesagt habe.«
»Aber es ist eine Frage der Gewichtung, Dicky.«
Er warf die wieder zurechtgebogene Büroklammer in seinen großen Kristallaschenbecher und sah mich scharf an. »Eine Frage der Gewichtung« war Dickys Umschreibung, jedesmal wenn er nicht zugeben wollte, dass er absolut nichts verstanden hatte.
Eilig fügte ich hinzu: »Die Sache ist so technisch.«
Das besänftigte Dicky ein wenig. Er war gerne »technisch«. Bis vor kurzem waren Dickys Vorträge weiter nichts als eine einfache Nacherzählung der alltäglichen Arbeit des Büros gewesen. Dann hatte er aber beschlossen, dass die Zukunft der fortgeschrittenen Technik gehörte, und seitdem hatte er sich zu einem kleinen Experten – und riesigen Langweiler – entwickelt, der sich in Themen wie »Fotointerpretation von Nachrichten aus unbemannten Raumfahrzeugen« erging und »Radarsensoren, die monochrome, farbige, verfärbte und infrarote Bilder liefern«.
»Ich dachte, ich hätte alles sehr sorgfältig erklärt«, sagte Dicky.
»Hast du allerdings«, erwiderte ich und beugte mich weit genug vor, um durch die auf Pappe gezogenen Abbildungen zu blättern, die er hergezeigt hatte, in der Hoffnung, sie in irgendeiner Weise erhellend beschriftet zu finden. Beschriftet waren sie, wenn auch nicht durchweg erhellend: »SLRR seitlich gerichteter Aufklärungsradar«, hieß es unter dem ersten Bild, und ein sauber gezeichneter roter Pfeil zeigte an, wo oben war. Unter dem nächsten Bild las ich: »IRLS infrarotes Zeilenabtastfoto mit verschiedenen radiometrischen Temperaturangaben für das Zielgebiet zur Mittagszeit. Beachte die vom Personal bewohnten Gebäude und Transportfahrzeuge in der unteren rechten Ecke des Lichtbildes. Vergleiche mit der Aufnahme desselben Zielgebiets um Mitternacht.«
»Nimm das Material nicht mit«, ermahnte mich Dicky. »Ich brauche diese Bilder morgen, und ich habe den Leuten von der Gemeinsamen Luftaufklärung versprochen, dass sie sie ohne Fingerabdrücke und Eselsohren zurückkriegen.«
»Nein, ich werde sie nicht mitnehmen«, versprach ich und stellte die Bildtafeln wieder gegen das Bein von Dickys schönem Tisch. Dieses Zeug ging einfach über meinen Horizont. Ich fragte mich, wer wohl von Dickys Angestellten, die heute morgen dabeigewesen waren, gut genug zugehört hatte, um mir eine verständliche Zusammenfassung des Vertrags geben zu können. Aber mir fiel niemand ein, der Dicky während der Dienstagsbesprechungen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Unser eifrigster Streber, Charlie Billingsly, war inzwischen in Hongkong, und Harry Strang mit seinem fabelhaften Gedächtnis hatte es heute so einzurichten gewusst, dass er schon fünf Minuten nach Beginn von Dickys Vortrag durch einen wichtigen Anruf aus der Abteilungsbesprechung herausgerufen wurde. Ich sagte: »Aber früher warst du doch so entschieden gegen all dieses Zeug von der GLA und das Satellitenmaterial.«
»Wir müssen mit der Zeit gehen, Bernard.« Dicky blickte auf den Terminkalender, den ihm seine Sekretärin aufgeschlagen hatte. »Ach übrigens«, sagte er beiläufig. Zu beiläufig. »Du redest doch immer von diesem Prettyman …«
»Ich rede nicht immer von ihm«, sagte ich. »Ein einziges Mal habe ich ihn erwähnt. Du hast gesagt, du kannst dich nicht an ihn erinnern.«
»Also meinetwegen«, sagte Dicky. »Jedenfalls fällt uns seit kurzem seine Frau auf die Nerven. Als Morgan neulich im Außenministerium war, hat sie ihn in die Enge getrieben. Quatscht von einer Pension und lauter solchem Zeug.«
»Seine Witwe«, sagte ich.
»In der Tat! Witwe.

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