Geködert
Hab’ ich doch gesagt.«
»Du hast Frau gesagt!«
»Frau. Witwe. Ist doch scheißegal.«
»Jim Prettyman ist das nicht egal«, sagte ich. »Für ihn ist das ’ne Frage von Leben und Tod.«
»Ich will jedenfalls nicht, dass jemand sie ermutigt.«
»Ermutigt, was zu tun?«
»Ich wünschte, du wärst nicht so begriffsstutzig«, sagte Dicky. »Sie soll unsere leitenden Beamten nicht belästigen. Geschähe ihr recht, wenn Morgan eine offizielle Beschwerde gegen sie einreichte.«
»Die hat eine ganze Menge Einfluss da drüben. Ich würde Morgan raten, es sich nicht mit ihr zu verderben. Er könnte dabei selber auf den Arsch fallen.«
Dicky befeuchtete seine dünnen Lippen und nickte. »Ja. Allerdings. Du hast recht. Morgan weiß das. Das Beste wird sein, wir machen die Schotten dicht und ignorieren sie einfach.«
»Jim Prettyman war einer von uns«, sagte ich. »Er hat eine Etage tiefer gearbeitet.«
»Das ist schon lange her. Und niemand hat ihm gesagt, dass er nach Washington, D. C. gehen und sich ausgerechnet da niederlassen soll. Was für ein Loch! Wusstest du, dass diese Stadt so ziemlich die schlimmste Verbrecherstatistik von ganz Nordamerika hat?«
Dicky hatte offensichtlich seine Schularbeiten gemacht. Ich sagte: »Das ist also nicht offiziell … diese Anweisung, Prettymans Witwe nicht zu ermutigen?«
Er sah mich an und dann aus dem Fenster. »Nicht offiziell«, sagte er dann betont vorsichtig. »Nur ein guter Rat, dessen Befolgung jemanden vor einer Menge Ärger und Kummer bewahren könnte.«
»Das ist alles, was ich wissen wollte«, sagte ich. »Sollen wir uns jetzt den Titel für den Bericht an den D.G. überlegen?«
»In Ordnung«, sagte Dicky. Er sah mich an und nickte noch einmal. Ich fragte mich, ob er wusste, dass Cindy Matthews – die ehemalige Mrs. Prettyman – mich heute abend zum Essen eingeladen hatte.
»Und übrigens, Dicky«, sagte ich. »Dieser Löwe macht sich wirklich prima auf dem Boden hier.«
Mrs. Cindy Matthews, wie sie sich jetzt nannte, leistete sich einigen Komfort. Sie hatte neue italienische Möbel, alten französischen Wein, eine Schweizer Geschirrspülmaschine und eine von diesen japanischen HiFi-Anlagen, mit denen als Bedienungsanleitung ein dickes Lehrbuch geliefert wird. Natürlich hatten die Prettymans keine Kinder finanzieren müssen, und ich nehme an, dass sie wegen des rapiden Anstiegs der Londoner Immobilienpreise mit dem Haus, das sie in Edgeware hatten, einen schönen Profit machten. Jetzt wohnte Cindy in einem winzigen Haus in einer Seitenstraße der King’s Road, die für ihre Punks, Pubs und exotischen Boutiquen bekannt ist. Das ganze Haus bestand aus vier kleinen Räumen übereinander, deren unterster – Küche und Eßzimmer – im Souterrain lag. Aber es war die Sorte Haus, das von Immobilienmaklern als »Schmuckstück« bezeichnet wird und um das sich frisch geschiedene Werbefachleute reißen.
Auf dem Eßtisch standen Kerzen und rosa Rosen und mehr Weingläser, als ich zählen konnte, und das Besteck war aus massivem Silber. Durch das Fenster zur Straße sahen wir die Waden der Leute, die am Haus vorbeigingen und ihrerseits sehen konnten, was wir aßen. Und vielleicht war dies der Grund, weshalb uns eine Mahlzeit von der Sorte serviert wurde, die man in den Seiten der Frauenzeitschriften gewöhnlich von oben fotografiert sieht. Drei papierdünne Scheibchen Avocado am Ufer einer winzigen Pfütze von Tomatensoße im dynamischen Kontrast zu einem Scheibchen Kiwi. Das war die Vorspeise. Als Hauptgericht folgten drei dünne Scheibchen Entenbrust, garniert mit einem Schnitzel Mango und einem Salatblatt. Eine dünne Scheibe von Cindys köstlicher, selbstgemachter Schokoladenroulade schloss die Mahlzeit ab. Ich aß eine Menge Brot und Käse.
Cindy war eine kleine, blasse junge Frau mit spitzer Nase und wie ein Amorbogen gezeichnetem Mund. Sie kleidete sich streng, was sowohl zu ihrem kurzen Haarschnitt wie auch zu ihrer Position als leitende Angestellte passte: einfache braune Wolle, einfach geschnitten. Sie war immer eine energische Frau gewesen, und die Vorbereitungen zu dieser Abendgesellschaft in ihrem Haus hatten ihre rastlose Unruhe offensichtlich nicht befriedigt. Jetzt war sie dauernd um den Tisch unterwegs, fragte jeden, ob er noch Champagner, Chablis oder Perrier wollte, Vollkornbrot oder weiße Brötchen, sah nach, dass auch ja jeder eine Serviette hatte. Als sie sich endlich setzte, meinte ich, einen allgemeinen Seufzer der Erleichterung zu hören.
Der
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