Geködert
voll Biographien von Mutter Teresa über Barbra Streisand bis Sir Olivier. Ein langer, langer Weg nach Hause.
Werner hatte mir mit Mineralwasser zugeprostet. Er trank es aus einem geschliffenen Kristallglas mit Eis und einer Zitronenscheibe, als wollte er es für was Stärkeres ausgeben. Seufzend ließ auch er sich in einem der Sessel nieder. Der jetzt sorgfältig gestutzte schwarze Bart stand ihm gut. Er sah nicht im mindesten wie ein Hippie oder Kunsterzieher damit aus, eher nach etwas Seriöserem – aber nur bis zum Hals. Gekleidet war er lässig, ein schwarzer, langärmeliger Wollpullover, eine dazu passende Hose, ein offenes, in Regenbogenfarben gestreiftes Seidenhemd. Er saß entspannt da. Nur sein Blick war besorgt. »Es ist wegen Zena.« Er beugte sich vor, um einen Untersetzer aus dem Regal zu nehmen, auf den er dann mein Glas stellte. Zenas Mann hatte gelernt, die Möbelpolitur zu schonen, er konnte als stubenreines Exemplar seiner Gattung gelten.
O nein, dachte ich. Nicht schon wieder einen Abend lang über diese Frau reden! Nicht mal seinem besten Freund durfte Werner das zumuten! »Was ist denn mit Zena?« fragte ich, wobei ich versuchte, einen warmen, mitfühlenden Ton in meine Stimme zu legen.
»Genaugenommen wegen dieses verdammten Frank Harrington«, sagte Werner erbittert. »Ich weiß, dass du irgendwie an Frank hängst, Bernie, aber laß dir gesagt sein, er ist ein Schwein, wirklich.« Er beobachtete mich, um festzustellen, ob ich stellvertretend für Frank beleidigt war, und kniff sich die Nase, was er oft tat, wenn er Kummer hatte.
»Frank?« Frank Harrington war ein außerordentlich erfolgreicher Schürzenjäger. Und als Werner nun beider Namen zusammen nannte, fiel mir natürlich sofort ein, dass Frank und Zena vor einigen Jahren eine stürmische Affäre hatten. Wie ein gutbürgerlicher Wüstling des vergangenen Jahrhunderts hatte Frank seiner Geliebten sogar eine Wohnung eingerichtet, um sie dort ungestört besuchen zu können. Nach einer Weile – zumindest hat man es mir so erzählt – war es Zena zu langweilig geworden, da herumzusitzen und auf Frank zu warten. Zena war überhaupt nicht der Typ der unterwürfigen Geliebten des vergangenen Jahrhunderts. Seitdem hatte Zena sich höchstwahrscheinlich noch mit ein paar anderen Männern abgegeben, aber jedesmal kehrte sie zu dem armen alten Werner zurück. Er war der einzige, der es auf die Dauer mit ihr aushielt. »Frank und Zena?«
»Nicht so«, erwiderte Werner hastig. »Er läßt sie für das Department arbeiten. Und das ist gefährlich, Bernie. Verdammt gefährlich. Sie hat so was doch noch nie gemacht.«
»Erzähl mir die Geschichte lieber von Anfang an«, sagte ich.
»Zena hat Verwandte im Osten, die sie gelegentlich besucht. Du weißt …«
»Ja, hast du mir erzählt.« Ich griff nach dem Schälchen gerösteter Salzmandeln, fand aber unter Salz und leeren Häutchen nur noch ein paar zerbrochene Stücke. Vermutlich hatte Werner die Schale geleert, während er hier auf mich wartete und sich Sorgen machte.
»Sie ist letzte Woche nach drüben gefahren.« Womit Werner natürlich die andere Seite der Mauer meinte. »Und jetzt erfahre ich, dass dieser verdammte Frank sie gebeten hat, dort jemand für ihn zu besuchen.«
»Einen von unseren Leuten?« fragte ich vorsichtig.
»Natürlich. Wen sonst kennt denn Frank da?«
»Du hast vermutlich recht«, sagte ich zurückhaltend.
»Frankfurt an der Oder«, sagte Werner. »Du weißt ja wohl, worum sich’s da handelt, oder?« Obwohl er die Stimme nicht hob, ließ er keinen Zweifel an seinem Zorn. Er war verdammt zornig, und irgendwie schien er mich für mitverantwortlich zu halten an einer Entwicklung, von der ich nichts wusste und auch weiterhin lieber nichts gewusst hätte.
»Das ist doch Spekulation«, sagte ich und war gespannt, ob er nein sagen würde.
»Warum musste er Zena fragen?« Sein Gesicht verzerrte sich, als er sich wütend und sorgenvoll jetzt in die Unterlippe biss. »Er hat für solche Aufgaben doch seine eigenen Leute.«
»Ja«, gab ich zu.
»Es ist Bizet. Er versucht, wieder eine Kontaktkette aufzubauen.«
»Ihr wird schon nichts passieren, Werner«, sagte ich. Ich hatte Verständnis für Werners Zorn, aber ich hatte praktische Erfahrung mit diesen Operationen. Aus der Sicht des Agenten schien es manchmal sehr vernünftig, harmlose Reisende wie Zena in diese heikle Lage zu bringen. Man sagt ihnen nichts, also wissen sie auch nichts. Meistens kommen sie ungeschoren davon.
Meine
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