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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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aufwecken.«
    »Ich war schon wach.«
    »Zumindest gehört die Bank der Familie Rensselaer.«
    »Wie hast du das rausgekriegt?«
    »Ins Yellow Submarine musste ich dazu nicht einbrechen, Liebster. Die Information ist öffentlich zugänglich. Selbst deutsche Banken müssen ihre Eigentümer offenbaren. Mein Volkswirtschaftslehrer hat die Information bei einer Datenbank für mich abgerufen. Eine halbe Stunde später wusste er auch, wie die Rensselaers an die Bank gekommen sind.«
    »Daran hätte ich selbst denken sollen.«
    »Hast du aber nicht.« Sie kicherte wie eine Dreijährige.
    »Du bist schon ein schlaues Mädchen«, sagte ich.
    »Hast du’s also endlich gemerkt?«
    »Dass du ein Mädchen bist? Doch, habe ich gemerkt.«
    »Laß das … jedenfalls vorläufig.«
    »Die Familie Rensselaer?«
    »Bist du bereit, die Einzelheiten zu hören? Halt dich fest, es geht los: Ein Mann namens Cyrus Rensselaer kaufte einst, vor langer Zeit, 1925 nämlich, Anteile an einem Bankkonsortium in Kalifornien. Bret und seine Brüder arbeiteten für dieses Konsortium, ich nehme an als Direktoren oder so was. Ich kann mich noch genauer erkundigen … Dann, irgendwann während des Zweiten Weltkriegs, starb der Alte. Seine Anteile an der Bank hatte er einer Stiftung vermacht, deren Nutznießer Brets Mutter war. Durch eine komplizierte Fusionsoperation wurde 1953 das kalifornische Bankenkonsortium Teil von Calibank (International) Serco, einer Gesellschaft, die eine große Anzahl

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    anderer Banken, auch im Ausland, aufkaufte. Unter anderem erwarb sie die Anteilsmehrheit bei Schneider, von Schild und Weber.«
    »Sonst noch was?«
    »Sonst noch was, sagt er! Liebling, du bist unersättlich. Hat dir das schon mal jemand gesagt?«
    »Ich mache von meinem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern«, sagte ich.

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20
    Nur Verzweiflung kann mich getrieben haben, mich an diesem Sonnabend auf den Weg zu Silas Gaunt zu machen. Er hatte zwar schon vor Jahren seinen Abschied vom Department genommen, war aber ein höchst einflussreicher Angehöriger in der von Dicky Cruyer behutsam so genannten
    »Nachrichtendienst-Gemeinschaft« geblieben. Onkel Silas wusste alles und kannte jeden. Er war viele Jahre lang ein vertrauter Kollege meines Vaters gewesen. Überdies war er entfernt mit meiner Schwiegermutter verwandt und Billys Patenonkel.
    Vielleicht hätte ich ihn öfter besuchen sollen, aber er verehrte meine Frau Fiona, und ihr Weggang hatte mir Silas entfremdet. Man konnte von ihm nicht erwarten, dass er’s gerne sah, wenn ich mit Gloria am Arm bei ihm aufkreuzte –
    aber konnte er von mir erwarten, dass ich die lange Reise zu seiner Haustür nur deswegen alleine machte? Jetzt machte ich sie allein, und als ich so durch das flache und noch in den Fesseln des Winters liegende Land fuhr, überlegte ich mir, was ich ihm sagen würde. Wo sollte ich anfangen? Jim Prettyman war plötzlich tot und Bret Rensselaer plötzlich wieder lebendig, aber beide Verwandlungen nützten mir nichts. Dodo erzählte jedem, der es hören wollte, dass ich mich mit Fiona verschworen hatte, das Department zu betrügen, und meine wichtigste Verbündete Cindy Prettyman litt plötzlich an der selektiven Amnesie, die eine ersehnte Beförderung manchmal mit sich bringt.
    »Onkel« Silas wohnte auf Whitelands, einem Landgut mittlerer Größe in den Cotswolds. Es war ein malerisches Haus, aus braunem Stein erbaut, aber die Türen schlossen schlecht, die Dielen ächzten, und die niedrigen Deckenbalken spalteten jedem, der groß und unvorsichtig war, den Schädel.
    Silas muss außerordentlich vorsichtig gewesen sein, denn er

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    war von riesenhaftem Wuchs und dabei so dick, dass er sich nur mit Mühe durch einige der schmaleren Türen quetschen konnte. Irgendein Industriebaron des vorigen Jahrhunderts hatte das Innere des Hauses nach seinem Geschmack renovieren lassen, und so waren Mahagoni und bemalte Kacheln im Überfluss vorhanden, dafür kaum WCs. Aber Silas gefiel es, und inzwischen konnte man ihn sich in einer anderen Umgebung kaum noch vorstellen. Untertags war er viel beschäftigt. Da gab es Diskussionen mit seinem Gutsverwalter und mit seiner Haushälterin, Mrs. Porter, und mit der Dame aus dem Dorf, die seine Post erledigen sollte, jedoch außerstande war, einen Anrufer abzufertigen, ohne herunterzukommen und Silas persönlich treppauf an den einzigen im Hause vorhandenen Telefonapparat zu schleppen.
    Ich blieb unten sitzen und

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