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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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beharrlich fort: »Wie ich höre, ist es bei einer Bank namens Schneider, von Schild und Weber. Ich habe die Adresse im Berliner Telefonbuch gefunden. Wir werden noch ein paar Einzelheiten brauchen.«
    »Von Ende der nächsten Woche an werde ich in Straßburg sein.« Sie entnahm ihrer Handtasche ein Päckchen Zigaretten und ein goldenes Feuerzeug.
    »Das ist aber verdammt plötzlich.«
    Langsam zündete sie sich eine Zigarette an, blies eine Rauchwolke zur Decke und sagte: »Sir Giles hat mich dafür vorgeschlagen.«

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    »Creepy-Pox hat also wieder einmal zugeschlagen.« Sie musterte mich mit einem starren Lächeln, das mir zu verstehen gab, dass die Bemerkung sie zwar nicht amüsierte, sie aber deswegen keinen Streit mit mir anfangen wollte.
    »Der Job ist gut. Und er ist aus heiterem Himmel frei geworden. Nur deshalb habe ich ihn überhaupt gekriegt. Der Mann, der ihn bisher hatte, ist an AIDS erkrankt. Die beiden anderen Anwärter auf den Posten sind Männer mit Familien und Kindern in schulpflichtigem Alter. Keiner von denen ist imstande, sofort in Straßburg anzufangen. Deshalb muss ich nächste Woche dort sein.«
    Ich schluckte die zornigen Worte, die mir als erstes einfielen, herunter und sagte: »Aber als wir zuletzt miteinander redeten, hast du gesagt, dass niemand dir den Mund stopfen würde. Du hast gesagt, du würdest keine Ruhe geben.«
    »Ich muss an meine Zukunft denken, Bernard.«
    »Und ich soll also alles vergessen?«
    »Schrei doch nicht so, Bernie. Ich dachte, du würdest dich freuen und mir alles Gute wünschen. Ich werde dir nicht sagen, was du zu tun hast. Wenn du weitermachen und die Räuber überführen willst, dann werde ich dich nicht aufhalten.«
    Geduldig und ruhig sagte ich: »Cindy, es geht nicht darum, irgendwelche Räuber zu überführen. Wenn es so ist, wie ich glaube – wie wir beide glauben –, dann handelt es sich hier um den größten Einbruch des KGB in unser Department, der den Russen bisher gelungen ist.«
    »Wirklich?« Es scherte sie einen Dreck. Es war, als spräche ich mit einer Fremden. Dies war nicht mehr die Frau, die sich geschworen hatte, die Wahrheit über die Mörder ihres Exmannes aufzudecken.
    »Selbst wenn ich mich irre«, sagte ich. »Um eine Unterschlagung allergrößten Stils handelt es sich auf jeden Fall. Ein Millionending!«

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    »Das habe ich zuerst auch gedacht«, sagte sie sehr ruhig und sehr herablassend. »Aber wenn man die Sache ein bisschen gründlicher durchdenkt, fällt es schwer, darauf zu beharren, dass da ein gigantischer Schwindel stattgefunden hat und dass der D.G. darin verwickelt sein soll.« Sie lächelte süß wie Saccharin, um die Absurdität der Vorstellung noch zu unterstreichen.
    »Der D.G. ist praktisch von der Bildfläche verschwunden.«
    Ich übertrieb nur wenig. Er kam wirklich nur noch höchst selten ins Büro.
    »Gehört auch das Verschwinden des D.G. zu der
    Verschwörung?« fragte sie mit dem gleichen blöden Lächeln.
    »Ich mache keine dummen Witze, Cindy«, sagte ich. Nur mit großer Mühe brachte ich die Selbstbeherrschung auf, dem blöden Weib nicht unter die Nase zu reiben, dass sie schließlich mit der ganzen Sache angefangen hatte. Und dass sie dieses geheime Treffen verabredet hatte, und zwar aus einer Telefonzelle.
    »Auch ich mache keine dummen Witze, Bernie. Bitte antworte mir auf die Frage: Willst du wirklich behaupten, dass es da eine Verschwörung gibt, an der Bret Rensselaer, Frank Harrington, der Deputy und vielleicht auch Dicky Cruyer beteiligt sind?« Das war eine so absurde Verdrehung all meiner Vermutungen, dass ich nicht wusste, wie ich anfangen sollte, sie zu dementieren. Ich sagte: »Laß uns mal annehmen, dass nur ein wirklich über jeden Verdacht erhabenes Individuum
    …«
    »Der D.G.«, sagte sie wie eine besonders hochnäsige Dame im Publikum, die sich dazu herabläßt, einem Amateurzauberer eine Karte zu nennen.
    »Meinetwegen. Laß uns also mal annehmen, der D.G. sei in irgendeinen großen Schwindel verwickelt. Du wirst doch sicherlich einsehen, dass so, wie das Department strukturiert ist, niemand glauben würde, was geschieht. Frank, Dicky, Bret

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    und alle anderen würden ungerührt versichern, dass alles in bester Ordnung ist.«
    »Und du bist der kleine Junge, der dem Kaiser sagt, dass er nichts anhat?«
    »Nur weil alle sagen, dass alles in Ordnung ist, sollten wir nicht darauf verzichten, uns selbst zu überzeugen. Es passieren seltsame Dinge dort, wo ich arbeite.

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