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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Kartoffelbrei), Bread and butter pudding (ein einfacher Kuchen) und Cheddar – war von nichts anderem mehr die Rede. Wie lange er hier auch schon lebte und wie gut er sich auch eingelebt haben mochte, seiner Küche merkte man immer noch an, dass Frank einmal auf einer britischen Public School war. Ich hörte ihm aber gerne zu, vor allem wenn es um meinen Vater ging. Er wusste das natürlich, und alle Geschichten, die er von ihm erzählte, zeigten meinen Vater in so glorreichem Licht, dass er nur mir zuliebe diese Beleuchtung arrangiert haben konnte. »Dein Vater saß tagelang in irgendeiner schmutzigen Wohnung nur mit diesem Deutschen als Gesellschaft; wie dein Vater sagte, stritten sie sich auch noch die meiste Zeit. Sie warteten auf Nachricht über den geplanten Anschlag auf Hitler. Als der Anschlag missglückt war, kam dann plötzlich dieser Gestapo-Beamte.
    Dein Vater wollte schon aus dem Fenster springen, aber der Mann war der Bruder von seinem Kumpel … Aber
    wahrscheinlich erzähle ich das ganz falsch«, sagte Frank mit einem Lächeln. »Und überhaupt war das wahrscheinlich eine von den Räuberpistolen deines Vaters. Aber jedesmal, wenn ihn jemand überreden konnte, diese Geschichte zu erzählen, habe ich, wie übrigens alle, die ihm zuhörten, einfach Tränen lachen müssen.« Frank nahm sich noch Wein und aß ein Stück Käse. »Keiner von uns anderen war natürlich je in Nazi-

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    Deutschland gewesen. Wir hingen an seinen Lippen. Bestimmt hat er uns oft ganz schön auf den Arm genommen.«
    »Vor kurzem hat jemand so eine Andeutung gemacht, dass das Department mir irgendwas anhängen könnte wegen meines Vaters«, sagte ich, so beiläufig ich konnte.
    »Um dich unter Druck zu setzen?«
    »Irgendwas in der Richtung. Kann das sein, Frank? Hat mein Vater irgendwas gemacht …«
    »Das ist doch nicht dein Ernst, Bernard?«
    »Ich will’s wirklich wissen.«
    »Dann schlage ich vor, du bittest die Person um Aufklärung, der du diese bizarre Idee verdankst.«
    Ich wechselte das Thema. »Und Fiona?« fragte ich wie zufällig. Er sah sofort auf. Ich nehme an, er wusste, wie sehr sie mir noch immer fehlte. »Fiona hält sich bedeckt.«
    »Aber sie ist doch noch in Ost-Berlin?«
    »Und wie. Blüht und gedeiht, wie ich höre. Warum?«
    »Reine Neugier.«
    »Vergiss sie, Bernard. Vorbei ist vorbei. Du hast mir sehr leid getan, aber jetzt wird’s Zeit, die Vergangenheit zu vergessen.
    Erzähl mir von eurem neuen Haus. Freuen sich die Kinder über den Garten?«
    Über häuslichen Kleinkram plaudernd, gingen wir ins Wohnzimmer zurück, wohin uns das Mädchen den Kaffee brachte. Ich sagte: »Weißt du noch, wann wir das letzte Mal zusammen in diesem Zimmer waren?«
    Er sah mich an, überlegte einen Augenblick und erwiderte dann: »Das war doch an dem Abend, als du mich gebeten hast, Bret Rensselaer aus der Patsche zu helfen. Ist es wirklich schon so lange her? Drei Jahre?«
    »Du warst gerade dabei, deine Duke-Ellington-Platten einzupacken. Sie waren überall auf dem Fußboden hier verstreut.«

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    »Ja, damals dachte ich, ich lasse mich pensionieren und kehre nach England zurück.« Er sah sich um. »Mein ganzes Leben hat sich seitdem verändert. Inzwischen wäre ich längst pensioniert und würde in England Rosen züchten.«
    »Und das als Sir Frank Harrington«, sagte ich. »Tut mir wirklich leid, wie die Sache damals ausgegangen ist.« Man war allgemein der Meinung, dass das Debakel, das ich mit meiner Einmischung ausgelöst hatte, den armen Frank den Adelstitel gekostet hatte, der ihm damals schon so gut wie versprochen war. Der Londoner Zentrale war zwar durch meine Warnung und Franks unautorisierte Maßnahme eine schwere Demütigung erspart geblieben, aber verziehen hatten sie das bis auf den heutigen Tag keinem von uns beiden. Wir hatten auf eigene Faust gehandelt und auch noch recht gehabt, und das war in den Augen der Mandarine des Außenministeriums eine unverzeihliche Sünde.
    »Es muss schon fast drei Jahre her sein«, sagte er, wobei er seinen Tabaksbeutel öffnete und seine Pfeife mit dem würzigen Sobranie-Tabak stopfte, den er seit jeher bevorzugte. O Gott, er hatte tatsächlich vor, das Ding zu rauchen! »Natürlich war ich damals enttäuscht, aber inzwischen bin ich drüber weg.«
    »Bret hat wahrscheinlich das Schlimmste abgekriegt.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Frank und zündete seine Pfeife an.
    »Als ich das letzte Mal was von ihm hörte, musste sich Tag und Nacht eine Schwester um ihn

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