Geködert
Weise erhellend beschriftet zu finden. Beschriftet waren sie, wenn auch nicht durchweg erhellend: »SLRR
seitlich gerichteter Aufklärungsradar«, hieß es unter dem ersten Bild, und ein sauber gezeichneter roter Pfeil zeigte an, wo oben war. Unter dem nächsten Bild las ich: »IRLS infrarotes Zeilenabtastfoto mit verschiedenen radiometrischen Temperaturangaben für das Zielgebiet zur Mittagszeit. Beachte die vom Personal bewohnten Gebäude und Transportfahrzeuge in der unteren rechten Ecke des Lichtbildes. Vergleiche mit der Aufnahme desselben Zielgebiets um Mitternacht.«
»Nimm das Material nicht mit«, ermahnte mich Dicky. »Ich brauche diese Bilder morgen, und ich habe den Leuten von der Gemeinsamen Luftaufklärung versprochen, dass sie sie ohne Fingerabdrücke und Eselsohren zurückkriegen.«
»Nein, ich werde sie nicht mitnehmen«, versprach ich und stellte die Bildtafeln wieder gegen das Bein von Dickys schönem Tisch. Dieses Zeug ging einfach über meinen Horizont. Ich fragte mich, wer wohl von Dickys Angestellten, die heute morgen dabeigewesen waren, gut genug zugehört hatte, um mir eine verständliche Zusammenfassung des Vertrags geben zu können. Aber mir fiel niemand ein, der Dicky während der Dienstagsbesprechungen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte. Unser eifrigster Streber, Charlie Billingsly, war inzwischen in Hongkong, und Harry Strang mit seinem fabelhaften Gedächtnis hatte es heute so einzurichten gewusst, dass er schon fünf Minuten nach Beginn von Dickys Vortrag durch einen wichtigen Anruf aus der
Abteilungsbesprechung herausgerufen wurde. Ich sagte: »Aber früher warst du doch so entschieden gegen all dieses Zeug von der GLA und das Satellitenmaterial.«
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»Wir müssen mit der Zeit gehen, Bernard.« Dicky blickte auf den Terminkalender, den ihm seine Sekretärin aufgeschlagen hatte. »Ach übrigens«, sagte er beiläufig. Zu beiläufig. »Du redest doch immer von diesem Prettyman …«
»Ich rede nicht immer von ihm«, sagte ich. »Ein einziges Mal habe ich ihn erwähnt. Du hast gesagt, du kannst dich nicht an ihn erinnern.«
»Also meinetwegen«, sagte Dicky. »Jedenfalls fällt uns seit kurzem seine Frau auf die Nerven. Als Morgan neulich im Außenministerium war, hat sie ihn in die Enge getrieben.
Quatscht von einer Pension und lauter solchem Zeug.«
»Seine Witwe«, sagte ich.
»In der Tat! Witwe. Hab’ ich doch gesagt.«
»Du hast Frau gesagt!«
»Frau. Witwe. Ist doch scheißegal.«
»Jim Prettyman ist das nicht egal«, sagte ich. »Für ihn ist das ’ne Frage von Leben und Tod.«
»Ich will jedenfalls nicht, dass jemand sie ermutigt.«
»Ermutigt, was zu tun?«
»Ich wünschte, du wärst nicht so begriffsstutzig«, sagte Dicky. »Sie soll unsere leitenden Beamten nicht belästigen.
Geschähe ihr recht, wenn Morgan eine offizielle Beschwerde gegen sie einreichte.«
»Die hat eine ganze Menge Einfluss da drüben. Ich würde Morgan raten, es sich nicht mit ihr zu verderben. Er könnte dabei selber auf den Arsch fallen.«
Dicky befeuchtete seine dünnen Lippen und nickte. »Ja.
Allerdings. Du hast recht. Morgan weiß das. Das Beste wird sein, wir machen die Schotten dicht und ignorieren sie einfach.«
»Jim Prettyman war einer von uns«, sagte ich. »Er hat eine Etage tiefer gearbeitet.«
»Das ist schon lange her. Und niemand hat ihm gesagt, dass er nach Washington, D. C. gehen und sich ausgerechnet da
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niederlassen soll. Was für ein Loch! Wusstest du, dass diese Stadt so ziemlich die schlimmste Verbrecherstatistik von ganz Nordamerika hat?«
Dicky hatte offensichtlich seine Schularbeiten gemacht. Ich sagte: »Das ist also nicht offiziell … diese Anweisung, Prettymans Witwe nicht zu ermutigen?«
Er sah mich an und dann aus dem Fenster. »Nicht offiziell«, sagte er dann betont vorsichtig. »Nur ein guter Rat, dessen Befolgung jemanden vor einer Menge Ärger und Kummer bewahren könnte.«
»Das ist alles, was ich wissen wollte«, sagte ich. »Sollen wir uns jetzt den Titel für den Bericht an den D.G. überlegen?«
»In Ordnung«, sagte Dicky. Er sah mich an und nickte noch einmal. Ich fragte mich, ob er wusste, dass Cindy Matthews –
die ehemalige Mrs. Prettyman – mich heute abend zum Essen eingeladen hatte.
»Und übrigens, Dicky«, sagte ich. »Dieser Löwe macht sich wirklich prima auf dem Boden hier.«
Mrs. Cindy Matthews, wie sie sich jetzt nannte, leistete sich einigen Komfort. Sie hatte neue italienische Möbel, alten
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