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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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ihre gezinkten Karten neu zu mischen, was ja schließlich schon lange fällig war.«
    »Erzähl mir mehr davon«, sagte ich. »Darüber wüßte ich gern Bescheid.«
    Er drehte den Kopf und zeigte mir breit lächelnd die Zähne.
    »Sie glauben bei uns, dass eure Spitzenleute sehr schlau sind, wenn’s darum geht, die Leichen im Garten des Nachbarn zu vergraben.«
    Jetzt fing ich an zu begreifen. »Die Londoner Zentrale will versuchen, Bret für ein paar von ihren Schlappen verantwortlich zu machen?«
    »Jedenfalls wäre das ’ne denkbare Lösung.«
    »Ist doch aber ein bisschen weit hergeholt, oder?« Harry lächelte schmallippig und hielt den Mund. Wir wussten beide, dass das keineswegs weit hergeholt war. Wir wussten, dass das genau die Art und Weise war, in der unsere Meister mit ihren Schwierigkeiten umgingen. Im übrigen hatte ich auch keine Lust, mich abzustrampeln, um ihn davon zu überzeugen, dass die Londoner Zentrale so was nie tun würde. Die andere Lösung würde ja nur um so geradliniger den Zorn von Brets Verehrern in Washington auf mich lenken. Und ich bin von jeher gegen Gewalt gewesen, selbst wenn sie auf Worte beschränkt blieb.

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16
    Sonntag mittag. London-Heathrow. Gloria war nicht zu meinem Empfang erschienen. Das war keine herzerwärmende Heimkehr. Ein übermüdeter Zöllner wollte die Schachtel mit offiziellen Papieren, die Bret mir aufgeladen hatte, inspizieren.
    Ich war geneigt, ihn gewähren zu lassen, aber ich wartete trotzdem, bis der diensthabende Beamte vom Special Branch sein spätes Frühstück beendet hatte – Würstchen mit Rührei anscheinend, jedenfalls bemerkte ich Rührei auf seiner Krawatte – und sich meiner annehmen konnte mit der Erklärung, dass ich in das Vereinigte Königreich einreisen durfte, auch ohne die Schachtel von der Zollbehörde Ihrer Majestät untersuchen zu lassen.
    Die unnötige Verzögerung war um so ärgerlicher, als ich davon überzeugt war, dass die Papiere in der Schachtel weder besonders wichtig noch geheim waren. Dieser Botengang war nur ein Vorwand gewesen, damit der liebenswerte Bret Rensselaer die Gelegenheit bekam, mich in die Mangel zu nehmen und zu besänftigen. Ob meine Begegnung mit dem Feinen Harry auch von unserem Department geplant war, wusste ich noch nicht. Einstweilen bezweifelte ich es aber. Es konnte kaum im Sinne meiner Chefs sein, dass ich glaubte, was mir Harry stecken wollte.
    Als ich das Haus Nr. 13 in der Balaklava Road betrat, fand ich es dunkel und leer. Gloria hatte mir einen Zettel an das Backrohr geklebt, auf dem stand, dass ihre Mutter krank sei, weshalb sie habe hinfahren müssen. Das »müssen« war dreifach unterstrichen. Die Kinder, las ich weiter, seien im Zoo mit ein paar »sehr netten« Schulkameraden.
    Es war nicht leicht für Gloria. Sie wusste, dass ich genau beobachtete, wie sie im Verhältnis mit meinen Kindern ihre Prioritäten setzte. Ihre Eltern waren von der Form unseres Zusammenlebens nicht eben begeistert. Und mir war sehr

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    empfindlich bewusst, dass ihre Mutter nur drei Jahre älter war als ich. Was natürlich auch ihren Eltern bewusst war.
    Das sonntägliche Mittagessen ist für einen Engländer meiner Generation noch eine Art heiliges Ritual. Man ißt zu Hause. Mit ein bisschen Glück regnet es, so dass man nicht im Garten arbeiten kann. Also überwacht man aufmerksam das offene Kaminfeuer, während man einen Aperitif seiner Wahl genießt. Sollte einen plötzlich ein geistiger Hunger überfallen, kann man die Sonntagszeitungen durchblättern, im voraus getröstet durch die Gewissheit, dass nichts Neues darin stehen wird. Zur vorgesehenen Zeit schneidet man dann im Kreise seiner gefällig zuschauenden Familie dünne Scheiben von einem großen Stück gebratenen Fleisches und verteilt nach Möglichkeit auch Kohl, gebackene Kartoffeln und Yorkshire-Pudding. Die Größe der Portionen hängt von Lust und Laune ab. Dasselbe macht man zuletzt auch mit dem Nachtisch, einem süßen, schwerverdaulichen Kuchen, zu dem es sowohl Eierschaum wie auch Sahne gibt. Dann döst man.
    Egal, wie deutsch ich auf manche Leute wirkte, egal, wie sehr ich ausländisches Essen mochte, ausländische Heizungssysteme, ausländische Autos und andere ausländische Fahrgestelle, was den sonntäglichen Lunch anging, war ich entschieden englisch.
    Aus diesem Grunde war ich gar nicht erfreut von der Aussicht, den kalten Schinken und Salat, die Gloria mir in den Eisschrank gestellt hatte, essen zu müssen. Ich nahm also

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