Gekroent
den Kopf ging: „Du bist also einHoher Schamane und der jüngste Meisterbildhauer in Partholon?“ Sie hätte sich am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen, weil sie klang wie ein dummes Groupie, aber Kegan schien das nicht zu bemerken.
„Das stimmt. In der letzten Mondphase hat Lady Rhiannon mich zum Meisterbildhauer ernannt. Fünf volle Jahreszeiten zuvor habe ich Eponas Kelch an der Quelle der Göttin geleert und die Gabe des Hohen Schamanen angenommen.“
Morrigan war gleichermaßen fasziniert vom Thema wie vom attraktiven Zentauren, und so sprudelte sie nur so über vor Fragen: „Liegt Eponas Quelle in Partholon?“
„Sie befindet sich gar nicht in dieser Welt, sondern in der Anderwelt – dem Ort der Götter, Göttinnen und Geister.“
„War es gruselig, dorthin zu gehen?“
Kegan lächelte. „Nur mein Geist ist dorthin gereist, und ja, manchmal können die Reisen eines Schamanen beängstigend sein.“
„Was macht ein Hoher Schamane?“
Kegan runzelte die Stirn. „Gibt es in Oklahoma keine Hohen Schamanen?“
Ihre erste Reaktion war, „auf keinen Fall“ zu sagen, aber dann erinnerte sie sich an die Wiccanerfreunde ihrer Großmutter und an die Indianer, die sie auf verschiedenen Powwows getroffen hatte, und überlegte es sich anders. „Doch, gibt es, aber da ist alles so anders. Du weißt schon …“, sie grinste ihn frech an, „… keine Zentauren.“
Er schnaubte. „Ja, das ist wirklich anders. Nun, als Hoher Schamane der Zentauren übe ich starke spirituelle Macht aus. Ich kann in die Anderwelt gehen und zerbrochene Seelen finden. Ich helfe, das Gute in meiner Herde zu erhalten und das Böse zu tadeln.“
„Also bist du so etwas wie ein spiritueller Arzt.“
„Das bin ich. Doch da ich der jüngste Schamane unserer Herde bin, habe ich mich entschieden, meinen Schwertarm genauso zu trainieren wie meine spirituellen Fähigkeiten.“
„Wirklich? Ich dachte, du würdest sagen, du hast dich entschieden, deine Talente als Bildhauer auszubilden. Bildhauer, Hoher Schamane, Krieger – der Krieger passt nicht ganz in diese Gleichung.“
„Nun, das liegt vermutlich daran, dass ich niemals vorhatte, Bildhauer zu werden, ob nun Meister oder nicht.“ Er lachte kurz auf und strich sich durch sein dichtes blondes Haar. „Ehrlich gesagtist mein Talent als Bildhauer erst durch meinen Wunsch, Krieger zu werden, entdeckt worden.“
„Okay, das musst du mir näher erklären.“
„Ich war jung, vielleicht waren erst zehn Jahreszeiten seit meiner Geburt vergangen. Wie es für heißblütige Hengstfohlen üblich ist, frustrierte mich das Tempo, mit dem mein Lehrer mir die Kunst der Schwertführung beibrachte. Ich glaubte natürlich, schon alles zu wissen und längst über den Gebrauch eines Holzübungsschwerts hinausgewachsen zu sein. Also habe ich meine Position als Sohn des Herdenführers ausgenutzt – auch wenn ich nur der jüngste seiner Söhne bin.“ Kegan machte eine Pause und schüttelte den Kopf. „Jetzt verstehe ich, dass der Schmied mir einfach nur meinen Willen gelassen hat – damals habe ich gedacht, er würde meinen Rang anerkennen.“
Morrigan lachte und sagte: „Klingt so, als wären Zentauren kinder genauso wie die Kinder aus Oklahoma. Ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen und erinnere mich, dass ich dachte, alle Lehrer würden mir besondere Aufmerksamkeit widmen, weil ich so klug und witzig war. Jetzt fällt mir auf, dass ich besondere Beachtung fand, weil mein Großvater an der Schule quasi eine lebende Legende war, sowohl als Trainer als auch als Lehrer, und alle ihn kannten. Sie haben alle also nur ein Auge auf seine Enkelin gehabt und mir meinen Willen gelassen.“
„Das haben wir definitiv gemeinsam. Der Schmied ließ mich also mein eigenes Schwert schmieden. Dann beging ich den Fehler und hörte dem zu, von dem ich nun weiß, dass es die Geister des Metalls waren. Sie haben mir gesagt, welche Verzierungen den Griff schmücken sollten.“ Kegan zuckte mit den Schultern. „Also habe ich ihren Wunsch erfüllt. Mir erschien das damals als keine große Sache, aber als der Schmied mein fertiges Schwert sah, hat er es sofort zu meiner Mutter gebracht. Daraufhin wurde mein Training in der Schwert kampfkunst abgebrochen, und ich bekam Unterricht im Ziselieren. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.“
„Du klingst so, als wünschtest du, dein Talent fürs Gestalten wäre niemals entdeckt worden.“
„Das habe ich damals auch gedacht.
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