Gekroent
keine Frage von Birkita, aber Morrigan antwortete trotzdem, weil sie das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen. „Ja, Kegan. Er ist nicht nur der Meisterbildhauer, sondern auch ein Hoher Schamane. Ich denke, das verleiht ihm ein wenig Autorität in spirituellen und ähnlichen Dingen.“
Birkitas Blick war viel zu wissend.
„Kegan ist tatsächlich ein Hoher Schamane, aber er ist auch das Spiegelbild des Mannes, mit dem Ihr in Oklahoma verbunden wart.“
„Ja, und du hast gesagt, das könnte ein Geschenk von Adsagsona sein, und ich soll ihre Geschenke nicht ignorieren. Und genau das tue ich nicht.“
„Ihr sollt sie nicht ignorieren, aber auch nicht alles, was der Zentaur sagt, als Wort der Göttin annehmen. Er ist noch sehr jung. Morrigan, Ihr müsst verstehen, ein Hoher Schamane oder eine Hohepriesterin zu sein …“ Sie hielt inne und fügte dann sanft hinzu: „… oder gar eine Lichtbringerin bedeutet nicht automatisch, dass diese Person allwissend ist.“
„Okay, ja, das verstehe ich. Aber mit der gleichen Argumentation könnte ich sagen, dass es nicht bedeutet, jemand ist im Unrecht, nur weil er jung ist.“
„Natürlich nicht. Ich sage nicht, dass Ihr unrecht habt oder Kegan. Ich bitte Euch nur, vorsichtig zu sein. Geht langsam vor beim Entdecken Eurer neuen Kräfte. Erinnert Euch daran, dass Ihr aufgrund der Erfahrungen, die Ihr mit Kegans Spiegelbild gemacht habt, ihm gegenüber anfällig seid. Aber am wichtigsten ist: Hört auf die Stimme von Adsagsona.“
„Das tue ich“, versicherte Morrigan schnell.
„Kind, manchmal kann die Stimme der Göttin mit Eurer eigenen verwechselt oder von ihr überlagert werden. Eine Hohepriesterin ist für die Göttin etwas Besonderes, das stimmt, aber es stimmt auch, dass sie die Verbindung der Göttin zu ihrem Volk ist. Die Talente, mit denen sie gesegnet wurde, dienen dazu, anderen zu helfen und nicht die egoistischen Wünsche der Hohepriesterin zu befriedigen.“
Morrigan versteifte sich. „Was soll das heißen? Du hast doch gesagt, dass ich der Sache mit Kegan auf den Grund gehen soll.“
„Ich spreche im Moment nicht von Kegan. Morrigan, das Gebetsritual war für Myrnas Seele gedacht und dafür, die Trauer derer zu lindern, die sie zurückgelassen hat. Stattdessen zerfiel es, angestachelt durch Eure persönlichen Wunden, zu einer Demonstration Eurer Macht. Ich verstehe, wie …“
„Nein!“, gebot Morrigan der alten Frau. Sie ignorierte das Mitgefühl, das Birkitas Stimme erfüllt hatte, und ließ der Wut, die immernoch in ihr brodelte, freien Lauf. „ Du verstehst gar nichts. Du hattest eine Mutter und einen Vater. Dich hat niemand belogen und dir vorgespielt, du wärst jemand anders. Sie hat meinen Platz eingenommen!“ Als Morrigan innehielt, um Atem zu holen und sich etwas zu beruhigen, hörte sie einen Satz durch ihren Kopf zischen.
Erhebe Anspruch auf deine Bestimmung.
„Okay, hier ist der Deal, Birkita. Ich will deine Gefühle nicht verletzen. Ich mag dich, und ich finde, dass du eine wirklich nette Person bist, aber ich werde eine andere Hohepriesterin sein als du. Es scheint mir, dass deine freundlichere, sanftere Art nicht sonderlich gut funktioniert hat. Shayla hat dich und die anderen Priesterinnen einfach überrannt. Aber diese ‚Du kannst nicht oben ohne gehen‘- oder ‚Du kannst nicht am Haupttisch sitzen‘-Nummer zieht sie mit mir nicht ab. Also vielleicht hat Adsagsona mich hierhergebracht, weil ihre Priesterinnen das brauchen, was du egoistische Wünsche nennst.“
Birkita wich Morrigans wütendem Blick nicht aus. Sie neigte lediglich den Kopf und sagte sanft: „Wie Ihr meint, Mylady. Ihr seid nun die Hohepriesterin und Lichtbringerin. Dem Recht nach steht Ihr dem Willen der Göttin am nächsten.“
Morrigan stieß einen langen, frustrierten Seufzer aus. „Okay. Das hätten wir zumindest schon mal geklärt. Jetzt werde ich mich, glaube ich, ein wenig an die Erforschung der Höhlen machen. Oh, und du musst mich nicht herumführen. Ich komme ganz gut alleine zurecht.“
„Ja, Mylady.“ Birkita fiel in einen tiefen Knicks.
Als sie sich umdrehte, berührte Morrigan sie an der Schulter, sodass Birkita stehen blieb und sie noch einmal anschaute. Morrigan hasste es, wie abgespannt Birkita aussah, und es tat ihr leid, dass sie mit Schuld trug an den Sorgen, die sie in ihren Augen sah. „Sei nicht böse auf mich, ja?“
Birkita legte ihre Hand einen Moment auf Morrigans. „Ich könnte Euch gar nicht böse sein,
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