Gekroent
riss. Morrigan lief zu Birkita. Panisch drehte sie den schlaffen Körper auf den Rücken. Die Priesterin atmete nicht. Sie suchte ihren Puls. Es gab keinen. „Nein! Bitte, Birkita, nein!“ Sie versuchte, das Zittern ihres Körpers unter Kontrollezu bekommen, legte die alte Frau flach hin, bog ihren Kopf nach hinten, hielt ihr die Nase zu und fing mit Mund-zu-Mund-Beatmung an. Während der Herzmassage zwischen den Beatmungen flehte sie die Priesterin an: „Mach die Augen auf! Atme!“
Sie hörte den leisen Gesang, bevor sie die warme, schwere Hand auf ihrer Schulter spürte. Wut erfasste sie, und sie sah zu Kegan auf. „Nein! Hör sofort auf damit! Sie darf nicht sterben!“
Der Hohe Schamane der Zentauren unterbrach seinen Gesang gerade lange genug, um zu sagen: „Birkita ist bereits tot, meine Flamme.“
Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war oder gar, welchen Tag wir hatten, als ich Eponas Stimme hörte.
Geliebte, du musst kommen.
Ich hatte mir angewöhnt, nicht mehr auf sie zu reagieren. Ich schloss die Augen noch fester und drückte Etain an mich, atmete ihren süßen Babygeruch ein und ließ mich von ihrer Wärme trösten. Wenn Epona uns doch nur alleine lassen würde – wenn sie uns alle nur alleine lassen würden – wäre alles gut.
Geliebte, du musst kommen , wiederholte die Göttin. Ich brauche dich.
Ich war zu müde, um wirklich verärgert zu sein, also gab ich nur ein ziemlich freies Zitat von Rhett von mir: „Ehrlich gesagt, interessiert es mich nicht die Bohne.“
Genug Selbstmitleid!
Wäre ich bei Verstand gewesen, hätte die Kraft, die durch meinen Körper schoss, und Eponas Verärgerung mich sofort Habtachtstellung einnehmen lassen, aber ich war nicht bei Verstand. Also setzte ich mich nur in meinem Bett auf und sprach leise, um das Baby nicht zu wecken. „Selbstmitleid? Meine Tochter ist tot, und du nennst meine Trauer und meinen Schmerz Selbstmitleid?“
Epona materialisierte vor mir. Die Göttin stand am Fuß des riesigen Bettes, das ich in glücklicheren Zeiten Marshmallow genannt hatte. Auch wenn ich ihr Gesicht in den letzten zwanzig Jahren als ihre Auserwählte oft gesehen hatte, war ihre Schönheit so überwältigend, ihre Aura der Liebe und des Mitgefühls so greifbar, dass es mir immer noch schwerfiel, sie direkt anzuschauen.
Dennoch konnte ich ihr nicht vergeben.
Nein, Geliebte, ich nenne deine Trauer und deinen Schmerz nicht Selbstmitleid. So nenne ich nur deinen Rückzug von denen, die dich lieben und dich brauchen.
Ich verspürte ein leichtes Schuldgefühl. ClanFintan. Ich wusste, dass er auch litt, und irgendwo in meinem Inneren verstand ich, dass ich ihn verzweifelt brauchte, und wusste, dass er mich ebenfalls brauchte. Ich konnte aber den Weg zu seiner Liebe nicht mehr finden. Ich war verloren in einem Nebel aus Schmerz und Wut. Die einzige Person, die ich durch dieses Grau hindurch sehen konnte, war Etain.
„Ich kann im Moment für niemanden da sein.“ Ich erkannte die flache, emotionslose Stimme kaum als meine eigene.
Ich würde dir mehr Zeit geben, wenn ich könnte, Geliebte, aber das kann ich nicht. Du musst dich wieder der Welt zuwenden. Deine Tochter braucht dich jetzt.
Die Worte trafen meinen Körper wie ein Eimer eiskaltes Wasser. „Meine Tochter ist tot.“
Die Tochter deines Leibes ist tot. Die Tochter deiner Seele lebt. Und sie braucht dich.
Das Eiswasser begann zu sieden, während die Worte der Göttin auf mich einprasselten. Ich hatte keine Ahnung, dass ich weinte, bis die Tränen von meinen Wangen tropften und auf mein seidenes Nachthemd fielen. Wer hätte geahnt, dass ein Mensch so viel weinen konnte? Ich hätte gedacht, dass meine Augen schon vor Tagen ausgetrocknet gewesen wären.
Meine Stimme zitterte, und ich musste langsam sprechen, um die Worte herauszubringen: „Versuchst du, mich komplett zu zerstören?“
Die Göttin trat näher. Sie hob den Saum ihrer goldenen Robe und wischte damit mein Gesicht ab.
Nein, meine Meistgeliebte. Ich versuche, dich zu retten.
Ich schaute zu ihr auf, und der Nebel, in dem ich mich verloren hatte, lichtete sich ein wenig. „Morrigan steckt in Schwierigkeiten?“
Ja. Und ich fürchte um ihre Seele.
Ich schloss die Augen vor der neuen Welle des Schmerzes. „Myrna ist bei dir, oder?“
Das weißt du doch, Geliebte.
Ich öffnete die Augen und zwang mich, ihren strahlenden Blick zu erwidern. „Ich bin sehr böse auf dich gewesen.“
Große Wut kann nicht ohne große Liebe existieren.
Sie
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