Gekroent
behandschuhten Finger berührten etwas, das zu weich war, um Stein zu sein. Schnell zog er sich mit den Zähnen die Handschuhe aus und ging auf die Knie, um seinen Oberkörper in den Hohlraum zu schieben. Er griff hinein und berührte sie. Richard seufzte und flüsterte ein Gebet an Epona, oder welche Göttin ihn auch immer bei seiner Grabung geleitet hatte. Er verstärkte den Griff um sie und bereitete sich darauf vor, sein Mädchen aus dem Schutt zu ziehen.
Mitten in der Bewegung erstarrte er. Unter seiner bloßen Hand fühlte sich ihre Haut nicht kalt, leblos und tot an. Sie war warm und weich. Langsam und vorsichtig zog er, und sie glitt problemlos aus dem Hohlraum. Mit ruhiger Hand drückte Richard einen Finger an ihren Hals. Ihr Puls war stark und regelmäßig.
Er stieß einen Schrei aus, auf den hin alle Männer zu ihm eilten, zog Morrigan in seine Arme und machte sich auf den Weg zum Ausgang der Höhle.
„Ruft den Notarzt und Mama Parker! Zum Teufel, ruft den Jungspund von einem Sheriff! Ich habe sie gefunden, und mein Mädchen lebt!“
Als Morrigan die Augen öffnete, war die Sicht ungewöhnlich klar. Sie lag auf dem Rücken und war bis zur Brust mit einem Bettlaken und einer dünnen Decke zugedeckt. Sie hatte keine Schmerzen, und sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Sie schaute auf und sah ein schwaches, fluoreszierendes Licht über ihrem Kopf leuchten. Neben dem Bett stand ein Infusionsständer, an dem ein paar Beutel mit einer klaren Flüssigkeit hingen. Sie folgte den Schläuchen mit ihrem Blick und erkannte, dass sie zu ihrem Körper führten. Neben dem Ständerpiepte eine Maschine leise vor sich hin. Sie war durch Drähte mit ihrer Brust verbunden. Morrigan schaute sich weiter im Krankenzimmer um. Der Vorhang vor dem Fenster war zugezogen. Auf der Couch davor saßen G-pa und G-ma und schliefen tief und fest. Morrigan lächelte. G-pas Brille war ihm auf die Nasenspitze gerutscht. Er hatte seine Schuhe ausgezogen, und wie immer knüllten sich seine Socken an den Zehen. Sein Arm lag um G-ma, die winzig und süß aussah, wie sie sich an ihn kuschelte. Vor allem sah sie sehr, sehr lebendig aus.
Birkita war tot.
Bei diesem Gedanken brach die Erinnerung wie eine schmerzhafte Welle über sie herein. Birkita war tot. Kegan war tot. Brina war tot.
Was das anging, war sie auch tot.
Du bist nicht tot, Morrigan Christine MacCallan Parker, Lichtbringerin und meine Auserwählte.
Langsam lenkte Morrigan den Blick von ihren schlafenden Großeltern zu der Frau, die am Fuß ihres Bettes stand. Sie war so schön, dass sie die Augen zusammenkneifen musste, um sie ansehen zu können. Dann fiel ihr auf, dass es nicht nur ihre Schönheit war, die so schwierig anzuschauen war, sondern ihre Göttlichkeit, ihre Essenz, die Ehrfurcht gebietende Liebe, die sie verströmte.
„Adsagsona?“
Die Göttin lächelte.
Das ist einer meiner Namen. Ich werde auch Epona und Modron, Anu und Byanu genannt und noch viel mehr. Ich habe viele Namen, weil die Sterblichen viele Nöte haben, und oft fällt es ihnen schwer zu verstehen, dass wir alle die Göttin sind, die Verkörperung der Mächte des Heiligen Landes.
„Ich sollte tot sein!“, platzte Morrigan heraus, dann warf sie erschrocken einen Blick auf ihre friedlich schlafenden Großeltern.
Mach dir keine Sorgen, Geliebte, sie werden weiterschlafen. Wir bleiben ungestört.
Die Göttin schaute liebevoll auf das schlafende Paar, bevor sie sich wieder ihr zuwandte.
Es ist ganz einfach. Ich konnte nicht zulassen, dass du stirbst. Ich hatte bereits zugelassen, dass dich zu viel Schmerz und Dunkelheit berührte. Ich konnte nicht auch noch zulassen, dass du dich auf diese Art opferst.
Morrigan verspürte einen Anflug von Furcht. „Pryderi? Lebt er auch noch?“
Das schöne Gesicht der Göttin wurde plötzlich überschattet.
Pryderi ist unsterblich, somit kann er nicht wirklich sterben, aber dein Opfer hat ihm eine solche Wunde zugefügt, dass er auf Generationen aus Partholon und aus deiner Welt verbannt sein wird, und für alle Ewigkeiten aus dem Reich der Sidetha.
Morrigan seufzte. „Also ist er nach all dem trotzdem immer noch nicht tot.“
Das Böse kann niemals ganz ausgemerzt werden, Geliebte. Es kann jedoch besiegt werden, immer und immer wieder. Ich bitte dich, mir zu vergeben, Auserwählte. Dein junges Leben war schwierig. Du musst verstehen, dass ich dich alleine gegen die Dunkelheit kämpfen lassen musste, denn nur wenn die Sterblichen das Böse in seiner reinen
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