Gekroent
die sie zum neunten Geburtstag bekommen hatte. Das Mädchen, das nicht ständig in den Schatten nach bösen Dingen suchen musste, sondern daran glaubte, dass alle Stimmen in ihrer Fantasie gut waren, ihre besonderen Freunde, und daran, dass sie kein totaler Freak war, nur weil sie die Geister spüren konnte.
Nicht heute. Heute würde sie nicht daran denken. Sie schüttelte den Kopf. Heute hatte sie genug damit zu tun, ihre Sachen zu packen, weil sie ihr Heim verlassen würde. Ein letztes Mal noch wollte sie mit ihren Freundinnen losziehen, bevor sie sich alle auf verschiedene Colleges verteilten. Der Kampf zwischen Gut und Böse musste warten, bis sie sich im Studentenwohnheim eingerichtet hatte. Sie war nicht Buffy. Morrigan schüttelte den Kopf. Sie war nicht mal Eowyn, auch wenn sie alles dafür geben würde, Shieldmaid von Rohan zu sein.
Gab es wirklich eine Schlacht zwischen Gut und Böse? Oder war das etwas, das ihre alternden, exzentrischen Großeltern sich ausgedacht hatten?
„Nein“, sagte sie fest und schob die Tatsache beiseite, dass sie nicht wusste, ob die letzten Gedanken von ihr gekommen oder ihr vom Wind ins Ohr geflüstert worden waren. Um sich abzulenken, blätterte sie im Tagebuch vor bis zum 30. April und ließ sich entspannt lächelnd von ihrer kindlichen Aufregung anstecken.
Liebes Tagebuch Liebes Tagebuch Liebes Tagebuch!
SIE HABEN MIR EIN PFERD GESCHENKT! Ich wusste es! Sie ist das Schönste, Erstaunlichste, Unglaublichste auf der Welt! Sie ist erst zwei Jahre alt. G-Pa sagt, dass uns das Zeit gibt, zusammen aufzuwachsen (G-pa ist so lustig). Ihr Fell hat ein so unglaublich hell geflecktes Grau, dass es aussieht wie Silber. Ich glaube, ich nenne sie Dove, weil sie so hübsch und süß wie eine Taube ist. UND SIE GEHÖRT MIR!
G-pa und G-ma sind die Besten! Es macht gar nichts, dass sie schon alt sind.
Heute Abend, als ich Dove gebürstet habe, hat G-pa mir alles über eine Pferdegöttin namens Epona erzählt. Sie ist auch die Göttin der Erde, der Bäume, der Steine und von allem. Er sagte, wenn ich wirklich so glücklich über mein neues Pferd bin, dann sollte ich vielleicht Epona danken, weil sie vermutlich besonders achtgibt, wenn jemand sein erstes Pferd bekommt. Ich fand, das klang nach einer coolen Idee, und so habe ich mich nach Einbruch der Dunkelheit rausgeschlichen und habe am großen Baum im Vorgarten (direkt vor meinem Kinderzimmerfenster) Epona ganz doll DANKE gesagt. Weil das ein wirklich großer Baum ist und ich annahm, als Göttin der Bäume würde ihr der bestimmt gut gefallen. Dann hab ich einen der Liegestühle herangezogen und mich auf Zehenspitzen daraufgestellt, damit ich meinen Lieblingsstein (den ich letzten Sommer beim Unkrautjäten im Garten gefunden habe) so weit oben in den Ästen ablegen konnte wie nur möglich. Ich habe Epona gesagt, dass der Stein für sie ist.
Und weißt du was? Ich schwöre, ich habe in den Ästen jemanden lachen gehört! Jemanden, der die Stimme eines Mädchens hat.
„Und am nächsten Tag war der glänzende Stein fort“, flüsterte Morrigan. Das war der Beginn ihrer Beziehung zu Epona. Je älter sie wurde, desto öfter erwähnten ihre Großeltern die Göttin, und umso mehr dachte sie an sie.
Morrigan erinnerte sich nicht mehr genau, wann die Stimme der Frau im Wind für sie die Göttin geworden war. Sie wusste nur, kurz nachdem der Stein verschwand, hatte sie angefangen, an die Stimmein ihrem Kopf zu denken, die so klang wie Musik, wie das Flüstern einer Göttin.
Bis zu dem Tag, an dem sie G-pa endlich gestanden hatte, dass der Wind zu ihr sprach. Nie würde sie seinen Gesichtsausdruck vergessen. In der einen Minute lachte er noch mit ihr über etwas, das Dove getan hatte, und in der nächsten war er blass und ernst. Dann hatte er sich mit ihr hingesetzt und „Das Gespräch“ geführt.
War „Das Gespräch“ eine peinliche Lektion über Sex und Monatsblutungen und so was? Unglücklicherweise nicht. Es war ein Gespräch über Gut und Böse und darüber, wie beides vielleicht ihr Leben berühren würde.
Morrigan legte das Tagebuch weg, in dem sie gelesen hatte, und ging die anderen durch, bis sie das fand, nach dem sie suchte. Sie musste nicht weit blättern, um den Eintrag zu lesen, den sie nach „Dem Gespräch“ gemacht hatte.
13. September
Liebes Tagebuch,
ich schätze, die Geschichte von wegen 13 ist eine Unglückszahl stimmt. Ich habe G-pa heute von den Stimmen im Wind erzählt, und er ist echt ausgeflippt. Das, was
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