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Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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viele, aber ein paar.
    Sie war anders, weil sie Dinge hörte, die niemand sonst hörte, und Dinge fühlte, die kein anderer fühlte.
    Morrigan seufzte und machte weiter damit, die Tagebücher aus ihrem Schrank zu holen und sie in Umzugskisten zu verpacken.
    „Und hier ist sie, meine gesammelte Verrücktheit. Chronologisch aufgezeichnet zur Unterhaltung der Massen.“ Sie verbeugte sich und winkte, als würde sie den Applaus begeisterter Zuhörer entgegennehmen. „Nein … nein … wirklich, Ihr Applaus ist zu viel des Guten.“
    „Morgie! Liebes! Brauchst du da drin Hilfe?“
    „Danke Grandma, nein. Ich komm schon klar.“
    „Willst du ein Glas süßen Tee?“
    Morrigan seufzte erneut, aber sie lächelte und sorgte dafür, dass dieses Lächeln auch ihre Stimme berührte. „Nein, Grandma. Mach dir keine Sorgen. Ich bin hier bald fertig.“
    „Okay. Ich meine ja nur, weil deine Freundinnen gleich hier sein werden. Also, wenn du Hilfe brauchst …“
    „Mama Parker, lass das Mädchen in Ruhe. Wenn sie sagt, dass sie keine Hilfe braucht, dann braucht sie auch keine.“
    Morrigan kicherte, als sie die tiefe Stimme ihres Großvaters und die sanfte Erwiderung ihrer Großmutter hörte. G-pa schien immer zu wissen, wann sie ein wenig Zeit für sich alleine brauchte. Sie liebte ihre Grandma und wusste es zu schätzen, was sie alles fürsie tat, aber manchmal neigte G-ma dazu … nun ja … sie etwas zu sehr zu beglucken. Ein achtzehnjähriges Mädchen, das seine Sachen packte, um aufs College zu gehen, brauchte keine Glucke. Oder zumindest nicht die ganze Zeit.
    Sie nahm ein weiteres Tagebuch heraus und blätterte es durch. Der Gedanke daran, hier wegzugehen, war schwer. Sicher, die Oklahoma State University war nicht so weit weg, aber eben auch nicht hier. Sie war nicht ihr Zuhause, und sie würde neue Leute kennenlernen müssen. Neue Freunde finden. Morrigan runzelte die Stirn. Darin war sie noch nie gut gewesen. Neue Leute verstanden sie nicht. Sie war eher schüchtern und still, das missverstanden die meisten und hielten sie für eine arrogante Kuh. Also hatte sie das Gefühl, sich ständig entgegengesetzt zu ihrer Persönlichkeit verhalten zu müssen – zu lächeln und Hallo zu sagen, wenn sie einfach nur im Hintergrund sitzen und alles beobachten wollte, bis sie sich wohl genug fühlte, um teilzunehmen. Deshalb hatte sie sich auch für den Schauspielkurs entschieden. Sie hatte schon in verschiedenen Schulaufführungen mitgewirkt. Grandpa und sie waren in der Mittelstufe darauf gekommen, dass sie Einführung ins Schauspiel belegen sollte, um zu lernen, in ihrem täglichen Leben zu „schauspielern“.
    Okay, das klang falsch und so, als wollte sie andere täuschen, aber das war es nicht. Sie hatte einen Weg finden müssen, wie sie sich einfügen konnte. Und zwar nicht nur ihretwegen, sondern auch für ihre Großeltern, denen es wichtig war, dass sie Freunde hatte und dass sie sich normal benahm. Auch wenn sie es nicht war. Sie verstanden sie, aber sonst tat das keiner.
    Also hatte sie gelernt, zu schauspielern. Sie hatte sich auch für den Tanzunterricht angemeldet und alle vier Highschool-Jahre in der „Tigette Dance Squad“ mitgemacht. Und sie hatte sich mit Jungen verabredet – meistens mit Footballspielern oder Wrestlern, also die Sorte Jungs, die G-pa gefiel. Sie hatte den Anschein vermittelt, vollkommen normal zu sein.
    Was aber wirklich zählte, war das Innere, und da war sie alles andere als normal.
    Sie warf ein weiteres Tagebuch in den Umzugskarton. Es klappte auf, und ihr Blick fiel auf die kindliche Handschrift. Sie nahm das Buch in die Hand und las die aufgeschlagene Seite:
    2. April (noch 28 Tage bis zu meinem 9. Geburtstag)
    Liebes Tagebuch,
    ich bin mir ganz, ganz sicher, dass G-pa und G-ma mir zum Geburtstag ein Pferd schenken! Und nicht nur, weil ich es mir wieder und wieder gewünscht und ihnen gezeigt habe, dass ich alt genug bin, um mich ganz alleine darum zu kümmern.
    Der Wind sagt es mir. Er flüstert mir zu, dass mein Pferd kommt und dass ich meine Stute immer lieben und ehren soll.
    Der Wind hat beinahe immer recht.
    Ich schätze, ich sollte G-pa sagen, dass der Wind mit mir spricht, aber …
    Morrigan musste nicht umblättern, um sich an den Rest des lange zurückliegenden Eintrags zu erinnern.
    Sie konnte sich nur zu gut das kleine Mädchen in Erinnerung rufen, das sie gewesen war. Das Mädchen, das mehr als alles andere die Bäume und die Erde und die grau gefleckte Stute liebte,

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