Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
Vom Netzwerk:
sich um den unbeantworteten Teil der Frage nicht scherte. Die Identität der sanften, sie leitenden Stimme im Wind herauszufinden, schien weit weniger wichtig als die Geheimnisse zu entdecken, die in ihr selbst schlummerten.
    Morrigan hielt die Taschenlampe in ihrer linken Hand. Die rechte Handfläche drückte sie auf die glatte, kristallene Oberfläche des Findlings. Sie versuchte, das Zittern ihrer Hand zu ignorieren. Der Stein bebte und wurde warm. Mit angehaltenem Atem sagte Morrigan: „Hallo, ich bin’s, die Lichtbringerin.“ Sie zögerte kaum merklich beim Aussprechen des ungewohnten Titels. „Ich bin zurückgekommen.“
    Lichtbringerin! Wir heißen dich willkommen!
    Die Worte strömten aus dem Findling durch ihre Handfläche
    in ihren Körper. Es fühlte sich an, als hielte sie ihre Hand in einen Whirlpool, so, als schlüpften die Worte wie Wasser durch ihre Haut.
    „Oh!“ Sie keuchte.
    Ruf die Geister der Kristalle an, wie es dir zusteht, und sie werden dir antworten.
    Ja! Morrigans eigener Geist schrie als Echo der Stimme im Wind auf. Sie war nicht länger in der Lage, ihre Neugierde zurückzuhalten, also legte sie die Taschenlampe auf die Erde und drückte beide Hände fest auf den Brocken.
    „Ähm …“ Sie räusperte sich. Mit einem Mal kam sie sich dumm vor. Die Kristalle fingen nicht einmal an zu leuchten. Der Fels hatte aufgehört, mit ihr zu sprechen. Was, wenn dieser ganze verrückte Kram nur in ihrer Einbildung existierte? Was, wenn sie wirklich verrückt geworden war und die Stimmen im Wind nicht mehr waren als Anzeichen voranschreitender Schizophrenie? „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. Das jahrelange feste, beruhigende Vertrauen ihres Großvaters in sie war stärker als ihre Selbstzweifel. „Nein. Ich bin nicht verrückt.“ Voller Bewunderung schaute Morrigan den wunderschönen Stein an und atmete tief ein. Dann strömten die Wortenur so aus ihr heraus: „Ich bin Morrigan, Tochter der Hohepriesterin Rhiannon MacCallan aus Partholon, und ich rufe die Geister der Kristalle an!“
    Wir hören dich, Lichtbringerin!
    Die Oberfläche des Selenitbrockens zuckte spürbar unter ihren Fingern. Ihre Handflächen kribbelten von der Wärme, die der Stein abgab. Mit einem Mal erstrahlte er in hellem Licht. Es war nicht das dumpfe Glühen, das sich unter ihren Händen gezeigt hatte, als Kyle das Licht ausmachte. Und nicht das süße Glimmen, mit dem die Sesleniteinschlüsse geglüht hatten, als sie durch den Tunnel gekrochen war. Das hier war ein helles Licht, so strahlend und vollmondweiß, dass ihr helle Flecken vor den Pupillen tanzten.
    Mit tränenden Augen starrte Morrigan in die glühende kristallene Tiefe des Brockens. Sie sah, wie das Material sich kräuselte, als würde Wind über eine ansonsten stille Oberfläche eines Sees streichen. Sie blinzelte, um klar sehen zu können, und schaute durch den Stein in …
    Keuchend stieß sie den Atem aus. Durch den Findling sah sie in eine andere Höhle, die genauso aussah wie diese hier. Nur waren die Wände dort mit feinen Ziselierungen und Mosaiken versehen, die sie an die zierliche Silberkette erinnerte, die Grandpa im vergangenen Jahr auf dem Scottish Festival für Grandma gekauft hatte. Die andere Höhle war voller Frauen. Was bedeutete das? Was sah sie da?
    Im nächsten Moment traf die Macht sie voller Kraft, und Morrigan schnappte nach Luft und verlor den Blick auf die seltsame Höhle auf der anderen Seite. Sie kämpfte darum, die weißglühende Hitze zu kontrollieren, die durch ihren Körper schoss, indem sie die Augen schloss und mehrmals tief durchatmete. Es war, als wäre sie plötzlich nicht mehr nur mit dem erstaunlichen Licht des Kristalls verbunden – sie schien ein Teil der gesamten Höhle zu sein. Nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, öffnete sie die Augen und schaute nach oben. Die in der Höhlendecke eingelagerten Selenitkristalle funkelten, es sah aus wie ein sternenübersäter Himmel. Das war ihr Werk! Sie erweckte die Kristalle zum Leben und ließ sie strahlen!
    Morrigan warf den Kopf in den Nacken und lachte vor Freude laut auf. Der fröhliche, jugendliche Klang hallte wie Musik, die nur sie hervorbringen konnte, von den Wänden der Höhle wider.
    Erfreue dich an der Macht deines Erbes!
    „Das ist unglaublich!“, rief Morrigan. Alle Gedanken daran, dass sie nicht in diese Welt gehörte und daran, dass vielleicht irgendwo das Böse lauerte, waren vergessen. Vorsichtig nahm sie eine Hand vom Findling. Voller

Weitere Kostenlose Bücher