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Gekroent

Gekroent

Titel: Gekroent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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vor, du hältst dich gut fest, Großmutter, damit du nicht von deinem alternden Ehemann hinunterfällst.“Ich kicherte gänzlich unpassend für eine Großmutter, schlang meine Arme um seine breite Brust und biss ihm in die Schulter. Er verfiel in einen leichten Trab, und wir machten uns auf zum Großen Saal, wo wir den von unserer Tochter erwählten Ehemann begrüßen würden – ob es uns nun gefiel oder nicht.
    Ich verdrängte Morrigan aus meinen Gedanken. ClanFintan hatte recht. Ich musste darauf vertrauen, dass mein Vater und Epona sich um sie kümmerten.
    Außerdem musste ich der Wahrheit ins Auge sehen. Morrigan war nicht meine Tochter. Ich hatte eine eigene Tochter, und sie lebte nicht in einer anderen Welt. Ich musste mich auf Myrna und mein Leben in Partholon konzentrieren. Punktum.
    „Hey!“ Ich hauchte absichtlich gegen ClanFintans Ohr, und als ihn ein Schauer überlief, knabberte ich an seinem Ohrläppchen. „Wenn ich richtig rechne, werden wir im Frühherbst Großeltern.“ Genau dann, wenn die Kinder in Oklahoma nach den Sommerferien in die Schule zurückkehren, fügte ich in Gedanken hinzu.
    „Ich finde, der Herbst ist eine hervorragende Zeit für ein Kind, diese Welt zu betreten“, sagte er voller Überzeugung.
    „Ja …“, sagte ich, aber meine Gedanken waren schon auf Wanderschaft gegangen. Der Herbst war die Zeit, in der das Leben und Partholon sich auf den Winter vorbereitete. Normalerweise assoziierte man den Frühling mit Babys und Neuanfängen. Der Herbst war die Jahreszeit für das Gegenteil: das Sterben des Waldlaubs … die Ernte der letzten Früchte des Sommers … die Vorbereitung auf kürzere, dunklere Tage. Ich runzelte die Stirn und stützte mein Kinn auf die breite Schulter meines Mannes. Ich machte mir Sorgen um diese komplexe Symbolik, wie es nur eine ehemalige Englischlehrerin tun konnte.
    Epona, die sich normalerweise in solchen Momenten meldete und mir sagte, wie dumm meine Einbildungen sind, blieb ungewohnt stumm.

7. KAPITEL
    Oklahoma
    Sie war schon über eine Stunde unterwegs, bevor Morrigan merkte, wohin sie fuhr. Sie schaute auf die Uhr am Armaturenbrett. Es war bereits nach zehn Uhr abends. Sie würde die Höhle erst weit nach Mitternacht erreichen.
    „Das ist gut“, sagte sie sich und versuchte, sich durch den Klang ihrer eigenen Stimme zu beruhigen. „Bei dem, was ich vorhabe, kann ich keine Zuschauer gebrauchen.“
    Was hatte sie denn vor?
    Den Teil hatte sie noch nicht so richtig durchdacht. Wenn sie ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass sie noch gar nicht über das nachgedacht hatte, was sie hier tat. Sie wusste nur, dass sie von ihren Großeltern weg musste, die in Wahrheit gar nicht ihre Großeltern waren. In Partholon gab es jemanden, der tatsächlich eine Mutter und einen Vater und Großeltern hatte. Ihre Großeltern. Nur, dass es eben nicht ihre waren.
    Diese Gedanken sorgten dafür, dass ihr Kopf beinahe so sehr wehtat wie ihr Herz und ihr Magen.
    „Was mache ich also, wenn ich an der Höhle bin?“, fragte sie sich.
    Umarme dein Erbe …
    „Nein“, sagte sie mit fester Stimme. „Nein, ich will von keinem von euch irgendwas darüber hören.“ Sie schaltete das Radio an, um jegliches Geflüster des Windes zu übertönen. Sie musste einen klaren Kopf bekommen – einen Kopf, der nicht von Informationen beeinflusst war, von denen sie nicht wusste, ob sie ihnen trauen konnte. Sie wollte herausfinden, wer sie wirklich war und was für Kräfte sie hatte. Wenn es das war, was das Geflüster mit umarme dein Erbe meinte, dann sollte es ihr recht sein.
    Und die mütterliche Stimme, die ihr in der Höhle so nah erschienen war? Ihr konnte sie auch nicht trauen. Es war nicht Shannon, ehemalige Highschool-Lehrerin und Tochter von Richard Parker. Morrigan biss sich auf die Unterlippe, um die Tränen zurückzuhalten. All die Bilder der schönen, lebhaften Frau, die ihre Großeltern ihr seit sie denken konnte gezeigt hatten. Diese Fotos hatte sie inihre Tagträume eingebaut, hatte sich vorgestellt, was Shannon zu ihr sagen würde, wenn sie noch am Leben wäre, hatte sich ausgemalt, wie ihr gemeinsames Leben ausgesehen hätte.
    Diese. Frau. War. Nicht. Ihre. Mutter.
    Ihre Mutter war eine Hohepriesterin aus einer anderen Welt gewesen, die richtigen Bockmist gebaut hatte.
    Wie die Mutter, so die Tochter?
    Sie hoffte nicht.
    Morrigan warf einen schuldbewussten Blick auf ihr Handy. Sie hatte es ausgeschaltet, sobald sie im Auto saß. Sie würden sich Sorgen um

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