Gekroent
in letzter Zeit) ein wenig dumm.
Aber nein, sie war definitiv nicht typisch.
Als sie am Souvenirladen ankam, folgte sie dem alten Fußweg an der linken Seite, so wie sie es früher an diesem Tag schon einmal getan hatte. Die Felsentreppe führte steil nach unten, und bald schon war sie vom Lichtschein des Nachthimmels abgeschnitten. Morrigan suchte in ihrer Tasche nach der Taschenlampe, die sich Gott sei Dank immer noch darin befand, und richtete den Lichtstrahl auf den Boden.
Sie fühlte die Öffnung der Höhle, bevor das Licht der Lampe sie erleuchtete. Der kühle Atem streichelte ihr Gesicht. Morrigan atmete ein und sog den erdigen Geruch, der sie willkommen hieß, tief in ihre Lungen. Vor dem Spalt in der Erde blieb sie stehen.
Sie hätte Angst haben sollen, panisch sein müssen. Sie war allein und war kurz davor, mitten in der Nacht eine Höhle zu betreten (in der es Fledermäuse gab).
Die Wahrheit war, sie fühlte sich einfach nur beschwingt, das bewies wieder einmal, wie verdammt verquer sie war.
Morrigan straffte die Schultern und betrat die Höhle.
Die Dunkelheit war vollkommen. Ihre kleine Taschenlampe war nicht mehr als ein Stecknadelkopf in der beeindruckenden Schwärze und erhellte nur ein klitzekleines Stückchen dieser unermesslichen Unterwelt. Die Finsternis machte ihr aber nichts aus. Sie hatte keine Angst. Sie fand sie nicht geheimnisvoll oder erschreckend oder bedrückend. Ganz im Gegenteil, der Gedanke an das unendliche Schwarz war Balsam für ihre gereizten Nerven.
Als käme sie schon seit Jahren hierher, folgte sie dem Weg in die Tiefe der Höhle. Ihre Schritte klangen gedämpft, aber dieses Mal nicht wegen des unendlichen Himmels, sondern wegen der Erde selbst. Seltsamerweise entspannte sich Morrigan immer mehr, je weiter sie in die Höhle vordrang. Die Anspannung, die während der gesamten Rückfahrt auf ihren Schultern gelastet hatte, schwand. DieSorgen, die sie sich um ihre Großeltern gemacht hatte, lösten sich auf. Die Verwirrung über die Stimmen des Windes nahm ab.
Später wurde ihr klar, dass diese unnatürliche Entspannung ihr eine Warnung hätte sein sollen. Sie lächelte und ging weiter in die Höhle hinein. Erst als sie den Teil erreichte, den Kyle den Lagerplatz genannt hatte, erkannte sie, was sie dorthin zog.
„Der Selenitbrocken“, flüsterte sie, als der Strahl der Taschenlampe den kristallenen Felsen streifte und ihn wie Mondlicht auf dem Wasser glitzern ließ. Ohne die lächerliche rosafarbene Beleuchtung war er so viel schöner. Ungeduldig machte sie sich auf den Weg zu ihm. Da setzte das Geflüster ein.
Ja … tritt vor und umarme dein Erbe.
Morrigan blieb so abrupt stehen, als wäre sie gegen eine Glaswand gelaufen.
Sie machte ärgerlich einen tiefen Atemzug.
„Nein. Verdammt noch mal nein. Ich habe es satt, herumgeschubst zu werden! Ich weiß nicht mal mehr, wer ich wirklich bin. Von was für einem Erbe sprichst du? Und wer bist du überhaupt?“
Zum ersten Mal in deinem Leben weißt du, wer du bist, Morrigan, Tochter einer Auserwählten Hohepriesterin von Partholon.
Morrigan zitterte, als die Worte sie liebkosten.
Dein Erbe ist göttlich. Es ist dir durch dein Blut gegeben, von einer großen Göttin geschenkt.
Die Worte erregten sie, auch wenn sie versuchte, eine gewisse objektive Ruhe beizubehalten. Das war aber so verdammt schwer, da doch jeder Partikel ihrer Seele bei der Vorstellung jubelte, sie könnte wirklich zu einer Göttin gehören.
„Ich weiß nicht, was es bedeutet, ein gottgegebenes Erbe zu haben“, sagte sie langsam.
Es bedeutet, dass göttliches Blut in dir fließt und dass du über Kräfte verfügst, die über deine wildesten Fantasien hinausgehen.
Morrigan biss sich auf die Unterlippe. Kräfte, die über ihre wildesten Fantasien hinausgingen …
Wow! Das mussten wirklich Kräfte sein, denn sie hatte eine sehr ausgeprägte Vorstellungskraft. Es wäre nett, zur Abwechslung mal das Gefühl zu haben, ihr Leben selbst kontrollieren zu können. Würden die Kräfte ihr diese Fähigkeit verleihen?
Komm und umarme dein Erbe, während du deine Zukunft be trittst und dein Schicksal akzeptierst, Lichtbringerin.
Dieser Titel – Lichtbringerin – schoss wie ein Blitz durch ihren Körper. So hatten die Kristalle sie genannt, es war der Name, den die Höhlenwände ihr gegeben hatten. Ihr Blick wurde zielsicher vom Selenitbrocken angezogen. Morrigan konnte ihm einfach nicht fernbleiben, und ihre jugendliche Ungeduld sorgte dafür, dass sie
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