Gekroent
noch nicht ganz erholt“, wandte Birkita ein.
„Unsere Lichtbringerin ist jung und stark und offensichtlich von der Göttin reich gesegnet worden. Sicherlich wird sie sich bis morgen Abend von der Reise erholt haben“, sagte Shayla.
Morrigan fragte sich, wie es diese Frau schaffte, Worte, die schmeichelhaft sein sollten, wie eine Beleidigung klingen zu lassen.
„Ja, Herrin, unsere Lichtbringerin ist wahrlich gestärkt durch die Göttin“, sagte Birkita widerstrebend und warf ihr einen besorgten Blick zu.
„Alles wird gut. Ich brauche nur eine Nacht mit erholsamem Schlaf, das ist alles“, unterbrach Morrigan das Gespräch. Sie erwiderte Shaylas kalten, stählernen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Ausgezeichnet. Unsere neue Hohepriesterin wird das Ritual anführen. Es erscheint mir ein außergewöhnlich gutes Omen für unsere Göttin, dass ihre Lichtbringerin direkt vor dem Dunklen Mond erschienen ist. Findest du nicht auch, Birkita?“, sagte Perth.
Shayla hatte ihn so sehr in den Hintergrund gedrängt, dass Morrigan seine Anwesenheit total vergessen hatte. Nun, wo sie ihre Aufmerksamkeit auf ihn richtete, hatte sie den Eindruck, dass er genau das war, was er zu sein schien: ein gut aussehender, unter dem Pantoffel stehender Mann, dessen Frau ihn ganz offensichtlich nicht leiden konnte. Birkita hatte gesagt, dass er der Höhlenmeister der Sidetha war. Was, wie sie annahm, bedeutete, er stand in irgendeiner besonderen Beziehung zur Göttin. Oder nicht? Und wenn doch, wieso schien dann die gehässige Shayla so eindeutig das Ruder in der Hand zu haben?
„Ja, Master Perth. Der Dunkle Mond ist für Adsagsonas Glück verheißend, und Morrigans Ankunft so kurz davor ist ein sehr gutes Omen“, sagte Birkita.
Morrigan konzentrierte sich wieder auf die Unterhaltung, lächelte selbstsicher, schob ihren Arm unter Birkitas und zog die ältere Frau auf die Füße. „Das klingt doch toll. Ich bin sicher, dass dasDunkle-Mond-Ritual hier anders ist als in Oklahoma, aber Birkita kann mich ja einweisen. Also danke noch einmal für alles.“ Arm in Arm durchquerten sie den großen Raum, und Brina tapste auf leisen Pfoten hinter ihnen her. Morrigan spürte, wie Shaylas Blick sich in ihren Rücken bohrte, aber sie bemerkte auch, dass einige der Frauen – und sogar ein paar Männer – respektvoll den Kopf neigten, als sie an den Tischen vorbeigingen.
4. KAPITEL
Sobald sie die Große Halle hinter sich gelassen hatten, übernahm Birkita die Führung. „Okay, da sind aber ein paar ganz schön seltsame Dinge vor sich gegangen“, fing Morrigan an, aber Birkita schüttelte den Kopf und flüsterte: „Nicht hier, Mylady.“ Also schluckte Morrigan eine Trillion Fragen hinunter und ließ sich von Birkita den gewundenen Tunnel entlangführen.
Dieses Mal achtete sie allerdings auf ihre Umgebung. Anfangs folgten sie dem gleichen Pfad, den sie aus Oklahoma kannte und der vom tiefsten Teil der Alabasterhöhlen zum Lagerplatz führte. Natürlich handelte es sich dabei in Partholon nicht um so eine primitive, unbearbeitete Felsenstruktur wie in Oklahoma. Die Säulen mit den rauchlosen Flammen erleuchteten glatte, bearbeitete Wände, in denen sich alle paar Meter neue Tunnel öffneten. Der Weg war sauber und eben und ohne die geringste Spur von Schutt, Geröll oder Feuchtigkeit. Auf den in die Wände eingelassenen Mauervorsprüngen standen hübsche Töpferarbeiten und Statuen. Manche Wände zierten verschachtelte Steinmosaike, einige waren mit wunderschönen, ineinander verwobenen Mustern bemalt, in denen Morrigan die Gestalt der Göttin erkannte. In dem Teil der Höhle, der unter der Kuppel lag, hing ein Kohlebecken an silbernen Ketten, die in der Mitte der kreisförmigen Verzierung befestigt waren. Es sah aus wie ein aus Feuer und Fantasie geborener Kronleuchter. Morrigan versuchte, all die wundersamen und wunderschönen Dinge in sich aufzunehmen, bis ihr Gehirn überfüllt war mit den zauberhaften, exotischen Bildern dieser unterirdischen Welt.
Sie brauchten nicht lange bis zum Lagerplatz – nein, hier heißt dieser Raum Usgaran, korrigierte Morrigan sich. Der Selenitbrocken leuchtete noch immer, aber nur noch sanft. Als sie zu ihm trat und automatisch mit den Fingern über seine Oberfläche strich, erstrahlten die Kristalle sofort wieder in all ihrer diamantenen Schönheit, als hätte sie einen Schalter umgelegt.
„Es ist so schön“, murmelte sie.
„Das ist wahr.“ Birkita legte eine kleine Pause ein, dann
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