Gekroent
sich inbrünstig, unsichtbar zu sein. Kyle! Wie konnte Kyle hier sein? Kyle war in Oklahoma. Tot! Und wie zum Teufel konnte er zum Teil ein Pferd sein?
„Morrigan, Ihr werdet uns natürlich Gesellschaft leisten“, sagt Shayla und unterband damit sehr effektiv ihren Fluchtversuch.
Sie konnte nur mechanisch nicken, aber ihre Füße wollten einfach nicht folgen, als die Gruppe an ihr vorbeizog und sich auf den Weg in die Große Halle machte.
„Einen Moment, Lichtbringerin. Euer Kleid hat sich gelöst.“ Birkita trat vor Morrigan und tat so, als würde sie das Ledercape neu schnüren. „Was ist los?“, flüsterte sie panisch. „Was ist mit Euch?“
„Er … er ist halb Pferd!“ Morrigan entschied sich, den kleineren der beiden Schocks als Erstes anzusprechen.
„Kegan ist ein Hoher Schamane der Zentaurenherde von Dhiannon. Er ist außerdem erst kürzlich zum Meisterbildhauer von Partholon ernannt worden.“ Birkitas Stirn war von Sorgenfalten durchzogen. „Er ist jung, aber den Sidetha gut bekannt, denn er reist schon seit einigen Jahren hierher, seitdem er seine Steinmetzkünste ausbildet.“
„Birkita, in Oklahoma gibt es keine Zentauren. Verdammt! Es gibt sie nirgendwo in meiner Welt. Ich bin sicher, dass er ein netter Kerl ist, oder was auch immer, aber die Tatsache, dass er überhauptexistiert, ist … nun ja, mehr als ein bisschen schockierend.“
„Eine Welt ohne Zentauren? Das kann ich mir nur schwer vorstellen, obwohl ich verstehe, warum der Anblick Eures ersten Zentauren schockierend sein kann. Ihr müsst lernen, Eure Reaktionen zu kontrollieren und Eure Pflichten zu erfüllen.“
Ungeduldig zog Birkita Morrigan hinter sich her.
„Das ist es nicht alleine. Ich kenne ihn, oder zumindest den menschlichen Teil von ihm, aus meiner alten Welt.“
„Seid Ihr Euch sicher?“
Sie zögerte. Denk nach. Flippe nicht einfach aus. „Kyle muss sein Spiegelbild sein, so seltsam es auch ist, dass ein Mann, der zur Hälfte Pferd ist, ein menschliches Spiegelbild haben kann“, sagte Morrigan mehr zu sich selbst. Dann schüttelte sie sich und ordnete ihre Gedanken neu. „Es ist genauso, wie Rhiannon und Shannon Spiegelbilder voneinander sind.“
„Ich fürchte, Ihr und Myrna seid auch Spiegelbilder.“
„Oh, oh“, sagte Morrigan.
„Genau“, stimmte Birkita zu.
9. KAPITEL
„Vielleicht will Shayla nur zeigen, dass sie Macht über mich hat und lässt mich in Ruhe, wenn ich kurz auftauche und mich von ihr ein wenig herumkommandieren lasse“, überlegte Morrigan. Sie und Birkita waren vor dem Eingang zur Großen Halle stehen geblieben.
„Wollen wir es hoffen …“
Birkita schaute allerdings genauso zweifelnd drein, wie Morrigan sich fühlte. Aus dem Schatten des Eingangs heraus warfen sie einen Blick in die Halle. Morrigan unterdrückte ein Stöhnen. Am Haupttisch hatte Shayla sich zwischen den Zentauren und Kai gesetzt. Der Zentaur lag mehr oder wenige auf einem Teil der Bank, der eigentlich zum Sitzen gedacht war – für einen Menschen. Genauer gesagt lag also sein pferdlicher Teil mit angezogenen Beinen. Das hätte eigentlich total merkwürdig aussehen müssen, schien aber für ihn irgendwie zu funktionieren. Morrigan massierte sich die Schläfen, hinter denen sich ein leichter Spannungskopfschmerz bemerkbar machte.
„Du sagst also, dass Kegan“, Morrigans Zunge stolperte leicht über den Namen, „schon oft hier war?“
„Ja, er kommt viel öfter als die anderen Außenstehenden – womit ich nicht Steinmeister Kai meine. Er kommt auch schon lange zu Besuch. Kegan ist auf mehrere Arten ungewöhnlich.“
Morrigan schnaubte. „Du meinst, abgesehen davon, dass er ein halbes Pferd ist?“
„Kind, Zentauren sind in Partholon nicht ungewöhnlich, auch wenn sie uns selten besuchen kommen. Kegan ist ungewöhnlich, weil er in sehr jungen Jahren schon Hoher Schamane geworden ist. Wenn man dann noch bedenkt, dass er vor Kurzem erst zum Meisterbildhauer Partholons ernannt wurde, eine Ehre, die einem normalerweise erst zuteilwird, wenn man doppelt so alt ist wie er.“ Birkita lächelte. „Kegan ist einzigartig. Ich mag ihn sehr gerne, auch wenn er ein kleiner Schwerenöter ist.“
„Schwerenöter?“
„Er ist sehr beliebt bei den Frauen.“
Morrigan starrte Birkita ungläubig an. Die alte Dame errötete! Dann wandte sie ihren Blick wieder dem Haupttisch zu. Shayla gab dem Zentauren gerade spielerisch einen Klaps auf die Schulter und kicherte auf lächerlichste Weise über irgendetwas,
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