Gelassene Eltern - starke und glueckliche Kinder - Eine Recherche wie das Leben mit Kindern gelingt
viel zu schlecht, ich konnte nicht mal lesen. Das kam alles in der sechsten Klasse.“ Tamara kann wirklich sehr gut lesen und sich elegant ausdrücken, spricht verständlich Englisch und auch in Mathematik ist sie nicht schlecht – ein schöner Beweis, wie Recht doch Remo Largo hat.
Remo Largo sieht die Haltung mancher Eltern in diesen Fragen als sehr kritisch an. Viele scheinen zu denken: Kann man das ändern, gibt es Tricks? Wollen wir die Kinder anders haben? Das Problem ist, dass viele Eltern…
1. …sich dieser enormen Zeitspanne nicht bewusst sind.
2. …ihren Kindern nicht die notwendige Zeit für Entwicklung einräumen.
3. …durch ständiges Vergleichen und Bewerten ihrer Kinder dermaßen verunsichert sind, und daher zu Frühfördermaßnahmen greifen.
In Zürich, sagt Remo Largo, haben 60 Prozent der Kinder in der Unterstufe irgendwelche dieser „Maßnahmen“. Er stellt in seinem Vortrag weitere provokante Thesen auf:
„Ich mache die Erfahrung in unserer Gesellschaft, dass es immer schlimmer wird. Schwächere Kinder werden immer mehr ausgegrenzt.“
„Unsere Intoleranz entscheidet, ob ein Kind normal ist oder nicht.“
„Wenn ein Kind quer liegt, ist das primär unser Problem. Was machen wir da falsch?“
In der Pubertät eskaliert die Spanne noch mehr: Kinder sind mit 13 Jahren zwischen 1,32 und 1,74 m groß. Manche 13-Jährige sind auf dem Niveau von Zehnjährigen, andere auf dem Niveau von 16-Jährigen. Das Schlimme ist, bei der körperlichen Entwicklung sind die Unterschiede noch am geringsten.
Im Hinblick auf das System Schule und Lehrer provoziert Largo:
„Als Pädagoge hat man versagt, wenn man es nicht schafft, dass das Kind überwiegend Erfolgserlebnisse hat.“
Er fordert, dass aufgrund der Vielfalt unter den Kindern nur eine Individualisierung des Unterrichts den Kindern gerecht werden kann. Jedes Kind braucht individuelle Lernerfahrungen: Das Kind wird dann dort abgeholt, wo es in seiner Entwicklung steht. Largo denkt:
„Kinder, die nicht genügend Erfolgserlebnisse haben, haben letztendlich ein schlechtes Selbstwertgefühl und das ist die Katastrophe.“
Er stellt die Frage, ob wir eine kindgerechte Schule wollen? Das ist eine Frage der Rahmenbedingungen: der Klassengröße, der Lehrerzuweisung, der Qualifikation der Lehrer, der Ausbildung der Schulleiter zu Schulmanagern usw. In der Schlussfolgerung aller Erkenntnisse meint er:
„Das Beste, was wir als Eltern und Fachleute machen können: das Kind so nehmen wie es ist.“
TIPP : Lesen Sie sein geniales Buch „Schülerjahre“. Es gehört in die Bibliothek jedes Lehrers. Es müsste Inhalt jeder Lehrerausbildung sein.
Eltern haben oft sehr hohe Erwartungen an ihre Kinder. Daher weise ich bei Vorträgen gerne auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse hin: D urchschnittliche Eltern generieren durchschnittliche Kinder, ansonsten gilt aber das interessante Phänomen des „Regression to the Mean“ , des Drangs zum Durchschnitt: So liegt bei sehr groß gewachsenen Eltern die Chance bei über 80 Prozent, dass ihr Kind kleiner wird und umgekehrt. Das Gleiche gilt für die Frage der Intelligenz. Manchen Eltern gefällt diese Tatsache nach meiner Einschätzung nicht so sehr.
19 Eltern, die erkennen, dass Jungen und Mädchen das sind, was man aus ihnen macht.
Gibt es ein Rosa-Gen für Mädchen oder ein „Ich finde Pistolen toll-Gen“ für Jungen? Natürlich nicht. Aber, warum sind Jungs so wie sie sind und warum ticken Mädchen anders als Jungs? In der Frage nach den Genen schließe ich mich ganz der Einstellung von Gerald Hüther an, der meint, bald werde niemand mehr über Gene sprechen. Es sind vor allem die Umwelteinflüsse und entscheidend sind die Beziehungen, in denen wir leben, die uns prägen. Damit sind wir bei dem Schlüssel zu der Thematik „Was macht Jungen zu Jungen und Mädchen zu Mädchen?“ In dieser Frage stieß ich auf einen interessanten Artikel von Bärbel Kerber in der Zeitschrift, „ Psychologie heute“ (2011, Titel 21).
In Afghanistan dürfen nur Jungen arbeiten. Manche Familien sind aber so arm, dass sie Töchter zum Arbeiten schicken, weil sie auf das Geld angewiesen sind. Dafür müssen sich die Mädchen als Jungen verkleiden. Das Erstaunliche ist, unter Jungen benehmen sich die Mädchen ganz natürlich wie Jungs, im Kreise von Mädchen wie Mädchen.
Ist es also so, dass Jungen und Mädchen das sind, was man aus ihnen macht? Bekommen nicht Kinder von klein auf gezeigt,
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