Gelassene Eltern - starke und glueckliche Kinder - Eine Recherche wie das Leben mit Kindern gelingt
ob man loslassen soll oder nicht. „Kinder regeln vieles von alleine, wenn man sie laufen lässt. Eltern sollten ihren Kindern nicht hinterher rennen. Sie sollten ihnen voraus sein. Oft einfach mal stehen bleiben“ (S. 222).
Ein Kernproblem scheint außerdem zu sein, dass Kinder wie auch Eltern unter dem leiden, was man mit dem schönen Begriff Naturdefizitstörung bezeichnen könnte. Darunter versteht man unter anderem zu wenig Demut und Vertrauen in die natürliche Entwicklung von Kindern, von der Geburt an und auch später, Probleme der „pädagogischen Käfighaltung“ bis hin zu dem, dass Kinder einfach keine Naturerfahrungen sammeln können. Das mag daran liegen, dass Eltern sie nicht loslassen und sie nicht einfach das tun können, was sie am liebsten möchten, nämlich draußen mit anderen Kindern spielen.
Ein Problem ist sicherlich auch, dass viele Eltern Probleme haben, ihre Kinder in ihr Leben zu integrieren, besonders dann, wenn sie sich sehr dem Beruf und ihrer Karriere verschrieben haben. Bei einem 50- und mehr Stundenjob wird das ein schwieriges Unterfangen, vor allem für die Mütter, die auch beruflich erfolgreich sein wollen. Dann ist das Leben getaktet und Kinder müssen das mittragen. Das kann problematisch werden, weil Kinder ihren eigenen Rhythmus haben, und der schaut wirklich anders aus als der stressgeplagter Eltern. Kinder müssen vieles lernen: raus aus dem Bett, schnell anziehen, ab zur Krippe und die Mama oder der Papa haben zu tun, dass einer Tim oder Tina um halb fünf wieder abholt. Kinder müssen vor allem eins: funktionieren, von klein auf und später in der Schule sowieso.
Wenn ich junge Eltern sehe, muss ich manchmal vor Verwunderung mit dem Kopf schütteln. Warum müssen zum Beispiel junge Mütter beim Stillen endlos per Handy mit ihrer Freundin quatschen? Wieso erkennen sie nicht, dass dies eine Zeit ist, die ganz dem Baby gehören sollte? Kinder haben ein Recht auf eine handyfreie Zeit der Eltern, eine Zeit, die man nur ihnen widmet. Warum „parken“ Eltern kleinste Kinder vor dem Fernseher? Damit sie ihre Ruhe haben. Muss man sein Baby in der Kinderkrippe des Fitnessstudios abgeben, um zwei Stunden zu shoppen? Manche Eltern sind einfach hedonistisch veranlagt. Sie leben nach dem Lustprinzip, und sind nicht bereit, der Kinder zuliebe auf so manches zu verzichten.
Manche familiäre Strukturen sind geradezu pathologisch. Mitunter entwickeln Eltern ein äußerst fragwürdiges Verhältnis zu ihren Kindern. Derartige Beziehungsstörungen beschreibt der Kinder-Psychotherapeut Michael Winterhoff in seinen Büchern. Er erklärt, wie Kinder zu Tyrannen werden und was, aus seiner Sicht dagegen gemacht werden kann – interessante Erkenntnisse und Balsam für die Seelen stressgeplagter Erzieher und Lehrer. Ich werde diese in der Folge ausführen. Eigentlich stecken schwache Väter oder Mütter dahinter, die größtenteils ihr Leben selbst nicht auf die Reihe kriegen. Das Problem ist aber, dass sie ihren Kindern im Grunde ihre Kindheit rauben.
Ähnliches gilt für die, wie ich sie nenne, Super-Nanny-Eltern: Mütter oder Väter, welche aus den verschiedensten Gründen mit der Erziehung von Kindern völlig überfordert sind. Eltern, die kaum in der Lage sind, mit ihren Kindern eine gesunde Beziehung zu leben und sie zu starken Persönlichkeiten zu erziehen. Diese Kinder können einem wirklich leidtun. In Ermangelung einer liebevollen Anbindung an die Eltern werden sie aggressiv und/oder depressiv. Diesen überforderten Eltern muss vom Staat geholfen werden, eben durch beratende Erzieherinnen à la Super-Nanny, durch Ganztagskrippen, Kindergärten und Ganztagsschulen mit „Gutmenschen", welche diese Erziehungsdefizite kompensatorisch ausgleichen.
Ein gewisses Verständnis habe ich auch für eine weitere Kategorie von Eltern. Für sie ist das eigene Kind wie ein Wunder, das nach besten Möglichkeiten gefördert werden muss, damit es ein Erfolgsmodell wird. Sie tun alles für ihr Kind, vor allem stecken sie auch viel Geld in die Ausbildung ihres Prinzen oder ihrer Prinzessin. Um die Kinder wird ein irrsinniger Hype betrieben, und oftmals läuft der Weg zum Erfolg über Disziplin und Drill, wie es die amerikanische Professorin Amy Chua in ihrem Buch propagiert. Sie ist wahrlich eine Tigermutter. Ich habe das Gefühl, dass es tatsächlich auch vielen deutschen Müttern gefällt, derart Kontrolle über das Leben ihrer Kinder auszuüben. Sie pushen ihre Kinder, um sich selbst
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