Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen
Bier schien er ja bislang schadlos vertragen zu haben.
Es folgten bange Tage, in denen wir immer Kontakt zu seinen Eltern hielten. Bis endlich feststand: Er ist über den Berg und konnte das Krankenhaus einige Tage später verlassen.
Jürgen Schack, der über Jahre Unmengen an Bier in sich hinein gekippt hatte, jeden Tag, trank von der verhängnisvollen Nacht auf jenen ersten Mai an nicht einen Tropfen Alkohol mehr – und das sogar ohne eine Entziehungskur machen zu müssen. Wasser wurde sein Hauptnahrungsmittel und er trank weiter seinen Kaffee … ohne Schaum, aus echten Kaffeebohnen statt aus Hopfen und Malz hergestellt.
Und als einer der ausgeglichensten Schalterbeamten des Meerbuscher Postamtes ließ er auch keine Pakete mehr auf Kundenfüße fallen und sogar die Paketschalter-Jalousie blieb ganztags oben.
Eigentlich hätte uns die Deutsche Bundespost nachträglich die Spesen jenes Abends ersetzen müssen, sie dienten schließlich gezielter Mitarbeiter-Motivation. Oder?
Eine Postoberinspektoren-Gattin bittet ihren Hausarzt um eine Arznei, die die Erkältung ihres Mannes möglichst schnell vertreibt. Der Doktor verschreibt der Frau einen Saft mit dem Hinweis abends einen Eßlöffel dieser Arznei einzunehmen, gut zudecken, tüchtig schwitzen und dann wird der Gute wieder.
Die Frau tut, wie der Medicus ihr aufgetragen hat. Sie verabreicht ihrem Mann den Saft, packt ihn warm ein und läßt ihn schwitzen. Am nächsten Morgen ist der Mann tot.
Entsetzt läßt die Frau den Arzt kommen, der sieht den Toten und fragt: "Welchen Beruf übt Ihr Mann aus?" Antwort die Witwe: "Er war Beamter bei der Post!" Darauf der Arzt:" Das hätten Sie mir aber sagen müssen, gute Frau! Ein Postbeamter, das weiß doch jeder, stirbt lieber, bevor er schwitzt!"
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Als Prospekte weg- und das Einschreiben abgeschafft wurden
Was ich bei der Post schon schnell lernte: Alkohol ist wichtig. In jeder Hinsicht. Ich will nun nicht sagen, dass es beim gelben Riesen nur Alkoholiker gibt – nein, um Himmels willen! Da gibt es sicher Branchen, die derer mehr hervor bringt. Wie beispielsweise die Werbebranche, wobei da Alkohol alleine schon gar nicht mehr ausreicht, da kommen noch ganz andere Dinge auf den Tisch, in den Mund , in die Nasen und ich mag mir gar nicht ausmalen, wohin noch – aber das ist ein Thema für ein anderes Buch. Schließlich wollen meine Jahre dort auch irgendwie verarbeitet werden.
Aber im Ernst: Schon während meiner Ausbildung war es so, dass der Paketzusteller, dem ich für zwei Wochen zugeteilt war, immer munter ein Fläschchen Bier unter dem Fahrersitz hatte, das er genüsslich zu seinem Pausenbrot süppelte. Wie gesagt, man schrieb das Jahr 1979, da sah die Polizei nicht so genau hin.
Jener Paketbote übrigens war ohnehin ein pfiffiges Exemplar, hatte er doch einen Weg gefunden, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Genau genommen sogar drei bis vier, denn eigentlich mochte er es nicht, wenn ihm ein Azubi zugeteilt wurde. Er ließ auch mich damals spüren, dass ich mehr ein Klotz am Bein war denn eine Hilfe. Lehrlinge hatten eben schon damals die Angewohnheit, blöde Fragen zu stellen und nicht alles gleich zu kapieren – zu dumm aber auch.
Der Lehrmeister mit dem großen gelben Mercedes also, er war im Nebenjob Prospektzusteller. Jeden Donnerstag galt es, die Wochenangebote einer Supermarktkette unter die Leute zu bringen – rein zufällig genau unter jene Personen, die in den Straßen wohnten, die zu seinem Paketbezirk gehörten. Wie er das so genau gedeichselt hatte, das weiß ich nicht. Jedenfalls gingen die Prospekte so nebenbei weg, er musste ja eh in fast jedes Haus.
Und die Zeit, in der ich bei ihm mitfuhr, die gestaltete er noch cleverer. Denn kurzerhand hob er donnerstags die Sackkarre von der Ladefläche des Transporters, packte sie voll mit den Reklameblättern und sagte dann:
„Jo, dann geh mal los. Eins in jeden Briefkasten. Die Straßen kennste ja, ich
sammel dich dann heut Mittag am Ende wieder auf. Hab Spaß!“
Und dann stand ich da und guckte, wie der gelbe Wagen weiter fuhr …
Für den großen Organisationsmeister hatte das also einen weiteren Vorteil: Er war mich für die nächsten Stunden los, ich störte ihn nicht und konnte meine blöden Fragen den Hauswänden stellen. Oder den an allen Türen kläffenden Hunden.
Wie kam ich dazu, diese Geschichte zu erzählen? Ach ja: Bier, Alkohol. Wirklich, der tauchte überall auf, zu jeder Tageszeit,
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