Geld fressen Seele auf
Auskunft hätten geben können über die von den Finanzproduktpartnern tatsächlich zu zahlenden Bruttoprovisionen und Valutazeitpunkte, blieben den GFS-Subunternehmern immer unbekannt. Das diesen Subunternehmern damit wichtigste Betriebsgrundkenntnisse, ja verlässliche Steuerungs- und Interventionsinstrumente fehlten, weil ihnen der Zugang zu den tatsächlichen Brutto-Cash-Flow-Daten fehlte, hielt Francisco für reines GFS-Kalkül.
Damit diese kalkulierte Intransparenz nicht auffalle und Unruhe stifte, habe der Konzern eine Scheintransparenz zu diesen Bruttoeinnahmekonditionen in den GFS-Karriereplan eingearbeitet und seinen eigenen GFS-Overhead mit rund 29% angegeben. Diese Angabe wurde von den GFS-Subunternehmern im Sinne von Treu und Glauben als Wahrheit angesehen und akzeptiert.
Erst Jahre später nach seiner Kündigung bei der GFS, als er die NVG-Schweiz AG aufbaute, bekam Francisco solche Basis- und Bruttoverträge mit Banken, Versicherungen und anderen Kapitalproduktgesellschaften zu sehen und stellte dann fest, dass der GFS-Konzern auch hier seine Agenten belogen und betrogen haben musste. Denn der Overhead der sich aus diesen Verträgen berechnen ließ, belief sich demnach nicht nur auf 29% der Bruttoprovisionssumme, sondern teilweise auf bis zu 47 Prozent.
Ein Skandal, der ebenfalls bis heute nicht publik wurde!
Francisco zeigte dem Polizisten weiter auf, dass die Agenten auf Basis des Agenturvertrages und Karriereplanes ab der ersten Teamleiter- und Führungsstufe auch allgemeine Betriebskostenbeteiligungen zu tragen hatten.
Da waren beispielsweise solche an der sogenannten Corporate Identity, nämlich für GFS-Marketingmaterial, GFS-Accessoires, GFS-Meetingfolienordner, VIP-Clubbeteiligungen und vieles mehr, die ihnen direkt von der GFS-Konzernzentrale von ihrem Provisionskonto abgebucht wurden, und solche Kosten für untergemietete Büroräume und Büroservices in den örtlichen GFS-Subunternehmeragenturen. Diese Kosten für Untermiete, IT, Telefonie und Sekretariatsdienste, wurden direkt vom Agenturniederlassungsleiter in Rechnung gestellt. Die jeweilige Rechnungssumme wurde dann von den Subagenten auf das Konto des Niederlassungsleiters überweisen. Francisco schlussfolgerte, dass also von ihm keinerlei Mitarbeitergelder treuhändisch verwaltet wurden. Sein persönliches Bankkonto, das auf seinen Namen für seine Betriebskosten eingerichtet worden sei, verwendete er lediglich dazu, um von seinen Subagenten die vertraglich vereinbarten Betriebskostenanteile vereinnahmen zu können.
Der Polizist hakte nochmals nach. Die GFS würde Francisco Ansa vorwerfen, Geld seiner Mitarbeiter veruntreut zu haben. Was er dazu sagen würde?
Francisco Ansa wiederholte vollkommen ruhig, dass er darauf gerade vorher geantwortet hätte und dass dieser Vorwurf vollkommen frei erfunden und unwahr sei, weil es keine Treuhand von Geldern gegeben hätte. Tatsache sei all das, was er zuvor schon ausgeführt habe. Dies könnte im Übrigen auch über die angesprochenen Subagentenverträge belegt werden.
Nachdem der Polizist alle seine Fragen mit Francisco geklärt hatte, wies er ihn darauf hin, dass nun das Untersuchungsrichteramt sein Protokoll bekäme und die Untersuchung entweder weiterführen und/oder über die Strafanträge entscheiden würde; und dass er sich bis zur abschließenden Klärung zur Verfügung halten und veränderte Aufenthaltsorte mitteilen müsse; die Schweiz dürfe er bis zur Klärung nicht verlassen.
Dann ließ der Kriminalbeamte Francisco Ansa gehen.
Als er endlich das Genfer Polizeigebäude wieder verlas-
sen durfte, sog er gierig die CO2-verschmutzte Stadtluft in sich auf und fühlte sich – selbst mit dieser – sofort viel wohler.
Auf dem Weg zum Parkhaus bemerkte er, dass ihm seine Knie nachträglich weich wurden. Er setzte sich in seinen Wagen, machte für einen Moment die Augen zu und konzentrierte sich bewusst auf seinen Atem. Er öffnete die Augen als er sich besser fühlte. Doch genau im Bruchteil dieser tausendstel Sekunde fiel sein Blick durch den Wagenspiegel der Beifahrerseite auf eine männliche Gestalt, die gerade neben seinem Wagen abgetaucht war. Mit einem Satz hatte Francisco die Wagentüre aufgerissen, war aus dem Wagen gesprungen und um seinen Mercedes herumgesprintet. Leider nicht schnell genug, denn er hatte der Gestalt nur noch hinterhersehen können, wie diese hinter der nahe gelegenen Parkhaustüre fluchtartig verschwunden
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