Geld im Mittelalter
Ernennung zu zahlenden Gelder brachten 26000 Florins ein. Abgerundet wurden die Einnahmen, wie Jean Favier darlegt, durch einige verspätete Zahlungen des Zehnts. Den Großteil dieser Erträge wendete Klemens V. für Schenkungen an hohe Persönlichkeiten wie die französischen und englischen Könige, deren Gunst und Schutz er sich zu sichern suchte, aber vor allem an seine Familie auf, denn er praktizierte Nepotismus im großen Stil. Während die Kirche spätestens seit Innozenz III. (1198–1216) die Christengemeinschaft systematisch mit Abgaben belegte, hatte der päpstliche Hof dieses Organisationsniveau noch nicht erreicht. Eine wichtige Etappe erfolgte unter Johannes XXII. (1316–1334) mit der Ausweitung der päpstlichen Besteuerung auf die Benefizien.
Zwei Ereignisse ließen den Bedarf des päpstlichen Hofes an Geld in die Höhe schnellen: die Errichtung des Papstpalastes in Avignon von 1345 bis 1360 und der Verlauf der in Italien gegen die Angreifer auf den Kirchenstaat geführten Kriege. Hier finden sich zwei der großen Felder wieder – Bauprojekte und Kriege –, die die Geldnachfrage im Mittelalter beschleunigten und verstärkten. Mithin sah sich das avignonesische Papsttum seit Klemens VI. (1342–1352) gezwungen, die Steuern zu erhöhen. Die Einziehung der Benefizien wurde zur primären Einnahmequelle. Sie erfolgte auf zweierlei Weise: durch die Ernennung von Pfründnern der Benefizien durch den Papst gegen Entrichtung eines Teils der Einkünfte des Benefiziums oder durch Konfiszierung der Einkünfte der vakanten Benefizien. Zudem stiegen die päpstlichen Einkünfte infolge der großen Katastrophe, die die europäische Christenheit ab 1348 heimsuchte – die Pest –, unerwartet stark an, weil etliche Pfründner den Tod fanden. Die päpstliche Geldgier verschärfte die Konflikte zwischen dem Heiligen Stuhl, den Landeskirchen und den Fürsten. Das war vor allem in Deutschland der Fall, schon seit langem auch in England. Der Steuerhunger des avignonesischen Papsttums wurde denn auch als entfernte Ursache für die Reformation gedeutet. Die Einziehung der Benefizien durch den Heiligen Stuhl brachte noch eine weitere Einnahmequelle mit sich: Es wurde immer üblicher, dass Kleriker, die ein noch nicht vakantes Benefizium erhalten wollten, sich mit einer Bittschrift an den Papst wandten. Um diesen Bittschriften Nachdruck zu verleihen, gingen sie häufig mit Schenkungen an den Heiligen Stuhl einher. Wie Jean Favier berichtet, schrieb schon 1309 ein Kleriker aus Aragón in seiner Bittschrift: »Niemand glaubt, dass man mit gutem Recht, aus Dank oder aus Barmherzigkeit irgendetwas ohne Denare tun kann.« Die an das avignonesische Papsttum zu entrichtenden Abgaben waren zuweilen so hoch, dass die betroffenen Kirchenamtsträger zahlungsunfähig wurden und einen Nachlass der geforderten Summen erreichen konnten. Eine weitere Folge dieser Exzesse war, dass die bei der Neubesetzung einer Pfründe – sowohl höherer Benefizien wie niederer Kirchenämter – anfallenden Annaten nicht mehr wie bisher üblich auf einmal gezahlt werden mussten, sondern über mehrere Jahre gestreckt wurden. Das avignonesische Papsttum besann sich außerdem auf die alte, bis dahin wenig geübte Praxis zurück, mit den weltlichen Fürsten um die Bedingungen dafür zu schachern, dass ihnen der Erlös einer von der Kirche geforderten Abgabe zugebilligt wurde. Diese Praxis war vermutlich zur Zeit der Kreuzzüge aufgekommen, um die Kirche in die Pflicht zu nehmen; jedenfalls war sie damals sehr gebräuchlich gewesen, um einen Teil von deren Kosten zu begleichen. Jetzt, im 14. Jahrhundert, knüpften die unter Geldmangel leidenden christlichen Fürsten daran wieder an, worauf die Kirche ihrerseits mit häufigen Anspielungen auf die Möglichkeit eines neuerlichen – die weltlichen Herrscher teuer zu stehen kommenden – Kreuzzugs reagierte. Der Zusammenhang zwischen Geld und Krieg wird hier besonders deutlich, denn es handelte sich um einen religiös motivierten Krieg, der im Übrigen illusorisch wurde, wie die Geschichte zeigt. Aber das avignonesische Papsttum ersann noch eine weitere Methode, um an Geld zu kommen: Hochgestellte Kirchenmänner – Bischöfe, Archidiakone, Dechanten – waren zu regelmäßigen Besuchen der unter ihrer Gerichtsbarkeit stehenden Gemeinden verpflichtet. Um die Reisekosten zu bestreiten, bekamen sie sogenannte Prokurationen. Im 13. Jahrhundert schaffte Papst Innozenz IV. sie ab und schrieb vor, dass die Prälaten
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