Geld im Mittelalter
und legten der Rechnungskammer, die seit 1320 eine feste Einrichtung war, einen Tätigkeitsbericht vor. Hinzu kamen ein Cour des aides genanntes Steuergericht, wo Probleme in Sachen Bemessungsgrundlage und Eintreibung verhandelt wurden, und eine Cour du Trésor , die die Gerichtsbarkeit hinsichtlich der Verwaltung der Krondomäne ausübte. Philipp der Schöne richtete ein weiteres Amt ein, das keine Ähnlichkeit mit dem Schatzamt (Trésor) hatte: Die Argenterie war eine Art Warenlager der Hofhaltung des Königshauses, in dem Mobiliar sowie Kleider und Ornate des Königs aufbewahrt wurden und das zudem für die Zeremonien und Feste Sorge trug. Jean Favier zufolge waren ihre Leiter (argentiers) in den meisten Fällen nicht königliche Beamte, sondern Kaufleute wie Jacques Cœur, der Bekannteste unter ihnen. Hier haben wir noch einen Beleg dafür, dass dem Geld im Mittelalter eine andere Bedeutung beigemessen wurde als heute. Die Cour du Trésor geriet allmählich in Verfall, weil es dem Gericht schwerlich möglich war, sämtliche finanziellen Operationen des Königtums auf dem gesamten Territorium zu prüfen, und im Laufe des 15. Jahrhunderts übernahmen die Parlements und Gerichtshöfe, die nach und nach im ganzen Land entstanden, sukzessive dessen Aufgaben als Finanzkontrollinstanz. Das königliche Münzamt (chambre des monnaies) seinerseits sah sich aufgrund der konstant bleibenden Vielfalt der Münzstätten seiner (zumindest theoretisch bestehenden) Macht größtenteils beraubt.
Effizient konnten Steuern nur sein, wenn sie regelmäßig erhoben wurden, doch aufgrund der dürftigen Finanzplanung und des lang anhaltenden Unvermögens des Königtums, einen echten Haushalt für das Königreich aufzustellen, wurde diese Regelmäßigkeit nur bedingt erreicht. Der entscheidende Zeitraum für die Einführung von Steuern waren die Jahre um 1355 bis 1370, als die Könige Johann II. der Gute und Karl V. Geldmittel für den neu entbrannten Krieg gegen England und später zum Erhalt des 1360 in Brétigny geschlossenen Friedens aufbringen mussten. Wie es zur Gewohnheit geworden war, wurden zwei Ständeparlamente – das eine für das Pays d’Oïl, das andere für das Pays d’Oc – konsultiert. Das Ergebnis war eine Umgestaltung der Finanzstruktur des Königreiches, dessen Grundlage nun die Diözesen als die gefestigtsten Verwaltungseinheiten bildeten, sowie die Einführung einer Abgabe auf den Warenverkauf, einer maltôte , und der Salzsteuer. Gegen alle drei Steuerarten regte sich heftiger Widerstand. Um 1370 wurde das Steuersystem der französischen Monarchie unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungswerte auf die Grundlage der traditionellen indirekten Steuern – aides oder Bitten – und einer allgemeinen, direkten Steuer – fouage oder Herdsteuer – gestellt.
Die regelmäßig zu entrichtenden Steuern waren bei einem Großteil der Bevölkerung schlecht angesehen. Im September 1380 schaffte Karl V. – er lag auf seinem Sterbebett und wollte bei seinen Untertanen in guter Erinnerung bleiben – sämtliche direkten Steuern ab. Die Mehrheit der französischen Bevölkerung, die der König »meine Völker« nannte, gab aber erst dann Ruhe, als sein Nachfolger Karl VI. (oder genauer: seine Onkel, die im Namen des jugendlichen Prinzen die Regierungsgeschäfte führten) auch noch die indirekten Steuern abschaffte. Das Steuerproblem blieb während der gesamten Regierungszeit Karls VI. akut und schürte die Unruhen jener Epoche, die 1413 im Pariser Volksaufstand der Cabochiens – benannt nach dem Anführer Simon Caboche – gipfelten und darin, dass eben jene Bevölkerung die Vorherrschaft des Herzogs von Burgund und den Vertrag von Troyes hinnahm, mit dem der englische Thronfolger Heinrich VI. als Nachfolger Karls VI. auf dem französischen Thron bestimmt wurde. Im Kampf gegen die Engländer bekam Karl VII. vor und während seiner Regierungszeit durch die von ihm einberufenen Ständeversammlungen lediglich zeitlich begrenzte Steuern zugestanden, die mit dem Krieg gegen England begründet wurden. Doch als seine Vorherrschaft über das französische Königreich wiederhergestellt war, bekräftigte er das königliche Steuermonopol und setzte es durch eine Reihe königlicher Ordonnanzen und zuletzt die Pragmatische Sanktion von Bourges von 1438 um. Diese Umgestaltung ging mit der Schaffung neuer Institutionen einher. Auch die Könige des 16. Jahrhunderts setzten die Monopolstellung der Krone auf dem Gebiet der königlichen
Weitere Kostenlose Bücher