Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
Treppe runterlaufen. Dann löste er den Alarm aus und holte alle Leute aus ihren Zimmern. Alle sollten die Treppe runterlaufen, aber einige sind trotzdem mit dem Fahrstuhl gefahren.“
„Ganz schön unvorsichtig“, warf Andrea ein.
„Ja, aber ich denke, diese Leute hatten auch Angst und wollten einfach so schnell wie möglich aus dem Gebäude.“
D ie Frau setzte sich mit Panik in den Augen wieder hin.
„Mir fiel auf, dass Tibby nicht hinterhe rkam, also bin ich nochmal hochgelaufen. Sie stand völlig verängstigt im Flur und wartete auf mich. Ich nahm sie auf den Arm und hielt mir die Hand vor den Mund. Die Luft war voller Rauch. Und plötzlich knallte es nochmal. Nicht ganz so laut wie der Knall davor, aber trotzdem ohrenbetäubend. Es kam diesmal aber nicht aus meinem Zimmer, sondern aus dem Zimmer daneben. Ich schrie nur noch und rannte, so schnell ich konnte. Im Treppenhaus hörte ich dann noch einen dritten Knall. Die Erschütterung spürte man sogar noch am Geländer. Überall waren Leute, die schreiend umherliefen. Es war so schrecklich, diese Bilder werde ich sicher nie wieder los.“
Während die Frau mit starrem Blick von ihrem Erle bnis erzählte, hatte Andrea sich längst zu ihr gesetzt und strich ihr tröstend über den Rücken.
„Ein Mann von der Polizei vorhin sagte, es wäre eine Gasle itung explodiert, aber wie das passieren konnte, wissen sie noch nicht, sie wollen erstmal das Feuer unter Kontrolle bringen ... In der ganzen Hektik habe ich dann nicht mal bemerkt, dass ich mein kleines Baby nicht mehr bei mir hatte.“
Verständnisvoll nickte Andrea und stre ichelte Tibby über den Kopf. „Weiß man schon, wie viele Etagen betroffen sind?“
„Nein, aber die zweite Etage ist vermutlich komplett in Flammen aufgegangen. Es sieht also ziemlich hof fnungslos aus, da noch irgendwas zu retten ... Und wenn Sie nicht gewesen wären, wäre meine Kleine bestimmt irgendwann jemandem gefolgt und weggelaufen. Ich bin Ihnen wirklich unendlich dankbar!“
„Ach, das war doch selbstverständlich“, antwortete Andrea.
„Ich bin übrigens Esther“, stellte sich die Dame vor.
Andrea musste schmunzeln, den Namen hatte sie bei dieser liebenswürdigen alten Dame vermutet. „Freut mich, ich bin Andrea“, stellte auch sie sich vor und gab Esther die Hand. Andrea fiel auf, dass die Frau wirklich fertig mit den Nerven war. In ihren Augen spiegelte sich große Verzweiflung wieder. Um die Gute ein wenig von dem Unglück abzulenken, stellte Andrea ihr noch ein paar Fragen über den Hund: „Wie lange haben Sie die Kleine denn schon?“
„Oh, das war eine merkwürdige Sache. Ich habe sie damals aus einem Fluss gezogen. Sie war total abg emagert und hatte ganz verfilztes und klebriges Fell. Ich habe sie von der ersten Sekunde an geliebt“, erzählte Esther mit großen, leuchtenden Augen.
„Konnten Sie herausfinden, wie sie da reingeraten ist? Und wer der Besitzer war?“
„Nein, wir hatten wochenlang Plakate mit einem Bild von ihr ausgehängt, aber es meldete sich niemand. Ich kann nicht verstehen, wie man so ein süßes, liebes Tierchen nicht vermissen kann.“
„Vielleicht war es ja niemand aus der Gegend; vie lleicht waren sie im Urlaub oder so und waren schon wieder weggefahren.“
„Ich an deren Stelle wäre zurückgefahren, wenn es mir aufg efallen wäre“, schimpfte Esther entsetzt.
„Hm , gut, das stimmt natürlich ... Aber wer weiß, wie weit sie schon durch den Fluss getrieben war.“
„Ja, den Gedanken ha tte ich auch erst, aber sie wäre sicher längst irgendwo untergegangen und ertrunken; sie muss wohl irgendwo aus einem der Orte drum herum gewesen sein.“
„Von wo kommen Sie denn, wenn ich fr agen darf?“
„Ach, natürlich dürfen Sie das.“ Esther lächelte und drückte Andreas Hand. „Ich wohne mit meinem Mann in einem kleinen Ort vor Be rlin.“
„Und wie lange haben Sie die Kleine schon?“
„Jetzt im Sommer werden es genau vier Jahre. Wir haben es mittlerweile aufgegeben den ursprünglichen Besitzer zu finden, wir würden sie auch gar nicht mehr hergeben wollen.“
„Das kann ich gut verstehen“, sagte A ndrea lachend und kraulte weiter die weißen Öhrchen. „Du bist aber auch wirklich unendlich niedlich.“
Esther und Andrea unterhielten sich noch eine ganze Weile über Hunde. Wenn A ndrea das Geld und die Zeit hätte, hätte sie sich auch längst einen geholt. Nur war das bisher halt nicht möglich gewesen.
Etwas später wurde den Mitgliedern der
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