Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
war ihr klar, dass dieser Körperkontakt nicht zufällig geschehen war. Als würde er sie wie ein Magnet anziehen, folgte sie ihm über das Minenfeld aus Farbeimern und aufgetürmten Zementsäcken.
»Um wie viel Uhr heute Abend?«, rief sie ihm nach, als er hinter einer der herunterhängenden Plastikbahnen verschwand.
Er zog den Plastikvorhang beiseite. »Ich hab um sechs Feierabend. Danach muss ich noch nach Hause und duschen.«
»Sechs Uhr ist super«, entgegnete Melanie. »Duschen müssen Sie wirklich nicht.«
Als sie das Chaos der Männerdomäne verließ und in die feminine Zuflucht ihres Ladens zurückkehrte, stahl sich ein teuflisches Grinsen auf ihre Gesichtszüge. Sie hoffte wirklich, dass Dean nicht vorher nach Hause ging und sich wusch, da sie den Schweiß seines langen Arbeitstages bereits auf ihrer Zunge schmecken konnte.
Den restlichen Tag durchlebte Melanie in einem Wirbelsturm unterschiedlicher Gefühle. In einem Moment war sie voller Vorfreude und Selbstsicherheit, wenn sie an das Planungstreffen dachte. Wenn sie dort keine Chance hätte, dann hätten sie sie doch gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Zehn Minuten später fiel ihr Deans herablassendes Grinsen wieder ein, das seine Lippen bei seiner Aussage, er wisse, wie die Dinge in Kleinstädten so liefen, umspielt hatte, und ihre Aufregung verwandelte sich in Wut. Wenn er sehen könnte, wie sich Melanies Kunden veränderten, wenn sie ihr Geschäft betraten, wie ihre Gesichter zu glühen begannen, wenn sie die feinen Stoffe der Secondhand-Kleidung berührten und sich vorstellten, wie sie darin die Erfüllung ihrer Träume erlebten, dann hätte er einen kleinen Einblick in die Metamorphosen, die Melanie jeden Tag mit ansehen durfte.
Dieser Idiot , dachte Melanie, während sie hinter der Kasse auf und ab tigerte. Sie war so aufgewühlt, dass sie nicht einmal die neugierigen Blicke ihrer Verkäuferinnen bemerkte, die ihr diese verstohlen zuwarfen. Er hat ja keine Ahnung, worüber er da redet.
Immer wenn sie sich unsicher war, ob ihre Geschäftsideen wirklich Hand und Fuß hatten, musste Melanie nur zu ihrem Alkoven hinübersehen, um ihre Zweifel zu zerstreuen. Sie trat zu dem Perlenvorhang und zog ihn beiseite, nur um wieder einmal von Stolz erfüllt zu werden, wie immer, wenn sie einen Kunden in ihre magische Höhle begleitete. Auf den Regalen lagen Vibratoren, Plugs, Paddles und allerlei anderes Sexspielzeug in allen Regenbogenfarben. Die Materialvielfalt erstreckte sich von funktional bis exotisch – es gab Objekte aus Holz, Silikon und rostfreiem Stahl, aber auch aus Fell, Federn und schillerndem Plexiglas –, aber alle erfüllten nur einen einzigen Zweck: Sie sollten Lust erzeugen. Melanie sah sie als Juwelen, die aus dem Meer des Unterbewusstseins auftauchten, und sie war die Meerjungfrau, die diese Schatzkiste bewachte.
Dean DaSilva hatte ja keine Ahnung, wie es war, einem konservativen Banker seinen ersten Analplug zu verkaufen oder einem lesbischen Paar dabei zu helfen, den perfekten Doppeldildo auszuwählen. Er mochte vielleicht wissen, wer diese Menschen im öffentlichen Leben waren, aber Melanie kannte ihre Tagträume und ihre Fantasien beim Masturbieren und Liebemachen. Sie war nicht so naiv anzunehmen, dass diese öffentlichen und privaten Identitäten jemals komplett in Einklang zu bringen wären, dennoch weigerte sie sich, die Hoffnung aufzugeben.
Außerdem wurde sie in dieser Stadt nicht einfach nur toleriert, man betete sie regelrecht an. Zwischen dem Aufschließen heute Morgen und Ladenschluss am Abend erreichten sie zwei Anrufe von ortsansässigen Männern, von denen ihr einer eine ausgedehnte Sodomiesitzung anbot, während der andere sie zu Pizza und Eislaufen einlud. In ihrem E-Mail-Postkasten fand sie das Angebot eines Softwareingenieurs aus Boston, mit ihm über Weihnachten auf die Bahamas zu fliegen, und mehrere grammatisch fehlerhafte Liebesbeteuerungen von jugendlichen Verehrern mit Nicknames wie HawtDawg und SkaateRat.
Am besten war jedoch, dass Bridget Locke von der hiesigen Zeitung anrief und Melanie fragte, ob sie ein Interview für die Sonntagsausgabe machen könnte, das dann zusammen mit einem zweiseitigen Bericht über das Chimera und einem Farbbild der neuen Managerin erscheinen würde.
»Machen Sie Witze?« Melanie musste lachen. »Hören Sie mal, Bridget, es gibt drei Dinge, zu denen ich niemals Nein sage: heißer Sex, heiße Kleidung und gratis Werbung.«
Sie vereinbarten, dass Bridget das
Weitere Kostenlose Bücher