Gelehrig: Erotischer Roman (German Edition)
Interview im Chimera durchführen würde, und als es achtzehn Uhr wurde, war Melanies Optimismus wiederhergestellt. Im Frühling würde sie einen erfahrenen Bauunternehmer und eine Crew aus coolen Typen haben, die für sie arbeiteten. Allerdings musste sie bis dahin einen ansprechenderen Bauhelm finden. Weißes Plastik sah an einem Typen in Jeans und einem engen Baumwoll-T-Shirt noch ganz okay aus, passte aber nun wirklich nicht zu einer Frau, die gern klassische Modestücke trug.
Es wurde achtzehn Uhr, dann achtzehn Uhr dreißig. Melanie saß an ihrem Computer im kleinen Hinterzimmerbüro des Ladens und bearbeitete das Dokument, in dem sie ihre Vorstellungen für die Geschäftserweiterung ausgearbeitet hatte. Da war so viel, was es zu bedenken galt. Sobald sie die Genehmigung erhalten hatte, am Haus anzubauen, musste sie sich ein Darlehen von der Bank beschaffen, um die Kosten decken zu können. In dieser Hinsicht hoffte sie auf Harrison Blake, allerdings war er auch ein harter Verhandlungspartner, wenn er Geld verlieh. Derart in ihre Berechnungen versunken, vergaß Melanie für eine Weile die Zeit, bis ihr Magen knurrte und sie daran erinnerte, dass sie an diesem Abend eigentlich mit einem Leckerbissen erster Sahne gerechnet hatte.
Mit gerunzelter Stirn sah sie auf die Uhr. Diese Ratte. Sie hätte es sich ja denken können, dass er den Schwanz einkniff. Sie überlegte, ob sie den Mann anrufen sollte, der sie zum Pizzaessen und Eislaufen einladen wollte, vielleicht stand das Angebot ja noch. Allerdings war sie nicht gerade in der Stimmung, um auf einer Eislaufbahn Händchen zu halten. Da sie den ganzen Tag eine Achterbahn der Emotionen durchlebt hatte, war ihr jetzt mehr nach hartem, schmutzigem Spaß.
Um neunzehn Uhr beschloss sie, den Laden abzuschließen, nach Hause zu gehen und sich selbst mit dem neuen Vibrator zu verwöhnen, der heute als Testprodukt in der Post gewesen war. Diese schimmernde grüne Erfindung namens Meerjungfrau war so ausgearbeitet, dass sie die Klitoris einer Frau mit zwei winzigen Finnen liebkosen konnte, während die Schwanzflosse gleichzeitig ihren G-Punkt bearbeitete. Auf japanische Ingenieure war noch immer Verlass, wenn es um ausgeklügelte Befriedigung ging.
Als sie die schmale Treppe zu ihrer Wohnung in dem alten viktorianischen Haus emporstieg, in der sie schon seit Jahren wohnte, sah Melanie, dass an ihrer Tür ein zusammengefalteter Zettel klebte. Es war eine Nachricht ihrer Vermieterin, die sie daran erinnerte, dass ihre Miete am Monatsende fällig war, und die sich erkundigte, ob sie schon einen Auszugstermin festgelegt hätte.
Ausziehen? Melanie sank auf die oberste Treppenstufe und las die Nachricht im flackernden Licht der Sicherheitsleuchte ein zweites Mal.
Auch wenn Sie in den letzten Jahren eine völlig adäquate Mieterin gewesen sind, habe ich beschlossen, Ihren Mietvertrag nicht zu verlängern. Meine Schwester ist seit Monaten schwer krank und wird in Ihre Wohnung ziehen, damit ich mich um sie kümmern kann, während sie sich wieder von ihrer Krankheit erholt.
›Völlig adäquat?‹ Ungläubig sprach Melanie die Worte laut aus. Diese Wohnung war ihr Heim, sie hatte nicht nur ihre Zeit, sondern auch ihre Kreativität, ihre Fantasie und nicht zu vergessen sehr viel Geld in dieses Apartment investiert, um es in einen Schrein dunkler Sinnlichkeit zu verwandeln. Zwar hatte ihr ihre Vermieterin seit Tagen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, in denen sie sagte, dass sie sich mit ihr über das Mietverhältnis unterhalten wolle, aber Melanie war bisher davon ausgegangen, dass sie sie nur über eine Mieterhöhung in Kenntnis setzen wollte. Nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen wäre sie auf die Idee gekommen, dass man sie aus ihrer Wohnung werfen könnte.
Langsam zerriss Melanie die Nachricht in kleine Fetzen, die sie über das Geländer warf, sodass sie in der Dunkelheit verschwanden. Die Geschichte über die Schwester ihrer Vermieterin war von vorne bis hinten erlogen. Zufällig wusste Melanie, dass ihre Vermieterin keine Geschwister hatte, weder chronisch kranke noch sonst irgendwelche.
Sie stand auf und eilte die Treppe hinunter. So leicht würde sie ihr Zuhause auf keinen Fall aufgeben. Als sie in den schattigen Weg einbog, der zur Vordertür ihrer Vermieterin führte, trat eine mannsgroße Gestalt hinter einer Stechpalmenhecke hervor. Melanie kreischte auf. Die Gestalt lachte.
»Was ist los? Haben Sie unsere Verabredung etwa
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