Geliebt
verärgert.
»Hören Sie, wollen Sie, dass ich die Polizei rufe …?«
Plötzlich erstarrte sie mitten im Satz, als ihr Blick und Calebs sich begegneten. Mehrere Sekunden lang starrte sie ihn an, bis sich ihr Gesichtsausdruck schließlich veränderte und sanfter wurde. Dann begann sie überraschenderweise zu lächeln.
»Hallo, Leute«, sagte sie heiter. »Wie schön, dass ihr hier seid. Kommt doch herein.« Mit einem Lächeln öffnete sie die Tür weit und trat zur Seite.
Caitlin sah Caleb schockiert und verblüfft an. Was hatte er bloß getan?
Was auch immer es war, sie wollte es ebenfalls lernen.
Mach dir keine Gedanken, du wirst es lernen.
Wieder blickte Caitlin Caleb an und war noch verblüffter, als sie begriff, dass er ihr gerade einen Gedanken geschickt hatte – und sie ihn verstanden hatte.
***
Sie hatten das Museum für sich, als sie durch die schmalen, schwach beleuchteten Gänge spazierten. Bilder, Gedenktafeln und alle möglichen Utensilien säumten die Wände. Alle Exponate standen im Zusammenhang mit Hexen, Richtern und Hinrichtungen. Es war ein düsterer Ort.
Im weiteren Verlauf erreichten sie eine große Schautafel. Caitlin begann zu lesen und war derart fasziniert, dass sie Caleb den Text laut vorlas.
»Hör dir das mal an«, sagte sie. »In Salem erkrankte im Jahr 1692 plötzlich eine Gruppe von Mädchen im Teenageralter an einer seltsamen Krankheit. Die meisten bekamen hysterische Anfälle und behaupteten, dass sie von Hexen heimgesucht worden wären. Viele dieser Mädchen gingen sogar so weit, die Hexen beim Namen zu nennen, die ihnen angeblich zugesetzt hatten.
Weil die Erkrankungen so rätselhaft waren, viele der jungen Mädchen plötzlich starben und es keine andere Erklärung dafür gab, verfielen die Bewohner der Stadt in Panik. Sie machten Jagd auf die Leute, die der Hexerei beschuldigt worden waren.
Bis zum heutigen Tage konnte nicht herausgefunden werden, woran diese Mädchen erkrankt und warum sie derart hysterisch geworden waren.«
»Es lag daran, dass sie erwachsen wurden«, erklärte Caleb leise.
Caitlin sah ihn an.
»Genau wie du«, fügte er hinzu. »Sie waren welche von uns, und sie wurden von schmerzhaften Hungerattacken überrascht. Sie waren nicht krank, sondern nur hysterisch. Die Veränderungen in ihrem Körper haben sie völlig überfordert. Sie hatten keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollten.«
Caitlin dachte scharf nach. Mädchen im Teenageralter im Jahr 1692 in Salem, die an der Schwelle zum Erwachsenwerden gestanden hatten. Mädchen, die genau das Gleiche durchlebt hatten, was sie gerade durchmachte.
Sie war überwältigt. Es gab eine Verbindung zwischen ihr und diesen historischen Ereignissen. Sie fühlte sich nicht mehr so allein, doch gleichzeitig erschreckte die Erkenntnis sie. Diese Bestätigung wollte sie gar nicht hören. Im Gegenteil, sie wollte hören, dass nichts davon der Wahrheit entsprach, alles nur ein Albtraum war und bald wieder Normalität Einzug in ihr Leben halten würde. Doch je mehr sie erfuhr, desto größer wurde ihre Furcht, dass es für sie keine Normalität mehr geben würde.
»Hier ist es«, sagte Caleb, der sich am anderen Ende des Raumes befand.
Caitlin eilte zu ihm hinüber.
»Die Liste der einhundertdreiunddreißig Beschuldigten.«
Langsam lasen sie die lange Liste der Namen, die in einer altertümlichen Handschrift verfasst war. Die Schrift war schwer zu entziffern, deshalb kamen sie nur langsam vorwärts.
Als Caitlin beinahe das Ende der Liste erreicht hatte, erstarrte sie plötzlich. Sie zeigte mit dem Finger auf das Glas.
Dort stand ihr Nachname, Paine. Er war genauso geschrieben wie ihr Name, und er befand sich auf der Liste der ›Beschuldigten‹.
»Elizabeth Paine. Der Hexerei angeklagt. 1692.«
Elizabeth? Eine Frau?
»Ich habe es gewusst«, sagte Caleb. »Ich habe gewusst, dass es eine Verbindung gibt.«
»Aber …«, stammelte Caitlin völlig verwirrt, »… Elizabeth . Das ist doch eine Frau. Ich dachte, wir suchen nach meinem Dad?«
»So einfach ist das nicht. Vergiss nicht, wir haben es hier mit mehreren Generationen zu tun. Es könnte sein, dass Elizabeth die Gesuchte ist. Aber es könnte genauso gut sein, dass wir nach ihrem Vater suchen, möglicherweise auch nach ihrem Ehemann. Wir wissen nicht, wo deine Abstammung beginnt oder endet. Uns ist lediglich bekannt, dass es eine Verbindung gibt.«
»Sieh dir das an!«, rief Caitlin aufgeregt und hastete zu einem anderen Exponat ganz in der
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