Geliebt
wartete nicht erst auf eine Antwort. Eine starke Hand fasste sie unter einem Arm, dann wurde sie hochgehoben und in Windeseile aus dem Cottage getragen. In hohem Tempo ging es durch das Dickicht in den Wald hinein.
Während die Schmerzen ihr immer wieder durch den Körper schossen, flogen die Bäume rasend schnell an ihr vorüber.
Sie spürte, wie die bekannte Wut sich in ihr aufbaute. Das Verlangen nach Nahrung wuchs. Und das Verlangen, zu töten. Ihr Körper veränderte sich zusehends, während sie sich in Calebs Armen wand und nicht wusste, wie lange sie sich noch im Griff haben würde.
Endlich blieb Caleb stehen und stellte sie auf ihre Füße. Mit kraftvollem Griff hielt er sie an den Schultern fest und sah ihr direkt in die Augen.
»Du musst mir zuhören. Ich weiß, dass dir das jetzt schwerfällt, aber du musst dich konzentrieren.«
Also gab sie sich die größte Mühe, sich auf seine Worte und seine Augen zu konzentrieren. Ihre Welt verschwand in einem roten Nebel, während der Drang zu töten immer größer wurde.
»Du hast einfach bloß Hunger. Du brauchst Blut, und zwar sofort. Wir sind in einem Wald und können zusammen auf die Jagd gehen – ich kann dir beibringen, wie es geht.«
Beibringen. Beibringen. Sie versuchte, sich an seine Worte zu klammern.
Dann spürte sie, wie er sie mit sich zog, und ehe sie sichs versah, waren sie schon in der Nacht verschwunden.
13.
Kapitel
S amantha erwachte bei Tagesanbruch und warf einen Blick neben sich. Da lag dieser Typ bei ihr im Bett, Sam. Es war so einfach gewesen, ihn zu verführen, dass sie beinahe schon ein schlechtes Gewissen hatte. Natürlich wusste sie, dass sie gegen ein Gesetz verstoßen hatte, indem sie mit einem Menschen schlief, aber weil dieses Exemplar so jung und knackig war, hatte sie beschlossen, es nicht zu genau zu nehmen. Warum auch? Niemand würde je davon erfahren. Selbstverständlich würde sie selbst es niemandem erzählen, und diesen Sam würde sie einfach nicht lange genug leben lassen, als dass er es jemandem verraten könnte. Dann und wann – etwa alle hundert Jahre – musste sie sich das gönnen. Diesen Luxus nahm sie sich einfach heraus.
Außerdem hatte er etwas an sich, etwas Besonderes, das ihn für einen Menschen fast erträglich machte. Sogar mehr als erträglich, wenn sie ehrlich zu sich selbst war. Doch sie konnte nicht genau sagen, was es war – das machte ihr mehr zu schaffen als alles andere.
Innerlich aufgewühlt setzte sie sich auf, immer noch nackt, und sprang mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung aus dem Bett. Leise spazierte sie durchs Zimmer, sammelte ihre Kleider ein und zog sich schnell an. Als sie durch die Glasschiebetüren nach draußen sah, dämmerte gerade der Morgen. Welch eine Ironie , dachte sie. Nachts zu schlafen und morgens aufzuwachen. Genau wie ein Mensch. Der Gedanke verursachte ihr Übelkeit, aber manchmal musste man eben Zugeständnisse machen.
Ein Blick über die Schulter zeigte ihr, dass der Junge immer noch tief und fest schlief. Sie war der Grund dafür, dass er so erschöpft war, so viel war sicher. Ihr war klar, dass er so etwas wie mit ihr noch nie erlebt hatte und wohl auch nie wieder erleben würde. Schließlich konnte sie auf zweitausend Jahre Erfahrung zurückblicken. Er konnte sich glücklich schätzen, fürs Erste zumindest. In den kommenden Wochen würde er unglücklich sein, wenn sie genug von ihm hatte und alles erfahren haben würde, was sie über seinen Vater wissen musste. Denn dann würde sie sich seiner entledigen. Doch einstweilen war er ein amüsantes Spielzeug. Sogar ausgesprochen amüsant.
Sie bewegte sich geschmeidig und lautlos wie eine Katze, sodass er selig weiterschlief. Sie könnte durch das ganze Haus tanzen, ohne dass er auch nur einen Ton hören würde – es sei denn, sie wollte gehört werden. Das war einer der zahlreichen Vorteile des Vampirdaseins.
Wie leichtgläubig und naiv er doch war: Er hatte ihr tatsächlich geglaubt, dass das Haus ihr gehörte. Außerdem hatte sie sich Gedanken gemacht, weil weder Decken noch Laken noch Kissen vorhanden waren – auch sonst gab es natürlich keine persönlichen Gegenstände –, aber zu ihrer Überraschung hatte er nicht einmal nachgefragt. Zumindest war das Haus teilmöbliert; wahrscheinlich war das das Werk eines verzweifelten Maklers, der die Immobilie für potenzielle Besichtigungen besser in Szene setzen wollte. Wenigstens hatte sie einen Vorteil daraus ziehen können.
Hitze breitete sich
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