Geliebt
beiseitegeräumt hatte, kam ein kleines gemauertes Häuschen zum Vorschein. Gemeinsam traten sie durch die niedrige Tür.
Drinnen war es dunkel, und es roch ziemlich muffig. Nach einigen zögernden Schritten blieb er plötzlich stehen. Vor ihren Füßen rollte etwas zur Seite. Vorsichtig bückte Caleb sich und hob es auf.
»Was ist das?«, wollte Caitlin wissen.
Er hielt den Gegenstand in die Höhe, aber sie konnte ihn in der Dunkelheit nicht erkennen. Schließlich klärte er sie auf: »Eine alte Kerze. Ich glaube, sie ist noch intakt. Nimm sie bitte mal.«
Caitlin hielt die Kerze, während er seine Hände mit Lichtgeschwindigkeit gegeneinanderrieb – die Bewegung war derart schnell, dass sie die Wärme spüren konnte, die von seinen Händen ausstrahlte. Dann legte er die Handflächen über den Kerzendocht und wartete einen Moment. Als er sie wegzog, stellte Caitlin verblüfft fest, dass die Kerze brannte. Ehrfürchtig sah sie zu ihm auf. Sie wünschte, sie könnte das auch.
»Das musst du mir unbedingt beibringen«, sagte sie lächelnd.
Im Kerzenschein konnte sie erkennen, wie er ihr Lächeln erwiderte. Vorsichtig beleuchtete sie den Boden vor ihren Füßen und entdeckte weitere Kerzen. Daher also stammte das rollende Geräusch, das sie zuvor gehört hatten. Caleb hob eine zweite Kerze auf und bog den Docht zurecht, damit Caitlin ihn mit ihrer Flamme anzünden konnte. Nun verfügten sie über ausreichend Licht, um das Cottage zu erkunden.
Es war winzig und so niedrig, dass Caitlin gerade noch aufrecht stehen konnte, wohingegen Caleb sich ducken musste. Der einzige Raum maß ungefähr drei mal drei Meter. Die Steinwände waren nicht perfekt gemauert, boten aber trotzdem auf den ersten Blick keine geeignete Stelle, an der man etwas verstecken könnte. An einer Wand befand sich eine kleine Feuerstelle, auf der Äste und Blätter lagen, die wohl im Laufe der Jahrhunderte durch den Schornstein gefallen waren.
Die Holzdielen waren bemerkenswert gut erhalten, was aber auch einleuchtend war. Das Cottage hatte keine Fenster, und da es abgesehen von dem Kamin und der Tür keine Öffnung gab, hatten die Witterungseinflüsse dem Inneren kaum etwas anhaben können. Außerdem war das kleine Haus derart überwuchert, dass die Elemente schon seit Jahrhunderten keine Chance mehr gehabt hatten.
Ansonsten war nicht viel zu sehen. Es schien keinerlei Versteckmöglichkeiten zu geben, die Hütte war komplett leer. Leider sah es so aus, als wären sie erneut in eine Sackgasse geraten.
Immerhin war der Raum trocken, gemütlich und bot Schutz. Sie könnten also wenigstens die Nacht hier verbringen, sich ein wenig aufwärmen und ausruhen.
»Glaubst du, du kannst ein Feuer in Gang bringen?«, fragte sie.
Prüfend musterte er den offenen Kamin. »Ich sehe keinen Grund, warum das nicht funktionieren sollte.«
Nachdem er ihr seine Kerze gereicht hatte, räumte er zügig die Äste und Blätter zur Seite. Der Staub ließ Caitlin niesen.
Caleb zog weitere Äste aus dem Kamin, sammelte alles ein und trug es aus dem Cottage.
Caitlin hörte, wie er aufs Dach kletterte und den Kamin auch von oben reinigte. Plötzlich spürte sie einen Luftzug und begriff, dass der Schornstein jetzt frei war. Sekunden später tauchte Caleb wieder auf und brachte einen Armvoll trockenes Feuerholz mit. Wie schnell er war! Die Schnelligkeit von Vampiren war erstaunlich. Im Vergleich dazu fühlte sie sich ziemlich langsam und schwerfällig.
Nachdem er das Holz auf der Feuerstelle aufgeschichtet hatte, nahm er eine Kerze und entzündete das Holz an mehreren Stellen gleichzeitig. Innerhalb weniger Minuten prasselte in dem kleinen Cottage ein gemütliches Feuer. Dankbar stellte sie sich davor und genoss die Wärme.
Sie steckte die beiden Kerzen weit oben in die Steinmauer, sodass der Raum jetzt ziemlich warm und hell war. Dann setzte sie sich nahe ans Feuer, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und rieb sich die Hände. Allmählich fühlte sie sich besser.
Caleb folgte ihrem Beispiel und ließ sich an der anderen Seite des Feuers nieder. Der Raum war so klein, dass sich ihre Füße fast berührten.
Aufmerksam musterte Caleb das Zimmer – den Boden, die Wände, die Ziegel des gemauerten Kamins und dann die Decke. Dabei unterzog er jede Einzelheit einer intensiven Prüfung. Auch Caitlin sah sich ganz genau um. Beide hatten nur einen Gedanken: Was konnte hier versteckt sein? Und wo?
»Das ist definitiv der richtige Ort«, meinte Caleb nachdenklich.
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