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Geliebt

Geliebt

Titel: Geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Rice
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traurig. Sie wünschte sich so sehr, unsterblich zu sein – ein richtiger Vampir, genau wie er –, damit sie für immer an seiner Seite bleiben konnte.
    Gespannt beobachtete sie, wie Caleb langsam die leere Kirche durchquerte. Die Holzdielen knarrten unter seinen Füßen. Dann stieg er die drei Stufen zu dem Holzpodium hinauf und näherte sich dem Instrument. Vorsichtig zog er die Abdeckung von dem Steinway und nahm auf der Sitzbank Platz.
    Nachdem er den Deckel aufgeklappt hatte, blieb er ganz still sitzen und starrte auf die Tasten.
    Schließlich schloss er die Augen. Caitlin fragte sich, was er wohl dachte, welche Erinnerungen jetzt gerade in ihm wach wurden. Nach einer Weile dachte sie, er hätte seine Meinung geändert und würde überhaupt nicht spielen.
    Doch dann legte er die Hände auf die Tasten und begann.
    Er spielte wunderschön.
    Die Töne stiegen in der großen, leeren Kirche auf, wurden von den Wänden zurückgeworfen und erfüllten den ganzen Raum.
    So eine Musik hatte Caitlin noch nie gehört. Ihr kamen die Tränen, am liebsten hätte sie den Moment festgehalten.
    Der Gedanke, dass Caleb so viele Facetten besaß, die sie wahrscheinlich niemals kennenlernen würde, machte sie unendlich traurig. Doch es blieb ihr nichts anderes übrig, als diese Tatsache zu akzeptieren. Sie musste lernen, die kurze Zeit mit ihm zu nutzen und glücklich zu sein.
    Das Klavierspiel ließ sie plötzlich an Jonah denken – sie hatte schon lange nicht mehr an ihn gedacht, und auch das machte sie traurig. Wenn sie mit Caleb zusammen war, war kein Platz mehr für Jonah. Doch tief in ihrem Unterbewusstsein war er immer da, obwohl sie so wenig Zeit miteinander verbracht hatten. Es tat ihr leid, dass ihre Freundschaft so abrupt hatte enden müssen. Aber irgendwie hatte sie es im Gefühl, dass sie sich eines Tages wiedersehen würden. Sie wusste es einfach.
    Im Moment wollte sie jedoch nicht einmal daran denken. Vor allem nicht in diesem Augenblick – sie fühlte sich voll und ganz mit Caleb verbunden und hoffte, dass dieser Zustand nie enden würde.
    Die Musik erfüllte ihre Seele, während sie eine gefühlte Ewigkeit dort stand und zuhörte. Weder sie noch Roger rührten sich, wie gebannt lauschten sie Calebs perfektem Spiel.
    Schließlich war es vorüber. Der letzte Ton hing noch mehrere Sekunden lang in der Luft. Als Caitlin zu Roger hinübersah, öffnete er gerade langsam die Augen.
    Caleb erhob sich bedächtig, ging über das Podium, stieg die Treppe hinunter und kehrte zu ihnen zurück. Direkt vor Roger blieb er stehen und sah ihn an.
    Roger atmete tief durch und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
    »Das war genau so, wie ich es in Erinnerung hatte«, sagte er leise.
    Erneut holte er tief Luft, dann drehte er sich um und durchquerte den Raum mit schnellen Schritten.
    »Kommt mit«, forderte er sie auf.
    ***
    Caitlin und Caleb folgten Roger, der sie eine alte Holzwendeltreppe hinaufführte. Als sie eine Zwischenetage erreichten, warf Caitlin einen Blick hinunter und bewunderte staunend die Schönheit der Kirche aus diesem Blickwinkel.
    Dann ging Roger einen Gang entlang, verschwand durch eine verborgene Tür und stieg eine weitere Wendeltreppe hinauf. Die beiden folgten ihm immer höher hinauf. Caitlin hatte das Gefühl, dass hier oben schon jahrelang niemand mehr gewesen war.
    Die Treppe endete in einer kleinen Kuppel ganz oben in der Kirche. Hier gab es kaum genug Platz für die drei.
    Roger streckte die Hand aus und zog leicht an einem versteckten Riegel. Als sich ein Geheimfach öffnete, nahm er vorsichtig eine kleine, juwelenbesetzte Kiste heraus.
    Melancholisch betrachtete er die kleine Truhe.
    »Ich habe sie nie selbst geöffnet«, erklärte er. »Und ich hätte nie geglaubt, dass ich das je erleben würde – bis ich deinen Schlüssel gesehen habe.«
    Dabei blickte er Caitlin in die Augen. In dem kleinen Raum war es heiß und stickig, und allmählich bekam sie Platzangst, sie fühlte sich ganz benommen. All das war so unwirklich, und es schien gar nicht mehr aufzuhören.
    »Ich habe deinen Vater gut gekannt«, sagte Roger plötzlich.
    Caitlin klappte die Kinnlade herunter. Sprachlos starrte sie ihn an. Sie hatte so viele Fragen, dass sie gar nicht wusste, womit sie anfangen sollte.
    »Wie war er?«, stieß sie schließlich hervor.
    »Er war ein guter Mann, ein großartiger Mann. Ich habe ihn geliebt. Er war größer als wir alle. Und er wäre sehr stolz auf dich, dass du es so weit gebracht hast«,

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