Geliebte der Finsternis
wären.
Von dieser verlockenden Aussicht enthusiasmiert, fragte Wulf jeden Abend, ob Chris schon eine geeignete Frau angesprochen habe.
Noch wichtiger - hatte er mit ihr gebumst?
Chris seufzte wieder, betrat den Seminarraum und senkte die Wimpern, um den spöttischen Blicken auszuweichen, die ihm die meisten Studentinnen und Studenten zuwarfen. Entweder hassten sie ihn, weil Dr. Mitchell ihn
favorisierte oder weil er ein überprivilegierter Blödmann war. Daran hatte er sich gewöhnt.
Nachdem er einen freien Stuhl in der hinteren Ecke entdeckt hatte, sank er darauf. Dann holte er seine Notizen und sein Textbuch hervor.
»Hi, Chris.«
Als er die sanfte weibliche Stimme hörte, zuckte er zusammen.
Er schaute auf und sah Cassandras strahlendes Lächeln.
Völlig verwirrt, brauchte er fast eine ganze Minute, bevor er den Gruß erwidern konnte. »Hi«, antwortete er lahm.
O Gott, warum war er so dumm? Er verabscheute sich selber. Wahrscheinlich würde Nick sie im Handumdrehen betören.
Sie setzte sich neben ihn.
Sofort brach ihm der Schweiß aus allen Poren. Er hüstelte und tat sein Bestes, um sie zu ignorieren - auch den schwachen Rosenduft, der zu ihm herüberwehte. So unglaublich roch sie jedes Mal, wenn er sie sah.
Cassandra öffnete ihr Buch und beobachtete ihn. Jetzt erschien er ihr noch nervöser als am Nachmittag im Starbucks.
Verstohlen musterte sie seinen Rucksack und hoffte noch einen Blick auf das Emblem mit dem Schild und den gekreuzten Schwertern zu erhaschen. Aber er verwahrte seinen Terminkalender in der verschlossenen Außentasche.
Verdammt.
»Nun, Chris?«, murmelte sie und neigte sich näher zu ihm. »Würdest du später mit mir lernen?«
Da erbleichte er. Gehetzt sah er sich um, als wollte er die Flucht ergreifen. »Du willst lernen? Mit mir?«
»Ja. Du hast doch angedeutet, du hättest keine Probleme mit diesen komplizierten altenglischen Texten. Ich möchte bei der Prüfung auch eine A-Zensur schaffen. Was meinst du?«
Unsicher strich er über seinen Nacken - offenbar eine Gewohnheit, weil er das ziemlich oft tat. »Willst du wirklich mit mir lernen?«
»O ja.«
Chris grinste verlegen. Aber er weigerte sich, ihrem Blick zu begegnen. »Nun, ich glaube, das wäre okay.«
Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte sie sich zurück, als Dr. Mitchell eintrat und allgemeines Schweigen befahl.
Nach der letzten Vorlesung hatte sie stundenlang die Dark-Hunter.com-Website erforscht, in allen Einzelheiten. Oberflächlich betrachtet, schien es um Rollenspiele und Buchbesprechungen zu gehen.
Aber mehrere Passagen und Programmschleifen wurden durch Passwörter geschützt. Trotz aller Mühe hatte Cassandra keinen Zugang gefunden. Da gab es viele Faktoren, die sie an die Website der Apolliten erinnerten.
Nein, keine Spielereien - sie war tatsächlich auf die real existierenden Dark Hunter gestoßen. Ohne jeden Zweifel.
Sie zählten zu den letzten großen Mysterien der modernen Welt - zu lebenden Mythen, über die niemand etwas Genaueres wusste.
Wenigstens wusste Cassandra, dass sie auf diesem Planeten lebten. Sie würde Mittel und Wege finden, um in ihre Kreise einzudringen, um Antworten zu erhalten - mochte es kosten, was es wollte.
Während der Professor mit monotoner Stimme über Hrothgar und Shield dozierte, konnte sie das Ende der
Stunde kaum erwarten. Noch nie war es ihr so schwergefallen, sich zu gedulden.
Nach einer halben Ewigkeit war die Tortur überstanden. Sie packte ihre Sachen und wartete auf Chris. Als sie zur Tür gingen, sah sie zwei schwarz gekleidete Männer, die ihnen misstrauisch entgegenblickten und sie sofort flankierten.
Chris seufzte angewidert, und Cassandra musste lachen. »Gehören die beiden zu dir?«
»Glaub mir, ich wünschte, ich könnte Nein sagen.«
Mitfühlend tätschelte sie seinen Arm und wies zum Ende des Flurs, wo Kat von einer Bank aufstand und ihren Roman in ihre Tasche steckte. »Schau mal, ich habe auch einen Bodyguard.«
Chris lächelte. »Gott sei Dank, dann muss nicht nur ich so was ertragen.«
»Mach dir deshalb keine Sorgen, dieses Problem verstehe ich.«
Erleichtert atmete er auf. »Wann wollen wir zusammen lernen?«
»Jetzt gleich?«
»Okay. Wo?«
Nur einen einzigen Ort wollte sie unbedingt aufsuchen, denn sie hoffte, dort würde sie etwas mehr über den Mann erfahren, den sie am letzten Abend kennengelernt hatte. »Bei dir?«
Prompt kehrte seine Nervosität zurück und bestätigte Cassandras Verdacht. »Eh - ich glaube, das ist eine
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