Geliebte der Finsternis
kurzfristigen Kontakt auf der Straße zu nutzen und Cass in Ihren Traum zu transferieren, damit sie ein Baby empfing.«
»Aber - warum?«, fragte Cassandra. »Wieso ist meine Schwangerschaft so wichtig?«
»Weil der Mythos, über den du dich dauernd lustig machst, real ist. Wenn Apollos letzter Nachfahre stirbt, verliert der Fluch seine Wirkung.«
»Dann lass mich sterben und die Apolliten retten.«
Kats Miene verdüsterte sich. »Oh, ich habe keineswegs
behauptet, du würdest sie erlösen. Das ist ja so komisch an den Schicksalsgöttinnen. Niemals tun sie irgendwas, das klar und einfach wäre. Der Fluch verpufft, weil Apollo mit dir sterben wird, denn dein Blut und dein Leben sind mit seinem verbunden. Bei seinem Tod wird die Sonne sterben, ebenso wie Artemis und der Mond. Sobald sie verschwunden sind, wird die Welt nicht mehr existieren. Wir alle wären verloren. Alle.«
»Nein, nein, nein«, flüsterte Cassandra, »das kann nicht sein.«
»Doch, Schätzchen«, entgegnete Kat gnadenlos. »Glaub mir, es ist die reine Wahrheit. Sonst wäre ich nicht hier.«
Eine Zeit lang schwieg Cassandra und versuchte einen Sinn in diesen überwältigenden Enthüllungen zu entdecken. »Warum hast du mir das nicht früher erzählt?«
»Das tat ich. Du bist total ausgeflippt, deshalb beschlossen Artemis und ich, deine Erinnerung an diese Informationen zu löschen und noch mal von vorn anzufangen. Etwas langsamer und vorsichtiger.«
» Was hast du gemacht?«, stieß Cassandra hervor.
»Es geschah nur zu deinem Besten«, verteidigte sich Kat. »Nachdem du so wütend warst, weil du zu einer Schwangerschaft gezwungen werden solltest, entschied Artemis, du würdest einen Liebhaber und ein Baby brauchen, um die Realität zu verkraften. Das erklärte ich dir, und da wolltest du dich vor einen Bus werfen, statt einen Mann zu benutzen und ein Kind zurückzulassen, das deine Feinde jagen würden. Ist es nicht großartig, dass du Wulf begegnet bist? Dank seiner Macht können sich weder Daimons noch Apolliten in seine Nähe wagen, ohne zu sterben.«
In hellem Zorn stürzte Cassandra sich auf ihren Bodyguard, Wulf zerrte sie zurück. »Nicht …«
»Oh, bitte«, flehte sie, »ich will sie nur ein paar Minuten lang würgen.« Vorwurfsvoll starrte sie die Frau an, die sie irrtümlich für eine Freundin gehalten hatte. »Ich habe dir vertraut, Kat. Und du hast mich benutzt und belogen. Jetzt verstehe ich, warum du ständig versucht hast, mich mit irgendwelchen Kerlen zu verkuppeln.«
»Ja, ich weiß, tut mir leid.« Kats aufrichtiger Blick bekundete, wie ernst sie es meinte. Trotzdem konnte sie Cassandras Zweifel nicht zerstreuen. »Begreifst du denn nicht, dass alle Probleme gelöst sind? Wulf fürchtet, seine letzten Blutsbande mit der Welt zu verlieren. Durch dich bekommt er einen Nachkommen, der sich an ihn erinnern wird. Und du bringst ein unsterbliches Kind zur Welt, das deinen Enkeln und Urenkeln von dir und deiner Familie erzählen kann. Wulf wird sie alle beschützen, keiner muss vor den Daimons fliehen. Denk darüber nach, Cass.«
Reglos stand Cassandra da, während sie die Bedeutung dieser Worte erkannte. Ihre Kinder würden sich an sie erinnern. Und sie wären in Sicherheit. Das hatte sie stets gewünscht. Weil es ihr unmöglich erschienen war, hatte sie sich gegen die Mutterschaft entschieden.
Durfte sie es wagen, das alles zu glauben?
Apolliten trugen ihre Babys in etwa zwanzig Wochen aus, in der Hälfte der Zeit, die eine menschliche Schwangerschaft dauerte. Wegen ihrer verkürzten Lebensspanne gab es einige seltsame physiologische Unterschiede. Mit elf Jahren wurden sie erwachsen, zwischen zwölf und fünfzehn heirateten sie.
Bei der Hochzeit ihrer Eltern war ihre Mutter erst vierzehn gewesen und hatte wie eine Fünfundzwanzigjährige ausgesehen.
Sie wandte sich zu Wulf und musterte sein ausdrucksloses Gesicht. »Was hältst du von alldem?«
»Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich denken soll. Gestern war meine einzige Sorge, Chris mit einem Mädchen ins Bett zu bugsieren. Und jetzt - falls Kat nicht unter Drogen steht oder halluziniert - wächst in deinem Körper ein Teil von mir heran, der das Schicksal der ganzen Welt in den Händen hält.«
»Wenn Sie daran zweifeln, rufen Sie Acheron an«, schlug Kat vor.
Wulfs Augen verengten sich. »Weiß er Bescheid?«
Zum ersten Mal zauderte sie. Nervös zuckte sie die Achseln. »Nun - ich nehme an, Artemis hat ihm nichts von ihrem Plan erzählt, euch beide
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