Geliebte der Nacht
die Luft ein.
»Abgereist? Wohin reist sie?«, verlangte er zu erfahren.
Margret räusperte sich und trat einen Schritt vor. »Wir wissen es nicht, aber sie brach vor gut einer Stunde auf.«
James seufzte. Er sah erst seine Magd, dann seinen Butler durchdringend an.
»Wisst Ihr wirklich nicht, wohin sie reist?«, fragte er. Margret schluckte.
»Ich weiß nicht, wohin sie reisen möchte, aber sie schrieb einen Brief an die Sommerresidenz des Herzogs von Dulanis. Ich sollte ihn einem Boten übergeben«, antwortete Esra. James nickte. »Sicherlich wird sie auch dorthin reisen. Esra macht mein Pferd fertig für eine Reise«, wies der Graf seinen Bediensteten an und ging aus der Küche.
Er eilte in sein Schlafgemach. Dort angekommen holte er Kleidung aus dem Schrank und warf sie achtlos in eine Ledertasche, die er ebenso schnell verschloss, wie er sie gepackt hatte. Wütend packte James die Tasche am Henkel, der riss, und er fluchte lauthals. Er verließ sein Gemach. Seine Schritte hallten im Korridor wider. Inständig hoffte er darauf seine Gemahlin und seinen Sohn einzuholen bevor sie ihr Ziel erreichten.
»Herr?«, hielt ihn Margrets leise Stimme auf.
James blieb abrupt stehen und wirbelte zu seiner Magd herum.
»Sprecht Margret«, verlangte er streng.
Margret sah ihn mit aufgerissenen Augen an. Selten hatte der Graf sich solch einen Ton herausgenommen. Sie räusperte sich.
»Esra schlug vor, dass wir Euren Freund Caleb unterrichten, damit er gemeinsam mit Euch reitet in diesen gefährlichen Zeiten«, erwiderte sie eingeschüchtert.
James Züge entspannten sich und ein kleines, jedoch charmantes, Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
»Das ist eine sehr gute Idee. Bitte begleitet mich in mein Schreibzimmer, damit ich einen Brief an ihn aufsetzen kann«, sagte er, wesentlich ruhiger. Margret nickte und James trat an ihr vorbei. Wenige Atemzüge später betraten sie sein Büro und der Graf ging sofort an seinen Schreibtisch. Zügig hatte er Papier und Feder zur Hand. Die, in Tinte getränkte, Mine kratzte über das Pergament, während er seine geschwungenen Lettern darauf schrieb. Deutlich hörte er den beschleunigten Herzschlag seiner Magd und ihren ebenso schnellen Atem.
»Mein Gemüt hat sich beruhigt Margret. Ihr könnt unbesorgt sein«, sagte er konzentriert, als er die letzten Worte niederschrieb.
Ihr Aufatmen war beinahe ohrenbetäubend und James schmunzelte. Er faltete das Pergament zusammen und tropfte das Siegelwachs auf das Papier. James drückte seinen Ring in das flüssige Wachs und wartete einen Moment, dabei musterte er Margret. Unsicher trat sie von einem Fuß auf den anderen.
»Soll ich einen Boten rufen?«, fragte sie heiser.
Ihre Anspannung war immer noch nicht von ihr abgefallen. Wortlos nickte er, als er den Brief vom Schreibtisch nahm und ihn hochhielt, damit sie ihn sich nehmen konnte. Sie kam näher, um das Schreiben an sich zu bringen. Gerade streckte sie ihre Hand danach aus, als James es aus ihrer Reichweite zog.
»Wenn Ihr wüsstet, wo meine Gemahlin sich aufhält, würdet Ihr es mir mitteilen, richtig?«, erkundigte sich James, obwohl er sich ihrer Loyalität bewusst war.
»Selbstverständlich Herr«, antwortete sie und er überließ ihr die Botschaft.
Ein weiteres Mal atmete Margret auf. Sie nahm ihn an sich und selten hatte sie James‘ Schreibzimmer so schnell verlassen, wie in diesem Augenblick. Der Magd schlug das Herz bis zum Hals, als sie durch den Korridor eilte und schnellstens einen der männlichen Bediensteten mit der Übergabe des Briefes beauftragen wollte. Wenige Male war ihr Herr so außer Kontrolle und aufgebracht, wie in den letzten Minuten. Das Peinlichste aber war für sie, dass er sie und Esra in solch einem intimen Moment gestört hatte. Mit geröteten Wangen trat sie aus dem Haus und sah sich um. Der Bursche, der sich gemeinsam mit dem Stallknecht um die Pferde kümmerte, stolperte über den Hof. »Marius«, rief sie und er blieb stehen. Fragend sah er sie durch seine haselnussbraunen Augen an.
»Bitte bringt diesen Brief nach Kentmore zu Sir Caleb«, wies sie ihn an und händigte ihm das Schreiben aus »Es ist dringend«, fuhr sie fort. Nickend steckte er dieses in seine Manteltasche. »Ich werde sofort ein Ross satteln und mich auf den Weg machen«, erwiderte er schüchtern.
Margret lächelte ihn an, doch schon im nächsten Moment scheuchte sie ihn zum Stall und teilte dem Stallknecht die Aufgabe des Burschen mit.
~ James & Cassandra
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