Geliebte der Nacht
noch nie erwähnt.“
„Die Geschichte zwischen ihm und mir führt ganz bis an den Anfang zurück. Wir sind beide Gen-Eins-Angehörige und haben beide einen Eid geleistet, unser Volk zu verteidigen.“
„Aber ihr seid keine Freunde.“
„Freunde?“ Lucan lachte, als er an die jahrhundertelange Feindseligkeit dachte, die zwischen ihnen beiden herrschte. „Tegan hat keine Freunde. Und wenn er welche hätte, würde er mich todsicher nicht dazu zählen.“
„Und warum lässt du ihn dann hier bleiben?“
„Er ist einer der besten Krieger, die ich je gekannt habe. Seine Verpflichtung gegenüber dem Orden sitzt tiefer als jeder Hass, den er mir gegenüber hegt. Wir teilen den Glauben, dass nichts wichtiger ist, als die Zukunft des Stammes zu schützen.“
„Nicht einmal Liebe?“
Einen Moment lang wusste er nichts zu sagen. Er war nicht vorbereitet auf ihre offene Frage und nicht willens, darüber nachzudenken. Er verfügte über keine Erfahrung mit diesem besonderen Gefühl. Aufgrund der Art, wie sein Leben im Augenblick verlief, wollte er in die Nähe von nichts kommen, was ihr auch nur ähnelte. „Liebe ist für die Männer gedacht, die ein einfaches Leben in den Dunklen Häfen wählen. Nicht für Krieger.“
„Manche der anderen in diesem Quartier würden darüber wohl mit dir streiten.“
Er begegnete ihrem Blick ruhig. „Ich bin nicht sie.“
Ihr Gesicht wurde düster, und lange Wimpern verbargen ihre Augen vor seinem Blick. „Und zu was macht mich das alles? Bin ich bloß eine Anlaufstelle, wo du dir die Zeit zwischen den Rogues-Jagden vertreibst, damit du dir länger vormachen kannst, du hättest alles unter Kontrolle?“ Als sie ihn wieder ansah, standen Tränen in ihren Augen. „Bin ich nur ein kleines Spielzeug, dem du dich kurzfristig zuwendest, wenn du das Bedürfnis nach Sex hast?“
„Ich habe von dir keine Beschwerden gehört.“
Ihr stockte der Atem, ein kleines Keuchen blieb ihr im Hals stecken, und sie starrte ihn an, offensichtlich empört, und das mit Recht. Ihre Miene wurde düster. Dann veränderte sie sich und wurde kalt wie Eis. „Fick dich selbst.“
Ihre Verachtung für ihn war verständlich, aber das machte es nicht leichter. Er würde sich solche verbalen Schläge von niemandem gefallen lassen. Noch nie hatte jemand die Frechheit besessen, ihn so herauszufordern. Er war Lucan, der Distanzierte, der eiskalte Killer, der Schwäche in keiner Form duldete – am wenigsten bei sich selbst.
Nach all der Konditionierung und Disziplin, die er in seinen Lebensjahrhunderten gemeistert hatte – hier stand er nun, verbal geohrfeigt und bloßgestellt von der einzigen Frau, die an sich heranzulassen er töricht genug gewesen war. Und sie bedeutete ihm etwas – weit mehr, als gut war. Dadurch war es ihm noch mehr zuwider, ihr wehzutun. Aber die letzte Nacht hatte ihm überdeutlich vor Augen geführt, dass es notwendig war, sie von sich zu stoßen. Es war unvermeidlich. Er würde es nur noch schlimmer machen, wenn er vorgab, dass sie je in sein Leben passen könnte.
„Ich will dich nicht verletzen, Gabrielle, aber ich weiß, dass ich das tun werde.“
„Was denkst du denn, was du gerade tust?“, flüsterte sie mit einem leichten Stocken in ihren Worten. „Weißt du, ich habe dir geglaubt. Gott, ich habe sogar jede Lüge geglaubt, die du mir erzählt hast. Selbst diesen Schwachsinn, dass du mir helfen willst, meine wahre Bestimmung zu finden. Ich dachte wirklich, ich bedeute dir etwas.“
Lucan fühlte sich hilflos, fühlte sich wie der kaltherzigste Scheißkerl überhaupt, weil er zugelassen hatte, dass die Sache mit ihr so außer Kontrolle geriet. Er ging zu einer Kommode hinüber, nahm ein frisches Hemd heraus und zog es an. Dann steuerte er auf die Tür zu, die zu dem Gang vor seinem Privatquartier führte. Er hielt inne, wollte sich nach Gabrielle umsehen. Tat es aber nicht.
Er wünschte sich so sehr, die Hand nach ihr auszustrecken. Er hätte so gern versucht, die Sache irgendwie besser zu machen, aber er wusste, dass das ein Fehler wäre. Eine Berührung, und sie läge wieder in seinen Armen.
Und dann wäre er vielleicht nicht mehr fähig, sie gehen zu lassen.
Er öffnete die Tür. Ohne sich umzuwenden, sagte er: „Du hast dein Schicksal gefunden, Gabrielle. Genau wie ich sagte. Ich habe nie behauptet, dass es mit mir sein würde.“
24
Lucans Worte – all die verblüffenden Dinge, die er zu ihr gesagt hatte – klangen Gabrielle noch im Ohr, als sie aus dem
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