Geliebte der Nacht
verwehren zu können, wenn er wirklich hineinwollte.
„Miss Maxwell?“ Seine Stimme streichelte ihre Sinne wie schwerer, dunkler Samt.
„Ja?“
„Mein Name ist Lucan Thorne.“ Die Worte rollten ihm in einem weichen, getragenen Tonfall über die Lippen, der ihr sofort einen Teil ihrer Angst nahm. Als Gabrielle schwieg, sprach er weiter. „Ich habe gehört, dass Sie vor einigen Nächten einige … Schwierigkeiten auf der Polizeiwache hatten. Ich komme vorbei, um sicherzugehen, dass es Ihnen gut geht.“
Sie nickte.
Offensichtlich nahm die Polizei sie doch wenigstens ein bisschen ernst. Da es nun schon einige Tage her war, in denen sie nichts von den Beamten gehört hatte, hatte Gabrielle nicht erwartet, noch einmal einen Polizisten bei sich zu sehen, selbst wenn man versprochen hatte, jemanden bei ihr vorbeizuschicken. Auch wenn sie sich nicht sicher sein konnte, dass dieser Kerl mit seinem elegant frisierten schwarzen Haar und seinen scharf geschnittenen Gesichtszügen wirklich Polizist war.
Er sah ganz schön finster aus, dachte sie, aber abgesehen von seinem düsteren, gefährlich guten Aussehen schien er es nicht darauf anzulegen, ihr irgendeinen Schaden zuzufügen. Trotzdem hielt Gabrielle es nach allem, was sie erlebt hatte, für klug, lieber etwas vorsichtiger zu sein.
„Haben Sie einen Ausweis?“
„Natürlich.“
Mit bedächtigen, fast sinnlichen Bewegungen öffnete er eine dünne Lederbrieftasche und hielt sie vor dem schmalen Türschlitz in die Höhe. Es war fast dunkel draußen. Vermutlich dauerte es deswegen eine Weile, bis sich Gabrielles Augen auf die glänzende Polizeimarke und den Ausweis mit Foto, auf dem sein Name stand, eingestellt hatten.
„Okay. Kommen Sie herein, Detective.“
Sie öffnete zuerst die Kette und dann die Tür und ließ ihn eintreten, seine breiten Schultern füllten die Türöffnung fast gänzlich aus. Tatsächlich schien seine Anwesenheit den gesamten Vorraum zu füllen. Er war ein großer Mann, hochgewachsen und in seinem schwarzen Mantel recht massig. Seine dunkle Kleidung und sein seidiges schwarzes Haar verschluckten das weiche Licht der Hängelampe an der Decke. Er hatte ein selbstsicheres, fast majestätisches Auftreten, sein Gesichtsausdruck war grimmig und ernst. Es schien, als würde es besser zu ihm passen, eine Legion von Rittern zu kommandieren, als nach Beacon Hill zu fahren, um einer Frau mit Wahnvorstellungen Händchen zu halten.
„Ich hätte nicht gedacht, dass jemand herkommen würde. Nach dem Empfang, der mir in jener Nacht auf der Wache bereitet wurde, dachte ich, dass man mich als Verrückte abgeschrieben hätte.“
Weder bestätigte er ihre Worte, noch stritt er sie ab. Er ging nur stumm durch ihr Wohnzimmer und ließ seinen Blick ungeniert durch den Raum schweifen. An ihrem Arbeitstisch hielt er inne. Dort waren die Entwürfe von einigen ihrer letzten Bilder arrangiert. Gabrielle lief hinter ihm durch den Raum und beobachtete beiläufig seine Reaktion auf ihre Arbeit. Eine dunkle Augenbraue wanderte in die Höhe, als er die Fotografien betrachtete.
„Sind das Ihre?“, fragte er und blickte sie mit seinen hellen Augen durchdringend an.
„Ja“, antwortete Gabrielle. „Sie gehören zu einer Sammlung, die ich Städtische Erneuerung nenne.“
„Interessant.“
Er sah sich nun wieder die stattliche Reihe von Bildern an, und Gabrielle bemerkte, wie sie über seine vorsichtige, aber gleichgültige Antwort die Stirn runzelte. „Das ist nur etwas, mit dem ich im Augenblick herumspiele – nichts, was schon bereit für eine Ausstellung wäre.“
Er grunzte, während er noch immer schweigend die Fotografien betrachtete.
Gabrielle trat näher an ihn heran, versuchte so, seine Reaktion oder eher das Fehlen einer solchen besser greifen zu können. „Ich mache eine Menge Auftragsarbeit überall in der Stadt. In diesem Monat werde ich wohl noch einige Aufnahmen für das Haus des Gouverneurs auf The Vineyard machen.“
Halt die Klappe, ermahnte sie sich selbst. Warum versuchte sie diesen Kerl zu beeindrucken?
Detective Thorne schien nicht übermäßig beeindruckt zu sein. Ohne ein Wort streckte er die Hand aus und arrangierte mit Fingern, die viel zu fein für einen Polizisten waren, zwei der Bilder auf dem Tisch neu. Merkwürdigerweise stellte sich Gabrielle vor, wie diese langen, geschickten Finger ihre nackte Haut berührten, sich in ihr Haar gruben, ihren Kopf hielten … ihn nach hinten beugten, bis er auf seinem starken Arm zu
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