Geliebte der Nacht
liegen kam und seine kühlen, grauen Augen sie in sich aufnahmen.
„Also“, sagte sie und holte sich damit in die Wirklichkeit zurück. „Ich wette, Sie möchten sich lieber die Bilder ansehen, die ich Samstagnacht bei dem Club gemacht habe, stimmt’s?“
Ohne seine Antwort abzuwarten, ging sie in die Küche und nahm ihr Mobiltelefon vom Tisch. Sie klappte es auf, rief dann ein Bild auf und hielt Detective Thorne das Gerät hin.
„Das ist das erste Bild, das ich gemacht habe. Meine Hände haben gezittert, sodass es ein bisschen verschwommen ist. Und durch das Blitzlicht werden eine Menge Einzelheiten undeutlich. Aber wenn Sie genau hinsehen, werden Sie erkennen, dass da sechs dunkle Gestalten auf dem Boden zusammengedrängt sind. Das sind sie – die Killer. Ihr Opfer ist dieser Haufen, der vor ihnen liegt und an dem sie zerren. Sie haben … ihn gebissen. Wie Tiere.“
Thorne heftete seinen Blick fest auf das Bild, und sein Gesichtsausdruck blieb unveränderlich finster. Gabrielle klickte das nächste Foto an.
„Der Blitz hat sie erschreckt. Ich weiß nicht – ich glaube, er hat sie geblendet oder so. Als ich die nächsten Bilder gemacht habe, hielt einer von ihnen inne und sah mich an. Ich kann eigentlich keine richtigen Gesichtszüge erkennen, aber das ist das Gesicht von einem von ihnen. Diese seltsamen Lichtschlitze sind seine reflektierenden Augen.“ Sie schauderte, als sie sich an das gelbe Glühen der grauenhaften, unmenschlichen Augen erinnerte. „Er hat mich direkt angesehen.“
Der Detective schwieg weiterhin. Er nahm Gabrielle das Handy aus der Hand und klickte sich durch die übrigen Bilder.
„Was meinen Sie?“, fragte sie, auf Bestätigung hoffend. „Sie können es ebenfalls sehen, oder?“
„Ich sehe … etwas, ja.“
„Gott sei Dank. Ihre Kollegen auf der Wache haben versucht, mir einzureden, dass ich verrückt wäre oder unter Drogen stünde, ein Junkie, der nicht weiß, was er redet. Nicht einmal meine Freunde haben mir geglaubt, als ich ihnen erzählt habe, was ich in dieser Nacht gesehen habe.“
„Ihre Freunde“, sagte er vorsichtig nach einem Moment der Überlegung. „Also gibt es da noch jemand anders als den Mann, mit dem Sie auf der Wache waren – Ihr Liebhaber?“
„Mein Liebhaber?“ Sie brach in Lachen aus. „Jamie ist nicht mein Liebhaber.“
Thorne sah von dem Handydisplay auf, um ihren Blick zu suchen. „Er hat die beiden vergangenen Nächte allein mit Ihnen verbracht, hier in dieser Wohnung.“
Woher wusste er das? Gabrielle spürte Entrüstung in sich aufsteigen bei dem Gedanken, von irgendjemandem, einschließlich der Polizei, ausspioniert zu werden, zumal die das vermutlich mehr aus Misstrauen als zu ihrem Schutz getan hatte. Aber als sie neben Detective Lucan Thorne in ihrem Wohnzimmer stand, verrauchte ihr Ärger allmählich und machte einem Gefühl der Ruhe, des Einverständnisses Platz. Seltsam, dachte sie, aber der Gedanke ließ sie ziemlich kalt.
„Jamie ist ein paar Nächte bei mir geblieben, weil er nach dem, was in dieser Nacht passiert ist, besorgt um mich war. Er ist ein guter Freund, das ist alles.“
Gut.
Thornes Mund hatte sich nicht bewegt, aber Gabrielle hatte das sichere Gefühl, dass sie seine Antwort gehört hatte. Seine unausgesprochenen Worte, seine Freude, als sie abstritt, einen Liebhaber zu haben, schienen tief in ihr etwas anzusprechen. Vielleicht war es nur Wunschdenken. Es war schon lange her, dass sie etwas Ähnliches wie einen Freund gehabt hatte, und allein die Anwesenheit von Lucan Thorne rief merkwürdige Reaktionen ihres Verstandes hervor. Oder eher ihres Körpers.
Als er sie anstarrte, spürte Gabrielle, wie sich ein angenehmes Gefühl der Wärme in ihrem Bauch ausbreitete. Unter seinem Blick wurde ihr ganz heiß. In ihrem Kopf formte sich plötzlich ein Bild – sie und er, wie sie sich gemeinsam nackt in der vom Mondlicht erhellten Dunkelheit ihres Schlafzimmers wanden. Explosionsartig durchströmte Hitze ihren Körper. Sie konnte seine harten Muskeln unter ihren Fingerspitzen spüren, seinen starken Körper, der sich über ihr bewegte … seinen großen Schaft, der sie ausfüllte und tief in ihr explodierte.
Oh ja, dachte sie und wand sich innerlich vor Verlegenheit. Jamie hatte recht. Sie hatte wirklich zu lange enthaltsam gelebt.
Thorne zwinkerte langsam, seine dichten schwarzen Wimpern schlossen sich wie Blenden über seinen sturmsilbernen Augen. Gabrielle fühlte, wie sich ein Teil der Anspannung in
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