Geliebte der Nacht
heißen Kerl schreie …“
„Ich habe seinen Namen nicht geschrien.“ Nein, sie hatte ihn gekeucht und gestöhnt, sowohl in ihrem Bett als auch etwas später unter der Dusche, als die verzehrenden Gedanken an Lucan Thorne sie einfach immer noch nicht loslassen wollten. „Es fühlte sich an, als ob er da gewesen wäre, Jamie. In meinem Bett – so real, dass ich ihn berühren konnte.“
Jamie seufzte. „Manche Frauen haben einfach Glück. Wenn du deinen Traumliebhaber das nächste Mal siehst, sei so lieb und schick ihn zu mir, wenn du mit ihm fertig bist.“
Gabrielle lächelte. Sie wusste, dass sich ihr Freund in Gefühlsdingen nicht zu beklagen brauchte. Seit vier Jahren war er nun schon mit David glücklich, einem Antiquitätenhändler, der im Augenblick auf Geschäftsreise und deshalb nicht in der Stadt war. „Und weißt du, was an der ganzen Sache das Merkwürdigste ist, Jamie? Als ich heute Morgen aufgestanden bin, war meine Haustür nicht abgeschlossen.“
„Und?“
„Du kennst mich – ich lasse sie nie offen.“
Jamies hellbraune, sorgsam gezupfte Augenbrauen zogen sich zusammen. „Was willst du damit sagen? Du denkst, dass dieser Typ bei dir eingebrochen ist, während du geschlafen hast?“
„Hört sich verrückt an, ich weiß. Ein Polizist kommt mitten in der Nacht in mein Haus, um mich zu verführen. Ich bin wohl dabei, den Verstand zu verlieren.“
Sie sagte das beiläufig, aber es war nicht das erste Mal, dass sie ihren Verstand infrage stellte. Bei Weitem nicht das erste Mal. Geistesabwesend spielte sie am Ärmel ihrer Bluse herum, während Jamie sie beobachtete. Er war betroffen, besorgt um sie, was ihr Unbehagen über ihren geistigen Zustand nur noch verstärkte.
„Hör mal, Süße. Du hast seit dem Wochenende unter großem Stress gestanden. Das kann in deinem Kopf seltsame Dinge bewirken. Du warst aufgeregt und verwirrt. Wahrscheinlich hast du einfach vergessen, die Tür abzuschließen.“
„Und der Traum?“
„War genau das – ein Traum. Es war einfach nur dein geplagter Verstand, der dir gesagt hat, du sollst dich ausruhen, dich entspannen.“
Gabrielle neigte automatisch ihren Kopf und nickte zustimmend. „Du hast wohl recht, das wird es sein.“
Wenn sie bloß glauben könnte, dass die Erklärung so vernünftig war, wie sie aus dem Munde ihres Freundes klang … Aber irgendetwas in ihrem Innersten wehrte sich gegen den Gedanken, dass sie ihre Tür einfach nur aus Gedankenlosigkeit nicht abgeschlossen hatte. Das würde sie doch niemals vergessen, ganz egal, wie gestresst oder verwirrt sie sein mochte.
„Hey.“ Jamie griff über den Tisch und nahm ihre Hand in seine. „Du wirst wieder in Ordnung kommen, Gab. Und du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen, okay? Ich bin für dich da und werde es immer sein.“
„Ich danke dir.“
Er ließ sie los und nahm seine Gabel in die Hand, deutete damit auf ihre Meeresfrüchte. „Also, isst du noch was von der Pasta oder kann ich sie mir unter den Nagel reißen?“
Gabrielle tauschte ihren halb leer gegessenen Teller gegen seinen leeren. „Bedien dich.“
Als Jamie sich über ihr kaltes Essen hermachte, stützte Gabrielle ihr Kinn in die Hand und nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Weinglas. Während sie trank, streiften ihre Finger träge über die schwachen Male, die sie heute Morgen nach dem Duschen an ihrem Hals bemerkt hatte. Die nicht abgeschlossene Haustür war beileibe nicht das einzig Seltsame heute Morgen, nein, das waren ganz eindeutig die beiden kleinen Striemen unterhalb ihres Ohrs, keine Frage.
Die kleinen Kerben waren nicht tief genug, um ihre Haut zu verletzen, aber sie waren da. Es waren zwei, und sie waren genau links und rechts von der Stelle, wo ihr Puls pochte. Zuerst hatte sie sich gefragt, ob sie sich im Schlaf selbst gekratzt hatte – vielleicht unter dem Einfluss ihres merkwürdigen Traumes?
Aber die Male sahen nicht wie Kratzer aus. Sie sahen aus wie etwas … anderes.
Als ob jemand, oder etwas, beinahe ein Stück aus ihrer Halsschlagader herausgebissen hätte.
Verrückt.
Das war es, und sie musste von diesen Gedanken wegkommen, bevor sie sich selbst noch mehr schadete. Sie musste sich zusammenreißen und mit den Wahnvorstellungen über mitternächtliche Besucher und Monster aus Horrorfilmen, die es nicht gab, nicht geben konnte, ein für alle Mal aufhören. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie vielleicht so enden wie ihre leibliche Mutter …
„Oh Gott, der Blitz soll mich auf der
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