Geliebte der Nacht
aus. Von einigen hast du bestimmt schon gehört: Atlantis. Das Königreich der Maya. Und zahllose ungenannte Zivilisationen, von denen nichts überliefert ist und die scheinbar über Nacht verschwanden. Manches Massensterben, das in der Geschichte Seuchen und Hungersnöten zugeschrieben wurde, war in Wirklichkeit etwas anderes.“
Großer Gott.
„Angenommen, irgendwas von dem, was du mir da erzählst, ist ernst zu nehmen, dann sprichst du über ein Jahrtausende währendes Gemetzel.“ Kälte breitete sich in ihrem Körper aus, als er keine Anstalten machte, das abzustreiten. „Ernähren sie sich … ernährst du dich – Gott, ich kann nicht glauben, dass ich dieses Gespräch mit dir führe. Ernähren Vampire sich von allen Lebewesen, vielleicht auch voneinander, oder sind wir Menschen das Hauptgericht?“
Lucans Gesichtsausdruck war ernst. „Nur menschliches Blut enthält die spezifische Kombination von Nährstoffen, die wir brauchen, um zu überleben.“
„Wie oft?“
„Wir müssen alle paar Tage Nahrung aufnehmen, mindestens einmal pro Woche. Mehr, wenn wir verletzt sind und Energie brauchen, um unsere Wunden heilen zu lassen.“
„Und ihr … tötet, wenn ihr Nahrung aufnehmt?“
„Nicht immer, eigentlich eher selten. Der größte Teil des Volkes ernährt sich von willigen menschlichen Blutwirtinnen.“
„Menschen bieten sich wirklich freiwillig an, um sich von euch quälen zu lassen?“, fragte Gabrielle ungläubig.
„Das hat nichts mit Qual zu tun, wenn wir es nicht wollen. Wenn ein Mensch entspannt ist, kann der Biss eines Vampirs sehr angenehm sein. Wenn es vorbei ist, erinnert sich die Blutwirtin an nichts, weil wir ihr keine Erinnerung an uns lassen.“
„Aber manchmal tötet ihr“, sagte sie und gab sich Mühe, sachlich und nicht anklagend zu klingen.
„Manchmal ist es nötig, ein Leben zu nehmen. Der Stamm hat einen Eid geschworen, niemals Jagd auf Unschuldige oder Schwache zu machen.“
Sie lachte. „Wie edel von euch.“
„Es ist edel, Gabrielle. Wenn wir wollten – wenn wir uns dem hingeben würden, was von den Krieg führenden Eroberern unserer Vorfahren noch in uns steckt –, könnten wir die gesamte Menschheit versklaven. Wir könnten Könige sein, und Menschen würden nur als Nahrung oder zu unserer Belustigung existieren. Genau das ist die zentrale Streitfrage eines langen, tödlichen Konflikts zwischen meiner Art und der unserer feindlichen Brüder, der Rogues. Du hast einige von ihnen gesehen, in dieser Nacht vor dem Nachtclub.“
„Du warst da?“
Noch während sie fragte, wusste sie, dass er da gewesen war. Sie erinnerte sich an das markante Gesicht und die mit einer Sonnenbrille bedeckten Augen, die sie durch die Menschenmenge beobachtet hatten. Schon damals hatte sie eine Verbindung zu ihm gespürt, in diesem kurzen Blick, der durch den Rauch und die Dunkelheit des Clubs nach ihr zu greifen schien.
„Ich war den Rogues schon seit einer Stunde gefolgt“, erklärte Lucan. „Ich habe auf eine Gelegenheit zum Zugriff gewartet, um sie auszuschalten.“
„Sie waren zu sechst“, fiel ihr ein. Jetzt hatte sie es wieder deutlich vor Augen, das halbe Dutzend grässlicher Fratzen, ihre glühenden Raubtieraugen und blitzenden Fangzähne. „Wolltest du es allein mit ihnen aufnehmen?“
Sein Achselzucken schien zu sagen, dass es nicht unüblich für ihn war, allein gegen viele anzutreten. „In dieser Nacht hatte ich Hilfe – dich und deine Handykamera. Der Blitz hat sie erschreckt, und da konnte ich zuschlagen.“
„Du hast sie getötet?“
„Alle bis auf einen. Aber den kriege ich auch noch.“
Beim Anblick seiner entschlossenen Miene hatte Gabrielle keinen Zweifel daran. „Die Polizei hat einen Streifenwagen zum Club geschickt, nachdem ich den Mord gemeldet hatte. Sie haben nichts gefunden. Nicht einen Hinweis.“
„Ich habe dafür gesorgt, dass sie nichts finden konnten.“
„Du hast dafür gesorgt, dass ich als Idiotin dastand. Die Polizei dachte, dass ich das Ganze nur erfunden hätte.“
„Das ist immer noch besser, als sie mit der Nase auf die sehr realen Schlachten zu stoßen, die seit Jahrhunderten auf den Straßen toben. Kannst du dir das Ausmaß der Panik vorstellen, wenn Berichte über Vampirangriffe überall auf der Welt in den Nachrichten auftauchen?“
„Ist das wahr? Diese Art von Morden passiert die ganze Zeit und überall?“
„In letzter Zeit häufen sich die Morde. Die Rogues sind Blutjunkies, denen nur ihr nächster ,Schuss‘
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