Geliebte der Nacht
hoch. Über seinem Kopf hing im Türeingang zur Küche ein Bündel aus kreideweißen Knollen. „Knoblauch“, sagte er gedehnt und ließ ein amüsiertes Kichern ertönen.
Gabrielle machte einen Schritt rückwärts, ihre Schuhe quietschten auf den Küchenfliesen. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich dich erwartet habe.“
Und sie hatte einige Vorbereitungen getroffen, bevor er kam. Wenn er sich umsah, würde er in jedem Raum der Wohnung die gleiche Türdekoration vorfinden, einschließlich der Eingangstür. Nicht dass es ihm etwas auszumachen schien. All ihre Schlösser hatten ihn nicht aufgehalten, und diese zusätzliche Sicherheitsmaßnahme erwies sich ebenfalls als nutzlos. Unbeeindruckt ging er unter Gabrielles hausgemachter Vampirabwehr durch, die Augen dunkel und intensiv auf sie geheftet.
Als er näher kam, wich sie zurück, bis sie an die Küchentheke stieß. Ein Mundwasser-Probefläschchen stand auf dem glänzenden Granit. Inzwischen enthielt es kein Mundwasser mehr, sondern etwas anderes. Heute Morgen auf dem Nachhauseweg hatte sie in der Marienkirche Halt gemacht, um eine längst überfällige Beichte abzulegen. Gabrielle nahm das Plastikfläschchen von der Küchentheke und hielt es vor der Brust.
„Weihwasser?“, fragte Lucan und begegnete kühl ihrem Blick. „Was hast du damit vor – willst du es auf mich spritzen?“
„Wenn es nötig ist.“
Er bewegte sich so schnell, dass sie nur ein verschwommenes Bild vor ihrem Gesicht sah. Er streckte die Hand aus, entriss ihr die kleine Flasche und schüttete sich den Inhalt in die Hände. Dann verteilte er die Flüssigkeit von seinen tropfenden Fingern auf seinem Gesicht und in seinem glänzenden schwarzen Haar.
Nichts geschah.
Er warf das nutzlose Gefäß beiseite und machte noch einen Schritt auf sie zu.
„Ich bin nicht das, was du denkst, Gabrielle.“
Er klang so vernünftig, dass sie ihm fast glaubte. „Ich habe gesehen, was du getan hast. Du hast einen Mann getötet, Lucan.“
Er schüttelte ruhig den Kopf. „Ich habe einen Menschen getötet, der nicht länger ein Mann war – streng genommen war er kaum noch menschlich. Was früher einmal menschlich in ihm war, hat der Vampir ausbluten lassen, der ihn zu einem Lakaien gemacht hat. Er war schon so gut wie tot. Ich habe es nur zu Ende gebracht. Es tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest, aber ich kann mich dafür nicht entschuldigen. Und das werde ich auch nicht. Ich würde jeden töten, der dir Schaden zufügen will, ob menschlich oder nicht.“
„Also hast du entweder eine gefährliche Beschützermacke, oder du bist schlicht und ergreifend ein Psychopath. Ganz zu schweigen davon, dass du diesem Typ die Kehle mit den Zähnen aufgeschlitzt und sein Blut getrunken hast!“
Sie wartete auf eine weitere gefasste Antwort. Auf irgendeine Erklärung, die ihr vielleicht verstehen half, dass sogar etwas so Unglaubliches wie Vampirismus in der realen Welt einen Sinn ergeben – oder überhaupt existieren konnte.
Aber Lucan gab ihr keine solche Antwort.
„Ich wollte nicht, dass die Dinge zwischen uns so laufen, Gabrielle. Gott weiß, du hast Besseres verdient.“ Leise murmelte er etwas in einer Sprache, die sie nicht verstand. „Du solltest sanft und umsichtig eingeführt werden, von jemandem, der die richtigen Worte sagt und die richtigen Dinge für dich tut. Deshalb wollte ich dir Gideon schicken –“ Er strich sich mit einer frustrierten Geste durchs Haar. „Ich bin kein Abgesandter für meine Rasse. Ich bin ein Krieger. Manchmal auch ein fähiger Scharfrichter. Mein Gewerbe ist der Tod, Gabrielle, und ich bin nicht daran gewöhnt, mich bei irgendjemandem für meine Taten zu entschuldigen.“
„Ich bitte dich nicht um Entschuldigungen.“
„Sondern – um die Wahrheit?“ Er lächelte sie bitter an. „Du hast die Wahrheit doch letzte Nacht gesehen, als ich diesen Lakaien getötet und leer getrunken habe. Das war die Wahrheit, Gabrielle. Das bin ich in Wahrheit.“
Sie spürte in ihrem Magen eine heftige Übelkeit, da er nicht einmal versuchte, das Grauen zu leugnen. „Du bist ein Monster, Lucan. Mein Gott, du bist etwas aus einem Albtraum.“
„Menschlichem Aberglauben und Brauchtum zufolge, ja. In den gleichen Geschichten heißt es, man könne meine Art mit Knoblauch oder Weihwasser bekämpfen. Das ist alles Unfug, wie du gerade mit eigenen Augen gesehen hast. Tatsächlich sind unsere Völker eng miteinander verbunden. Wir unterscheiden uns nicht sehr
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