Geliebte des Blitzes
wisperte Kat.
Diesen Gedanken verdrängte Creed. »Jetzt wird Kat uns nie mehr in Ruhe lassen.«
»Immerhin kommen wir mit ihr zurecht«, betonte Annika. »Sie hat uns nicht auseinandergebracht.«
»Aber dazu ist sie fähig. Und sie wird es tun.« In Wirklichkeit ging Kat erstaunlich sanft mit Annika um – einerseits aus Respekt vor Creeds Liebe, andererseits wusste sie, Anis Elektroschocks würden sie auf Distanz halten. »Niemals wird sie mich in Frieden leben lassen.«
»Obwohl sie dich liebt? Warum tut sie dir das an?«
»Etwas anderes kennt sie nicht. Versteh doch – alles würde sie tun, um mich zu schützen. Und wenn sie glaubt, du könntest mich verletzen …«
»Um dich an Bord dieses Fliegers zu kriegen, musste ich dir sogar wehtun, und zwar mit ihrer Unterstützung. Nicht wahr, Kat? Du hast mir geholfen. Würdest du bitte mit ihm reden?«
Creed spürte Kats eisiges Schweigen wie einen kalten Windstoß. Er rieb seine Arme und wünschte, er könnte die Augen schließen und alle weiteren Ereignisse verschlafen.
Doch er wusste, die Probleme würden ihn beim Aufwachen immer noch überfordern. »Kat hat dir geholfen, weil sie sich um mich gesorgt hat – weil ich zu trinken aufhören sollte. Was keineswegs heißt, dass sie mit dir glücklich ist – mit uns. Es soll einfach nicht sein.«
»Was meinst du?«
»Es ist vorbei, wir müssen Schluss machen.«
»Angenommen, Oz hätte dir niemals die Möglichkeit geboten, Kat abzuservieren – was wäre dann geschehen? Wären wir in derselben Situation?«
»Vielleicht. Wahrscheinlich. Verdammt, das will ich nicht. Für mich ist das alles zu viel – damit möchte ich mich nicht herumschlagen.« Creed inspizierte den kleinen Kühlschrank an der Seitenwand der Kabine und überlegte, ob sich irgendetwas darin befand, das ihn wieder betäuben würde.
Bevor er nachschauen konnte, setzte sich Annika neben ihn. »So viele Jahre lang durfte ich nicht hoffen, jemandem nahezustehen. Bitte, Creed, ich will dich nicht verlieren – ich kann dich nicht verlieren.«
»Hör mal, das verstehe ich – die Sache mit dem Sex. Und ich werde immer für dich da sein, wenn du Sex brauchst. Bis du einen anderen findest, der gegen deine Elektroschocks immun ist.«
»Zum Teufel mit dir, wenn du wirklich glaubst, du würdest mir nur deshalb so viel bedeuten.« Zitternd rang sie nach Luft. Dann fuhr sie in sanfterem Ton fort: »Du bist mir viel wichtiger als alle Orgasmen dieser Welt.«
Eine Zeit lang schwieg er und fürchtete, er müsste sich übergeben – von seinem emotionalen Stress und den Turbulenzen gequält.
»Also ist es – zu Ende?«, fragte Annika. »Habe ich gar nichts mitzureden?«
»Du hast genug gesagt, Ani. Deshalb mache ich jetzt Schluss. Es ist für uns beide am besten.«
Sie öffnete den Mund, um zu protestieren, doch dann stürmte sie in die Toilette, den einzigen privaten Raum an Bord. Creed wollte ihr folgen, aber sein Körper wurde von Schmerzen, Trauer und Schuldgefühlen erschüttert. Und er glaubte, wenn er sie tröstete, würde sein Entschluss ins Wanken geraten.
Kat streichelte seine Schultern. Klar und deutlich spürte er, wie sie mit ihm litt.
»Mir geht’s gut, Kat«, sagte er müde, obwohl er sich der Lüge ebenso bewusst war wie sie.
Verdräng deinen Kummer. Konzentrier dich. Nichts darf einem Agenten bei einer Mission im Weg stehen.
Dabei störten so viele Dinge seine Konzentration.
Doch er sagte sich, so schlimm würde es nicht sein. Bald würde alles wieder so sein wie früher.
Du und ich, Creed, flüsterte Kat.
»Ja, du und ich, Kat«, murmelte er. »Und du bist auch nicht freiwillig hier.«
Hätte Oz jenen Zauberspruch nicht ausgesprochen, Kat nicht zu Creed beordert, wäre sie niemals aus dem
Jenseits in diese Welt gekommen. Da drüben wäre sie glücklich gewesen. Dieser Gedanke machte ihn trauriger als je zuvor.
Aber irgendetwas irritierte sie. Und obwohl er sie so gut wie sich selber kannte, konnte er nicht ausmachen, was ihr Unbehagen auslöste.
In diesem Moment ging ein gewaltiger Ruck durch den Jet, der nach oben schnellte und dann absackte. Anscheinend hatte man sie umsonst abkommandiert, der Jet würde sein Ziel nicht erreichen.
Wie um Creeds Befürchtung zu bestätigen, drang die Stimme des Piloten aus dem Lautsprecher. »Wir müssen runter und den Flug nach Irland verschieben, bis der Sturm vorbei ist. Bereiten Sie sich auf eine unsanfte Landung vor.«
»Scheiße.« Annika kam aus der kleinen Toilette gerannt.
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