Geliebte des Blitzes
vier Monaten eine Nacht miteinander – seit Oz einen Geist namens Darius aus Devlins Körper verbannt hatte. Vierzehn Jahre war das Phantom allgegenwärtig gewesen und hatte beide Männer viel Kraft gekostet.
Jetzt sind wir vereint. Nur das zählt.
Trotzdem – die Kälte, die Oz den ganzen Tag gepeinigt hatte, ließ einfach nicht nach, ließ seine Hände und Füße taub werden, selbst wenn er sie zu massieren versuchte, und stach mit tausend Nadeln in seinen Körper,
mochten ihn auch noch so viele Decken einhüllen. Nur Devs Berührung half ihm.
»Dev?«, flüsterte er über seine Schulter hinweg.
In der Finsternis presste Devlin seine nackte Brust an Oz’ Rücken. »Ich bin hier«, wisperte er.
Ja, er war hier. Und immer noch war so vieles nicht zu Ende gebracht, gab es so viel zu tun.
»Du bürdest dir eine zu große Last auf«, mahnte Dev. »Jetzt bin ich wieder da. ACRO hat die Situation im Griff. Bald musst du Creed alles sagen.«
Verdammt, er hätte sich denken können, dass Dev die Wahrheit über Creed kannte. »Seit wann weißt du es schon?«, fragte Oz, und hatte plötzlich das Gefühl, als wäre er selbst zu dünnhäutig für dieses Gespräch.
»Dass Creed dein Bruder ist? Jahrelang habe ich das geahnt.«
»Unsinn, du bist in mein Gehirn eingedrungen, während wir zusammen geschlafen haben.«
»Weil es die einzige Möglichkeit war, mehr über dich zu erfahren«, erklärte Dev. Nein, er würde sich nicht in den Zorn des Freundes hineinziehen lassen. Das wusste Oz – und hasste und liebte ihn dafür.
»Dass ich dich liebe, wusstest du von Anfang an. Mehr musstest du nicht wissen.«
»Niemals erzählst du mir, wie du aufgewachsen bist, immer hütest du das wie ein dunkles Geheimnis«, murmelte Dev an Oz’ Nacken.
Oz versuchte, nicht an seine Vergangenheit zu denken. Jetzt spielte das alles keine Rolle mehr. Schrittweise hatte Dev Informationen gesammelt, Jahr um Jahr, bis Oz gleichsam ein offenes Buch gewesen war – unfähig,
sein Gehirn zu verschließen. Und er hatte es selbst auch gar nicht anders gewollt, sogar eine gewisse Erleichterung empfunden, weil jemand seine Seelenlast kannte.
»Ständig denke ich über dich nach. Ganz allein bist du, niemand ist da, um dich zu beschützen.« Devs Hand strich über Oz’ Brust. Besitzergreifend verharrte sie über dem Herzen.
Oz war auf den Straßen aufgewachsen und zu alt für eine Adoption gewesen, als die Mutter ihn verlassen hatte, auch seinen kleinen, einen Tag alten Bruder. Außerdem hatte die Mutter ihn wegen seiner machtvollen Energien grausam misshandelt. Und so hatte er es für besser gehalten, auf eigenen Füßen zu stehen.
»Seit du denken kannst, siehst du sie – deine Geister«, fuhr Dev fort. »Für dich war es ein normales Leben. Genau wie für deine Mutter.«
Oz schüttelte den Kopf. »Nicht für sie.« Auch seine Mutter war ein Medium gewesen, das von den Geistern heimgesucht wurde. Das überstieg ihre Kräfte. Um die Stimmen zu verscheuchen, nahm sie Drogen. Einen Tag nach Creeds Geburt starb sie an einer Überdosis, auf der Straße. Und so hatte sie Creed und Oz im Stich gelassen.
Während der Schwangerschaft war sie clean geblieben – eine schöne, brillante, temperamentvolle Frau. Darin glich ihr der ältere Sohn, und er konnte ihr nichts verübeln.
Die Schuld an der Misshandlung gab er den Priestern, die ihr erklärt hatten, wenn sie ihn tagelang in einen dunklen Schrank sperre, würde sie ihm die bösen Geister austreiben.
»Natürlich irrten sich die Priester«, brach Dev in seine Gedankenwelt, so wie er vor Jahren in Oz’ Leben getreten war.
Die ganze Zeit hatte Dev geglaubt, er würde Oz dringender brauchen als Oz ihn. Da täuschte er sich ganz gewaltig.
»Das weiß ich.« Oz’ Geistergefolge war nicht böse. Vielmehr glichen die Gespenster darin unartigen Jungs und lockten leidende Seelen an wie Rockstars ihre Fans. Dabei änderten sich ständig die Seelen. Manche merkten schließlich, dass sie tot waren, und wanderten zum Licht, andere wurden seiner müde, seiner Antipathie, und einige schlossen sich neuen Medien an. In Oz’ Leben gehörte das Wechselspiel zum Alltag, so als sollte er ständig auf die größte aller Veränderungen vorbereitet werden.
»Ich wollte Creed bei mir behalten, Dev, und es brachte mich fast um, ihn auszusetzen.«
Glasklar erinnerte er sich an das lächelnde Baby in seinen Armen, an seinen Zauberspruch, und er entsann sich, wie er einen hilfreichen Geist gerufen und auf die
Weitere Kostenlose Bücher