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Geliebte des Feuers

Geliebte des Feuers

Titel: Geliebte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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wäre ich ganz weg. Ich habe nicht mehr genug Herz in mir, um wieder zurückzukommen. Schon beim ersten Mal habe ich den größten Teil meines Herzens verloren, und man kann nur eine begrenzte Zeit so tun, als wäre man glücklich.«
    Ihr schnürte sich die Kehle zusammen. Sie drehte sich in seinen Armen herum und küsste ihn auf den Mund. Dean lockerte seine Umarmung nur so weit, dass sie den Kopf drehen konnte. Dann lagen sie Wange an Wange, und ihr Atem und ihre Herzschläge vermischten sich. Miri erinnerte sich an einen kleinen Jungen, an einen jungen Mann, sie dachte an eine Trauer und manche Erinnerungen, Jahre von Träumen. Ich werde das festhalten, sagte sie sich. Ich werde es niemals loslassen.
    Niemals. Aber sie fand nicht die Worte, ihm das zu sagen. Sie hatte nur ihren Körper, ihr sehr williges Herz und ihren Körper.
    Das war schon mehr als genug.
    Sie erreichten Jiuzhaigou am frühen Nachmittag des nächsten Tages, nach einer Fahrt durch grüne Wiesen, die weit oben zwischen violetten, eisbedeckten Gipfeln lagen, helle Spitzen, die so beeindruckend und Ehrfurcht einflößend wirkten, dass Miri ihre Furcht für eine Weile vergaß und sich unwillkürlich vorstellte, sie wäre eine Bergsteigerin, unternähme Bergwanderungen, eine andere Art von Abenteuer, und trotzte der Wildnis auf der Suche nach archäologischen Schätzen. Sie zweifelte nicht daran, dass irgendeine vergessene Zivilisation dort oben in dieser unberührten Wildnis lebte. Oder vielleicht war sie auch schon ausgelöscht; die Welt war schließlich immer noch groß genug für solche Rätsel. Mysterien aller Art, Gestalt und Form. Es fühlte sich sehr vertraut an.
    Neben der Straße hatten Nomaden ihr Lager aufgeschlagen. Ihre buntgestreiften Zelte erinnerten Miri an einen Zirkus. Sie tupften die Landschaft wie wogende Blumen. Rinder grasten auf Weiden, bewacht von berittenen Männern, die groß, dunkelhäutig und schlank waren - und dazu so wundervoll schmutzig, dass Miri sich nicht einmal annähernd vorstellen konnte, wie gut sie in sauberem Zustand aussahen.
    Die Straße schwenkte von den Weiden und Wiesen ab und führte in die Minshan-Bergkette hinunter, in denen Jiuzhaigou lag, verborgen wie ein Juwel aus Pinien und Tälern mit Getreidefeldern. Miri erhaschte manchmal einen Blick darauf, zwischen den Bäumen hindurch, während sie langsam die kurvige Straße hinabfuhren.
    »Das erinnert mich an Montana«, sagte Dean.
    »Warte nur«, gab Miri zurück, die versuchte ihre Aufregung zu bezähmen. »Warte nur.«
    Er musste ziemlich lange warten. Die Straße nach Jiuzhaigou war von Hotels gesäumt, der ziemlich große Parkplatz vor dem Monument war mit Bussen und Wagen vollgestopft und wurde von Bergen und wilden, von Wolken verhangenen Hügeln eingerahmt.
    »Man lässt jeden Tag nur eine bestimmte Zahl von Besuchern ein«, erklärte Miri, als sie sich in der Schlange zur Kasse anstellten. »Und rein theoretisch soll man den Park bis um halb sechs wieder verlassen haben. Camping ist natürlich streng verboten, und niemand darf über Nacht bleiben. Außerdem ist es verboten, die markierten Wege zu verlassen.«
    »Theoretisch?«
    Miri lächelte. »Einige Bewohner der Dörfer, die innerhalb des Parks liegen, bieten Übernachtungsmöglichkeiten an. Natürlich stillschweigend. Ich habe das nur herausgefunden, weil Owen einige der Ladys kennt, die hier leben. Sie waren mehr als bereit, sich ein bisschen Geld dazuzuverdienen. Wir bleiben bei ihnen und schleichen uns nachts hinaus. Dann kümmern wir uns um das, was wir zu erledigen haben. Vielleicht müssen wir uns nicht einmal wegschleichen. Sie wissen, dass ich Archäologin bin, und halten mich deshalb für fähig, allein in der Wildnis zurechtzukommen.«
    »Girlpower bringt das fertig«, sagte Dean und wich einem Klaps auf seinen Arm aus.
    Die Besucherquote für diesen Tag war noch nicht erreicht, also schritten Miri und Dean durch ein Metalltor und stellten sich in der Reihe der Menschen an, die auf die Busse warteten. Es dauerte nicht lange, bis sich die beiden auf einer holprigen Straße wiederfanden, die an Flussläufen vorbeiführte, die smaragdgrün und türkis schimmerten, wenn die Sonne gelegentlich durch die perlmuttfarbenen Wolken strahlte.
    »Hier ist es wirklich wunderschön«, sagte er. »Die Jade«, setzte er dann so leise hinzu, dass nur sie ihn hören konnte, »ist so nah, dass mir fast schon die Zähne vibrieren.«
    »Gut«, sagte sie. »Das bedeutet wohl, dass ich mit meiner Ahnung

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