Geliebte Diebin
dem Dienstmädchen sagte sie: »Lass die Seife hier und die Handtücher. Ich werde mich um die Lady kümmern.«
»Aber meine Mutter hat gesagt, ich solle sie baden und dann ankleiden.«
»Gut. Dann geh in der Zwischenzeit hinunter zu Bessie und sieh nach, ob es im Schloss Kleider gibt, die der Lady passen. Meine sind zu groß, aber die Kleider von Lady Glynda vor ihrer Schwangerschaft könnten ihr passen. Und wir brauchen ein Hemd und etwas für die Füße der Lady Bessie sollte wissen, wo Glyndas Sachen aufbewahrt werden.«
»Nein!« Der Gedanke, die Kleider von Devlynns verstorbener Frau zu tragen, war entsetzlich und schien irgendwie unanständig. »Ich ... ich kann das hier noch einmal anziehen, wenn es gewaschen ist.«
»Seid doch nicht dumm.« Miranda scheuchte das Mädchen aus dem Zimmer und bestand darauf, dass Apryll die schmutzige Hose und die Tunika auszog und in die Wanne stieg, ehe das Wasser abgekühlt war.
Apryll lachte freudlos. »Ich glaube, ich brauche Hilfe«, meinte sie und blickte auf ihre gefesselten Hände.
»Devlynn ist ein Barbar! Was hat er sich nur dabei gedacht?« Mit einer raschen Bewegung zog Miranda einen gefährlich aussehenden kleinen Dolch aus ihrer Tasche und zerschnitt die Lederriemen. Geschickt half Miranda Apryll, ihre Kleidung auszuziehen und danach in die Wanne zu steigen. Das Wasser war so heiß, dass es ihre Haut zum Glühen brachte. Es dauerte jedoch nur wenige Minuten, bis sich Aprylls Muskeln entspannten und sie sich das Haar und ihre Haut mit der nach Lavendel duftenden Seife wusch und kräftig ihre Handgelenke und ihre Hände rieb, bis das Gefühl darin zurückkehrte. Sie lehnte den Kopf gegen den Rand der Wanne, atmete tief den Duft ein und stöhnte wohlig auf.
Miranda ging zum Fenster und schaute hinaus in den Schlosshof. »Wisst Ihr«, meinte sie nachdenklich, »Devlynn macht sich etwas aus Euch.«
Aprylls Herz machte einen Freudensprung, doch dann schnaufte sie verächtlich. »Das glaube ich nicht.«
»Oh, er versucht, es zu verbergen, aber ich habe seinen Zorn gesehen, seine Leidenschaft und die Art, wie er Euch angesehen hat. Er hat noch nie eine Frau so angesehen, nicht einmal Glynda.«
»Seine Frau?«
Miranda nickte, die Lippen hatte sie zusammengepresst.
»Was ist mit ihr geschehen?«, fragte Apryll rundheraus.
Seufzend ging Miranda zum Feuer, als sei ihr plötzlich kalt geworden. » Sie war eine störrische Frau, diese Glynda. Wunderschön und lebhaft, aber auch eigensinnig. Sie und Devlynn haben oft gestritten. Er wünschte sich ein Schloss voller Kinder, aber das wollte sie nicht. Sie hatte einen Sohn, und das reichte ihr.«
»Aber ich dachte ... ich habe gehört, dass sie schwanger war.« Apryll seifte erneut ihre Arme mit der duftenden Seife ein, während Miranda sich auf die Unterlippe biss.
»Das war sie auch. Das Baby starb, als Glynda starb.«
Sie schloss eine Sekunde lang die Augen und zitterte kurz, als würde sie den Tod ihrer Schwägerin noch einmal durchleben. »Sie und Devlynn hatten sich gestritten und sie ritt davon. Aber nicht auf ihrem kleinen spanischen Pferd, sondern auf dem wildesten Hengst des ganzen Stalls. Devlynn war außer sich, er ritt hinter ihr her, er jagte sie, aber Glynda sah das als ein Wettrennen an. Sie drängte ihr Pferd, schneller und schneller zu laufen, und als es über einen umgestürzten Baum sprang, warf es Glynda ab. Sie landete auf dem Hinterkopf und brach sich das Genick. Als Devlynn sie eingeholt hatte, war sie schon tot.« Miranda rieb sich schaudernd die Arme. »Er hat sich seitdem die bittersten Vorwürfe gemacht und sich das nie verziehen.«
Selbst in dem warmen Wasser rann Apryll eine Gänsehaut über den Körper.
»Es ist erst wenige Tage her, seit er das Trauerband von seinem Arm genommen hat. Solch eine Verschwendung«, sagte Miranda und warf Apryll einen Blick zu, als hätte sie ein großes Geheimnis verraten. »In einer unglücklichen Ehe gefangen zu sein ... Oh, ich weiß, die Ehe ist ein Sakrament, eines, das man aufrechterhalten muss. Ich weiß auch, dass die Liebe in einer Ehe keinen Platz hat, aber es scheint mir dumm, für ewig an den falschen Mann gebunden zu sein.«
»Ihr glaubt also, dass Glynda Devlynn nicht geliebt hat?«
»Natürlich nicht«, antwortete Miranda. »Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst zu lieben.«
»Und wie steht es mit Euch?«, fragte Apryll plötzlich. »Wo ist Bronwyns Vater?«
Miranda zögerte, sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen,
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