Geliebte Diebin
Geräusche des alltäglichen Lebens in Black Thorn nicht, nicht, solange es Menschen innerhalb der Festung gab, die sich gegen ihn verschworen hatten.
Aber wer war es? Welche der Männer, die ihm mit ihrem Leben die Treue geschworen hatten, hatten ihn betrogen? Und wer würde ihn noch einmal betrügen? Und warum?
Als er die Treppe zur großen Halle hinaufging, fühlte er erneut Sorgen um Yale. Würde jemand im Schloss es riskieren, den Jungen unter seinen Augen umzubringen? An der Tür befahl er dem Wachmann: »Such meinen Sohn und bring ihn zu mir.«
»Wir haben ihn gerade erst auf dem Turnierplatz gesehen«, protestierte Collin.
Devlynn ignorierte ihn. »Holt ihn«, wiederholte er. »Bis die Verräter entlarvt sind, wird Yale an meiner Seite bleiben.«
»Du kannst das Schloss nicht führen, wenn du den ganzen Tag über das Kindermädchen spielst...«
Devlynns Temperament ging mit ihm durch. Er packte seinen Bruder an der Tunika und drängte ihn gegen die Wand. »Wer ist hier der Lord?«
»Du natürlich«, antwortete Collin, obwohl er die Hände zu Fäusten ballte.
»Dann werde ich das Schloss so führen, wie ich es für richtig halte!« Er fixierte seinen Bruder und fragte sich, ob er Collin trauen konnte. Sie hatten sich schon einmal zuvor gestritten. Wegen einer Frau. Devlynn hatte gewonnen. Er hatte Glynda von Prys geheiratet. Und vom Tag an, an dem die Hochzeit angekündigt worden war, hatte er keinen einzigen Tag mehr Frieden gefunden. Langsam gab er Collin wieder frei.
»Vielleicht sollten wir darum kämpfen«, meinte sein jüngerer Bruder und funkelte ihn wütend an.
»Vielleicht.«
Aber Collins Zorn schien wie weggezaubert zu sein, als er über seine Schulter hinweg zur Treppe sah. »Jesus Christus«, flüsterte er.
Devlynn warf einen Blick über seine Schulter, worauf sein Herzschlag stolperte. Mit hoch erhobenem Kopf, in einem goldenen Kleid, das die Farbe ihrer Augen widerspiegelte, kam Apryll von Serennog die Treppe hinunter, seine eingeschworene Feindin, und sie sah aus wie eine Königin. Er wurde an die erste Nacht erinnert, in der er sie gesehen hatte, und das Herz tat ihm weh. Himmel, sie war wunderschön. Viel zu schön. Ihr Haar fiel ihr in sanften Wellen um die Schultern und ihre Brüste füllten den tiefen Ausschnitt des Kleides perfekt aus.
Sein Mund wurde trocken.
Gott im Himmel, was sollte er nur mit ihr tun?
Sollte er sie wegen ihres Betruges am Galgen baumeln lassen?
Oder sollte er lieber mit ihr schlafen?
23
Sie kam sich wie eine Diebin vor, in diesem Kleid von Devlynns toter Frau. Das Mieder spannte eng um ihren Busen und der Saum wehte über den Boden, aber am schlimmsten war der Gedanke, dass Glynda von Black Thorn dieses Kleid getragen hatte. Mit roten Wangen kam Apryll verlegen die Treppe hinunter. Devlynn hatte seine Fäuste noch in der Tunika seines Bruders vergraben.
Er blickte über seine Schulter, und etwas blitzte in seinen Augen auf, etwas, das sie lieber nicht näher erforschen wollte, etwas Gefährliches, an das sie nicht denken wollte. Langsam gab er seinen Bruder frei.
»Rauft ihr beiden euch schon wieder?«, spuckte Miranda zornig. Sie kam direkt hinter Apryll die Treppe hinunter, überholte sie, durchquerte die große Halle und schob sich zwischen ihre Brüder. »Das reicht! Ihr beide seid genauso schlimm wie brünstige Wildschweine im Wald. Wir haben keine Zeit für diesen ... diesen Unsinn!« Sie musterte ihre beiden Brüder kühl aus ihren großen grünen Augen. »Es ist an der Zeit, dass wir eine Suchmannschaft ausschicken. Was ist, wenn die anderen umgebracht worden sind oder im Kampf verwundet wurden? Sie könnten sogar schon in diesem Moment in den Verliesen von Serennog schmachten!«
Devlynn war taub für Mirandas Bitten, seine Augen durchbohrten Apryll. »Was tut sie hier unten?«, wollte er mit grimmig verzogenem Gesicht wissen. »Sie soll in meinem Zimmer eingeschlossen werden.«
»In deinem Zimmer?«, echote Collin und sein Mundwinkel zo g sich hoch. »Wie praktisch.«
»Ach, hör doch auf.« Miranda wirkte, als hätte sie am liebsten ihre beiden Brüder mit den Köpfen zusammengeschlagen. »Ich dachte, es wäre gut, wenn sie zum Essen mit nach unten kommt. Möglicherweise kann sie uns verraten, wo der Rest unserer Truppen ist. Sie kennt eventuell Paytons Pläne.«
»Darüber haben wir schon gesprochen«, erklärte Devlynn, und seine Lippen waren so fest zusammengepresst, dass die Haut um seinen Mund ganz weiß war. »Warum trägt sie
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