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Geliebte Fälscherin (German Edition)

Geliebte Fälscherin (German Edition)

Titel: Geliebte Fälscherin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamera Alexander
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Natchez und schaute zu, wie die Lichter am Ufer schwächer wurden und von der Dunkelheit der Nacht verschlungen wurden. Das Schiff schaukelte, während seine riesigen Schaufelräder die trüben Gewässer des Deltas aufwühlten. Die Dampfmotoren dröhnten und ließen das hölzerne Deck unter ihr vibrieren, während sich das Schiff stampfend seinen Weg auf dem Mississippi in Richtung Norden bahnte.
    Sie umklammerte die Schiffsreling und war vor Erschöpfung und Angst ganz taub. Heiße, stumme Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie warf verstohlene Blicke auf die anderen Passagiere, während ihre Gedanken immer noch um die Männer kreisten, die an diesem Nachmittag die Galerie ausgeraubt hatten.
    Aber niemand schaute in ihre Richtung.
    Alle Kunstwerke waren fort. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Geld damit unwiederbringlich weg war. Wie würden ihr Vater und Onkel Antoine sich von einem solchen Verlust erholen?
    Ihre Mutter hatte versucht, ihren Vater zu überreden, die teuersten Stücke zu versichern, aber Papa hatte gesagt, dass das nur Nachfragen auslösen würde. Das könnte bei den falschen Leuten einen Verdacht wecken, der zu ihrem Ruin führen könnte.
    Anscheinend waren sie jetzt trotzdem ruiniert.
    Der Mond stand voll und hell am Himmel und warf sein Licht über das Wasser, das sich im Kielwasser kräuselte. Die Luft war so salzig, dass ihre Kehle brannte.
    Sie hatte bleiben und sich um ihren Vater kümmern wollen. Aber als sie mit Onkel Antoine auf dem Landungssteg gewartet hatte – sie hob die Hand an ihre Wange, die längst nicht mehr brannte, aber der Schmerz ging trotzdem sehr tief –, war ihr bewusst geworden, dass dieser Wunsch mehr einem Pflichtgefühl als Zuneigung entsprungen war. Diese Erkenntnis war sehr ernüchternd gewesen. Trotzdem betete sie, dass es ihm bald wieder gut ging.
    Der Arzt war nur wenige Momente vor ihrer Kutsche eingetroffen. „Ihr Vater hat sehr viel Blut verloren, Miss Laurent. Aber er wird wieder gesund. Das versichere ich Ihnen.“
    „Sind Sie sicher?“, hatte sie gefragt.
    Der Arzt nickte. Es war nicht derselbe Arzt, den sie schon in der Stadt gesehen hatte. Er war jünger und wortkarg. „Ich habe daran keinen Zweifel. Sie können unbesorgt verreisen, Madam.“
    Claire runzelte die Stirn, während sie zuhörte, wie die Wellen gegen den Schiffsrumpf schlugen. Woher hatte der Arzt gewusst, dass sie verreisen wollte? Vermutlich hatte er ihr Gespräch mit Onkel Antoine gehört. Ihr Wortwechsel hatte viel verraten.
    Tennessee.
    Dort würden sie ihren Neuanfang versuchen, hatte er gesagt. Ausgerechnet in Nashville. Claire hatte vor zwei Jahren etwas von dieser Stadt gesehen, als sie auf dem Weg nach New Orleans durch Nashville gekommen waren. Es war ihr kaum wie das „Athen des Südens“ vorgekommen, wie Onkel Antoine diese Stadt genannt hatte. Sie erinnerte sich jedoch sehr deutlich daran, wie deprimiert die Menschen in Nashville gewirkt hatten. Entmutigt und niedergeschlagen. Selbst das Land hatte ausgesehen, als trage es Trauer, falls das überhaupt möglich war.
    Der Regen vom Nachmittag kehrte zurück und sie suchte auf dem Zwischendeck Schutz. Der Raum war lang und schwach beleuchtet. Bankreihen säumten die schmalen Durchgänge und ließen alles noch kleiner aussehen, als es ohnehin schon war. Nur wenige Passagiere waren zu sehen, davon waren die meisten Männer.
    Claire suchte sich eine Bank am Ende des Raums und setzte sich neben die einzige Familie – einen Vater und eine Mutter mit vier kleinen Kindern. Sie faltete den Mantel, den sie mitgebracht hatte, zusammen und benutzte ihn als Kissen. Dann schloss sie die Augen. Sie fühlte das Schaukeln des Schiffes und stellte sich vor, sie säße auf einer Schaukel. Ihr Vater hatte ihr, als sie ein kleines Mädchen war, eine Schaukel versprochen.
    Aber er hatte sein Versprechen nie eingelöst.
    * * *
    Eineinhalb Tage später fuhr die Natchez dampfend in den Hafen von Mobile, Alabama, ein. Müde und hungrig, da ihr Essensvorrat aufgebraucht war, verließ Claire das Schiff und begab sich zum Bahnhof. Nachdem sie am Bahnhof ihre Fahrkarte gelöst hatte, lief sie eilig über die Straße zu einem Lebensmittelgeschäft.
    Der Zug hatte noch kein einziges Mal gepfiffen. Sie hatte also noch Zeit.
    Sie wählte ein paar Kräcker, die in braunes Papier eingewickelt waren, und etwas zu trinken sowie einen Kanten Käse von der Theke. Dann überlegte sie es sich noch einmal, drehte sich um und zählte unauffällig das Geld in ihrer

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