Geliebte Fälscherin (German Edition)
gehört, obwohl er täglich darauf wartete. Vor ein paar Tagen war er zum Land seiner Familie hinausgeritten, um dort Trost zu suchen, vermutete er. Oder vielleicht Zuspruch. Aber stattdessen hatte dieser Besuch nur schmerzhafte Erinnerungen aufgewühlt, die er lieber vergessen wollte.
Was den Bericht aus New Orleans anging, auf den er wartete, hatte sein Kollege ein Telegramm geschickt: „Bezugnehmend auf Ihre Anfrage: Suche weitere Informationen. Werde sie binnen zwei Wochen abschicken.“ Er war nicht erpicht darauf, noch zwei Wochen zu warten, aber er war diesem Mann für seine diskrete Wortwahl dankbar. Und obwohl Adelicias Interesse am Inhalt seines Berichts geschwunden war, war sein eigenes Interesse weiterhin sehr groß.
Natürlich erwartete er nicht, dass Claire eine entflohene Verbrecherin war, die wegen Mordes oder irgendeines anderen verwegenen Vergehens gesucht würde. Er wollte einfach mehr über ihren Hintergrund wissen und genügend Informationen bekommen, um den Anwalt in sich zufriedenzustellen, der dafür verantwortlich war, Adelicias Interessen zu schützen.
Und um seine eigenen Fragen zu beantworten.
Die Kutsche rollte über die holprige Straße, und er erinnerte sich daran, wie sie an jenem Abend geweint und er sie in den Armen gehalten hatte. Er verzog das Gesicht, als er daran dachte, dass er sich fast zum Narren gemacht hätte, weil er kurz davor gestanden hatte, ihr zu gestehen, was er für sie empfand und warum es ihm so schwergefallen war, ihr von seiner Beziehung zu Cara Netta zu erzählen.
Dann hatte sie genau das gesagt, was er für den Rest seines Lebens nicht von ihr hatte hören wollen. „Du und ich sind Freunde. Gute Freunde …“
Er biss die Zähne zusammen. Aber genau das waren sie. In Claires Augen. Und er wusste, dass er anfangen müsste, sie auch als gute Freundin zu sehen.
Cara Netta LeVert erwartete einen Heiratsantrag von ihm, und er sollte dankbar sein, dass er sie in seinem Leben hatte. Sie war freundlich und nett und besaß eine Zartheit, die den angeborenen Beschützerinstinkt jedes Mannes ansprach. Cara Netta konnte eigensinnig und dickköpfig sein, wenn ihre Wünsche durchkreuzt wurden. Aber wer war das nicht gelegentlich? Sie besaß eine unerschütterliche Loyalität gegenüber ihrer Familie, sie hatte ihren Vater verehrt und an jedem seiner Worte gehangen. Sutton wusste, dass sie ihn vermisste. Mit Cara Netta konnte man sich leicht unterhalten, das war schon immer so gewesen, und egal über welches Thema sie sprachen, sie lenkte es immer wieder auf ihn zurück. Woran er in der Anwaltskanzlei arbeitete. Was er in dieser Woche für Mrs Acklen gemacht hatte.
Aber nie erwähnte sie das Vollblutgestüt. Kein einziges Mal.
In den letzten Tagen hatte er bei zwei Gelegenheiten versucht, mit ihr über die Zukunft ihrer Beziehung zu sprechen. Beim ersten Mal war sie dem Thema deutlich ausgewichen. Beim nächsten Mal waren sie von Diddie gestört worden, obwohl er sich immer noch fragte, ob das ein Zufall gewesen war oder eine geplante Unterbrechung.
Die Kutsche fuhr am Gewächshaus und Wasserturm vorbei und das Herrenhaus tauchte vor ihrem Blick auf.
Das Anwesen badete im Licht der Oktobersonne und stach vom wolkenlosen, blauen Himmel ab. Es ähnelte mehr einem Ölgemälde als einem tatsächlichen Bild. Ihm schoss durch den Kopf, wie leicht man über einen „tadellosen Charakter und die Eigenschaften, die am meisten zählen“, sprechen konnte, wenn die eigene finanzielle Situation gesichert war.
Adelicia bewegte sich auf dem Kutschsitz ihm gegenüber und schaute ihn prüfend an. „Vielleicht geht es mich ja nichts an, Mr Monroe, aber nach dem Wenigen, was ich gehört habe, könnte sich der Fall, an dem Sie und Mr Holbrook arbeiten, als ziemlich lukrativ erweisen, falls Sie ihn gewinnen. Das würde Ihre finanzielle Situation deutlich verändern und damit Ihre Möglichkeiten, in persönlicheren Dingen die nächsten Schritte zu wagen.“ In Adelicias Tonfall lagen Ermutigung und ein Anflug von Neugier.
Sutton beugte sich vor. Er vertraute ihr, war aber mit dem, was er sagte, vorsichtig. „Das könnte sein. Falls wir gewinnen. Aber das kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand vorhersagen.“ Privatdetektive untersuchten den Verkauf und Kauf von hunderten Kunstwerken im ganzen Land. Es war eine mühsame Arbeit. Sie hatten gefälschte Gemälde ausfindig gemacht. Das war nicht das Problem. Das Problem war, die Fälscher zu finden und, noch wichtiger für die
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